Was ist Zweitaktöl?
Warum wird älteren Diesel Zweitaktöl zugegeben? 
Darf man Zweitaktöl bei modernen Dieselmotoren verwenden?
Fazit


Früher war es ein beliebter Trick unter Taxifahrern, doch auch heute schwören viele Fahrer von älteren Dieseln darauf: die Zumischung von Zweitaktöl in den Kraftstoff. Sie versprechen sich davon nicht nur einen ruhigeren Motorlauf und eine bessere Verbrennung, sondern vor allem eine bessere Schmierung der Einspritzanlage. Besonders bei Einspritzsystemen, die durch den Kraftstoff und nicht durch das Motoröl geschmiert werden, soll die Zugabe von Zweitaktöl für einen geringeren Verschleiß an der Dieselpumpe und an den Injektoren sorgen. Bis in die 1970er-Jahre gab es für Ottomotoren ein ähnliches Phänomen: Hier kippten Autofahrer häufig sogenanntes "Obenöl" in den Tank, das Vergaserteile, Ventile und Kolben vor Verschleiß schützen sollte. Während das Obenöl aber meist nur für Verkokungen, nicht aber für irgendeinen Verschleißschutz sorgte und inzwischen praktisch vom Markt verschwunden ist, halten viele Dieselfahrer am Zweitaktöl fest. Doch hilft es dem Diesel wirklich? Und kann man Zweitaktöl auch in modernen Dieseln verwenden?

Was ist Zweitaktöl?

Tatort 1000. Folge Taxi nach Leipzig
Taxifahrertrick: Mit der Beimischung von Zweitaktöl sollten Dieselpumpe und Einspritzdüsen vor Verschleiß geschützt werden.
Bild: © NDR/Meyerbroeker
Bevor wir dier die Vor- und Nachteile der Zumischung vom Zweitaktöl in den Diesel behandeln, sollte man zuerst wissen, was Zweitaktöl überhaupt ist. Zweitaktöl ist, wie es der Name bereits verrät, ein Motorenöl, das für Zweitakt-Motoren vorgesehen ist. Anders als bei einem Viertakt-Motor, der einen eigenen Ölkreislauf für die Schmierung aller Bauteile hat, wird ein Zweitaktmotor durch den Kraftstoff geschmiert. In den meisten Fällen ist der Kraftstoff eine Mischung aus (Zweitakt-)Öl und Benzin. Das Öl wird dann mitverbrannt, wodurch diese typische, blaue Wolke entsteht, die man zum Beispiel von Motorrollern oder von einigen Oldtimern wie dem Trabant P601 kennt.

Aber Zweitaktöl ist nicht gleich Zweitaktöl. Es gibt nämlich verschiedene Verfahren, wie Zweitaktöle hergestellt werden können. Wird es aus Grundölen hergestellt, die durch Erdöldestillation gewonnen werden, spricht man von einem "mineralischen" Zweitaktöl. Kommen bei der Herstellung synthetische Grundöle zum Einsatz, spricht man von einem "vollsynthetischen" Zweitaktöl. "Teilsynthetische" Zweitaktöle sind eine Mischung aus beidem. In den meisten Fällen sind Zweitaktöle mit Motorölen vergleichbar – allerdings enthalten sie andere Additive, die zum Beispiel die Selbstvermischung des Öls mit dem Kraftstoff fördern.
 

Warum wird älteren Dieseln Zweitaktöl zugegeben?

Höhere Schmierfähigkeit: Der Hauptgrund, warum Fahrer alter Diesel zum Zweitaktöl greifen, ist die Hoffnung, die Schmierfähigkeit des Dieselkraftstoffs zu erhöhen und so den Verschleiß an der Dieselpumpe oder den Injektoren einzudämmen. Denn diese werden häufig nicht durch das Motorenöl geschmiert, sondern durch den Dieselkraftstoff. Zweitaktöl kommt hauptsächlich zum Einsatz, da sich seit vielen Jahrzehnten das Gerücht hartnäckig hält, moderner Diesel verfüge über schlechte Schmiereigenschaften. Die Ursache liegt in der Entwicklung des Kraftstoffs, wie wir ihn heute an den Tankstellen bekommen: Noch vor gut 40 Jahren hatte der Dieselkraftstoff einen relativ hohen Schwefelanteil, der nach der Verbrennung als Schwefeldioxid aus dem Auspuff kam. Schwefeldioxid ist aber ein hochgiftiges Gas, das unter anderem für sauren Regen sorgt. Heutzutage wird dem Dieselkraftstoff deswegen bei der Herstellung der Schwefel entzogen. Dieser Prozess nennt sich "Hydrodesulfierung". Dabei büßt der Dieselkraftstoff tatsächlich einiges an Schmierfähigkeit ein. Daher stammt das Gerücht der schlechteren Schmiereigenschaft moderner Dieselkraftstoffe.

