Mehr Leistung, wenig Hubraum, hoher Ladedruck – mit dem sogenannten Downsizing von Motoren wollen die Autobauer immer strengere Emissionsvorgaben der EU und die steigende Nachfrage nach leistungsstarken Motoren unter einen Hut bekommen. Die besten Beispiele dafür sind Autos wie der Ford Fiesta ST, der aus einem 1,5-Liter-Benziner mit drei Zylindern sage und schreibe 200 PS holt. Aber auch alle anderen Turbobenziner, die auf Kürzel wie TSI, TFSI, EcoBoost oder TCE hören, gehören zu den "Downsizing-Motoren". Sie sind Teil der Strategie, Flottenverbräuche und -emissionen auf niedrigem Niveau zu halten, während trotzdem nicht an Leistung gespart wird. Das kann allerdings verheerende Folgen haben, denn in diesen Motoren herrschen massive Belastungen auf engstem Raum. Kaum verwunderlich also, dass sich in den Werkstätten zunehmend Autos mit Motorschäden tummeln, verursacht durch ein Phänomen, das nur bei hochgezüchteten Benzinern mit Direkteinspritzung auftritt: LSPI. Das Kürzel steht für "Low Speed Pre-Ignition" und kann etwa mit vorzeitiger Zündung im niedrigen Drehzahlbereich übersetzt werden. Die Folgen dieser "Vorzündung" können im schlimmsten Fall einen kapitalen Motorschaden bedeuten.

LSPI: Wie entsteht die vorzeitige Zündung?

VW Golf VII
VW Golf VII 1.0 TSI: knapp ein Liter Hubraum, aber 115 PS. Das kann früher oder später schiefgehen.
Bild: AUTO BILD
Das Phänomen LSPI betrifft vor allem stark verdichtete Benziner mit Direkteinspritzung. Und zwar insbesondere, wenn sie noch kalt sind, bei niedriger Drehzahl laufen und eine hohe Last bewältigen müssen (z.B. eine Steigung). Die Ursache dafür liegt unter anderem in der Bauart der Motoren: Die Einspritzdüsen ragen direkt in den Brennraum. Das Benzin hat dadurch nur wenig Zeit zu vergasen und sich mit der zur Verbrennung notwendigen Luft, die über das Einlassventil in den Brennraum gelangt, zu vermischen (zum Vergleich: Beim Saugmotor verdampft der Kraftstoff bereits auf dem Weg in den Brennraum und wird mit Luft angereichert).
Diese "Überfettung" ist in der Kaltlaufphase teilweise sogar gewünscht, um die Kondensationsverluste zu kompensieren. Sie entstehen, wenn das Benzin-Luft-Gemisch in den noch kalten Brennräumen an den Zylinderwänden kondensiert. Das kann aber auch zur Folge haben, dass einzelne Kraftstofftröpfchen nicht verbrannt werden und sich ablagern – oft direkt an der Einspritzdüse. Die Gefahr besteht vor allem, wenn der Motor noch nicht auf Betriebstemperatur ist und die Brennkammern noch kalt sind. Gerade bei Kurzstreckenfahrzeugen kann das sogar soweit führen, dass sich durch die Kraftstoffrückstände regelrecht Verkrustungen bilden und das Benzin nicht mehr optimal eingespritzt werden kann, wodurch der Motor schließlich zu mager läuft.
Aber es geht noch weiter: Die abgelagerten Partikel können sich lösen und durch die Hitze bei der Verbrennung zu Glühen beginnen. Dadurch kann sich der Kraftstoff auch ohne den Zündfunken der Zündkerze und noch weit vor dem eigentlichen Zündzeitpunkt entzünden. Auch Rußpartikel (z.B. durch zu fette Verbrennung) lagern sich ab, beginnen zu glühen und drohen, die vorzeitige Zündung auszulösen.
Eine weitere Ursache, die LSPI begünstigt, ist das Motoröl. In vielen hochverdichteten Benzinern wird Öl mit einer sehr niedrigen Viskosität (z.B. 0W 16, 0W 20) eingesetzt. Es ist besonders dünnflüssig, um die Reibung im Motor gering zu halten (Kraftstoff sparen). Dadurch kann es sich jedoch großflächig im Zylinder absetzen und den perfekten "Andock-Punkt" für nicht verbrannte Kraftstoff-Rückstände bieten. Nachteil: Das Öl-Kraftstoff-Gemisch zündet deutlich schneller als nur der reine Kraftstoff – eine vorzeitige Verbrennung ist vorprogrammiert.

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Vollständig geklärt sind die Ursachen für LSPI noch nicht. Vor allem Öl-Hersteller wie Liqui Moly oder Tunap forschen an dem Phänomen und versuchen, die Hintergründe herauszufinden. Einig sind sich die Experten darin, dass LSPI ein durch Downsizing ausgelöstes Problem ist. Und