Bessere Verbrennung, leiserer Motorlauf

VW Passat Variant 32b Turbo diesel
Ältere Diesel können vom Zweitaktöl im Diesel profitieren, allerdings ist immer mit einem Leistungsverlust zu rechnen.
Bild: Auto Bild
Allerdings ist die Beschaffenheit des Dieselkraftstoffs – darunter auch seine Schmierfähigkeit – zumindest in Europa genormt. Die DIN-Norm EN 590 beschreibt alle Grundvoraussetzungen, die der Dieselkraftstoff in Europa zu erfüllen hat, um zugelassen zu werden. Um das geforderte Mindestmaß der Schmierfähigkeit zu erfüllen, werden dem Dieselkraftstoff nach der Hydrodesulfierung Additive hinzugegeben, die die Schmierfähigkeit wieder erhöhen. In den meisten Fällen übertrifft der Dieselkraftstoff, den man an der Tankstelle kaufen kann, sogar die vorgegebenen Mindestgrenzen der Schmierfähigkeit. Trotzdem hat Zweitaktöl den Effekt, dass es die Schmierfähigkeit von Diesel etwas erhöht, denn die Schmierfähigkeit des Zweitaktöls selbst ist deutlich höher als die des Dieselkraftstoffs. Viele Leute erklären sich dadurch auch den ruhigeren Motorlauf, der auftritt, wenn man etwas Zweitaktöl in den Tank kippt – doch da sind Experten unterschiedlicher Meinung. 

Bessere Verbrennung: Viele Dieselfahrer kippen auch etwas Zweitaktöl in den Tank, weil sie auf eine effektivere Verbrennung des Kraftstoffs, mehr Leistung und einen niedrigeren Verbrauch hoffen. Dafür ist die Zündwilligkeit des Diesels wichtig, die im sogenannten "Cetanwert" angegeben wird. Je höher der Cetanwert, desto besser entzündet sich das Diesel-Luft-Gemisch im Brennraum. Zweitaktöl senkt den Cetanwert allerdings. Je nach Mischverhältnis kann es so sogar zu einem spürbaren Leistungsverlust kommen.

Leiserer Motorlauf: Einige Experten vermuten hier einen möglichen Grund für den leiseren Motorlauf. Sinkt der Cetanwert, entzündet der Diesel auch langsamer. So kann es dann zu einer sanfteren Entflammung des Kraftstoff-Luft-Gemisches kommen, und das Nageln des Dieselmotors kann so leiser werden. Andere Meinungen lauten aber, dass es durch das Zugeben von Zweitaktöl zu einem Zündverzug kommt – der Diesel wird also später entflammt, als er es eigentlich sollte. Das würde zwar zu einem spürbaren Leistungsverlust, aber auch zu einem lauteren Nageln des Diesels führen. Hierfür müsste aber wesentlich mehr Zweitaktöl eingefüllt werden als das Verhältnis 1:200, das die meisten Dieselfahrer ungefähr nutzen. Einen niedrigeren Verbrauch wird man durch die Zugabe von Zweitaktöl nicht erzielen.

Darf man Zweitaktöl bei modernen Dieselmotoren verwenden?

Diesel Reparatur
Verunreinigungen im Kraftstoff können zu Schäden an der Dieselpumpe führen. Späne der Dieselpumpe können durch das ganze Einspritzsystem und auch in den Tank gelangen, weshalb nach einem Schaden alles ersetzt werden muss.
Bild: Ralf Timm / Auto Bild
Die Common-Rail-Einspritzanlagen moderner Dieselmotoren sind sehr filigran gearbeitet und deshalb auch sehr empfindlich. Selbst winzig kleine Schmutzpartikel können zu Schäden führen, die den kompletten Austausch der Einspritzanlage nötig machen. Reparaturkosten von mehreren Tausend Euro sind dann eher die Regel als die Ausnahme. So kann das Einfüllen von Zweitaktölen dazu führen, dass Dreck in den Tank fällt, der dann teure Schäden nach sich zieht. Aber auch das Zweitaktöl selbst kann schon als kleine Menge im Kraftstoff die Dieselpumpe und die Injektoren beschädigen. Es sorgt zwar eigentlich für eine höhere Schmierfähigkeit des Kraftstoffs, erhöht aber auch gleichzeitig die Viskosität, macht den Diesel also zähflüssiger. Das kann zum Problem werden: Reißt der Schmierfilm nur für einige Millisekunden ab, kann das mit bis zu 2000 bar Druck arbeitende Common-Rail-System bereits großen Schaden nehmen und muss dann getauscht werden.

Im Zweitaktöl sind Metalle wie Zink enthalten

Diesel Reparatur
Durch angelagerte Verbrennungsrückstände des Zweitaktöls können Common-Rail-Injektoren nicht mehr richtig arbeiten und müssen ersetzt werden.
Bild: Ralf Timm / Auto Bild
Besonders gefährlich für moderne Diesel sind aber die Rückstände, die bei der Verbrennung von Zweitaktölen entstehen. Weil es sich bei Zweitaktöl um eine Art Motoröl handelt, bleiben bei der Verbrennung andere Rückstände zurück als beim Dieselkraftstoff. So sind im Zweitaktöl Metalle wie Zink enthalten, deren Verbrennungsrückstände sich am Injektor anlagern können. Meist gehen die Rückstände durch die hohen Temperaturen im Brennraum eine starke Verbindung mit den Injektoren ein und lassen sich nicht mehr so leicht lösen. Je mehr Rückstände sich anlagern, desto schlechter arbeiten die Injektoren und müssen irgendwann ersetzt werden. Bei älteren Dieselmotoren ohne Common-Rail-Einspritzung passiert das deutlich seltener. Das kann zum einen an der anderen Bauform oder aber an den geringeren Einspritzdrücken liegen, mit denen die Injektoren arbeiten.

Verbrennungsrückstände, die den Partikelfilter angreifen

Partikelfilter reinigen
Die Asche, die bei Verbrennung von Zweitaktöl entsteht, kann den Dieselfilter frühzeitig zusetzen. Verbrennungsrückstände können auch aggressiv wirken und das innere Gewebe angreifen.
Bild: Werk
Aber nicht nur für Fahrzeuge mit Common-Rail-Einspritzung, sondern auch für Fahrzeuge mit Dieselpartikelfiltern ist das Zumischen von Zweitaktöl in den Kraftstoff nicht gut. Obwohl es Zweitaktöle gibt, die die Edelmetalle im Katalysator nicht angreifen, heißt das nicht automatisch, dass sie dem Dieselpartikelfilter nicht schaden werden. Auch hier sind es wieder die Verbrennungsrückstände, die den Partikelfilter angreifen und unbrauchbar machen können. Noch schädlicher ist allerdings die Asche, die bei der Verbrennung von Zweitaktöl noch zusätzlich zu den Rußpartikeln von der Dieselverbrennung entsteht und den Partikelfilter mit der Zeit zusetzt. Dann hilft nur noch der Austausch oder die Reinigung des Partikelfilters – ebenfalls ein teurer Spaß.

Fazit zum Einsatz von Zweitaktölen

Das Beimischen von Zweitaktölen in den Dieselkraftstoff ist ein heikles Thema, das nicht wirklich erforscht ist. Selbst Diesel-Techniker und Kraftstoffexperten sind hier nicht immer einer Meinung. Trotzdem kann man zu dem Schluss kommen, dass ältere Diesel zumindest von der erhöhten Schmierfähigkeit profitieren können, während es für moderne Diesel nur Nachteile mit sich bringt. Der Mythos, dass Zweitaktöl selbst gepanschten und verunreinigten Diesel besser nutzbar macht, ist hingegen nicht richtig. Während das Öl vielleicht die Schmierfähigkeit etwas erhöht, sorgt es nicht für eine bessere Zündwilligkeit. Für Fahrer moderner Diesel gibt es zwei Dinge, die sie tun können, um ihrer Einspritzanlage ein langes Leben zu bieten: Regelmäßig den Kraftstofffilter entwässern oder gegebenenfalls austauschen.

Von

Lars Golly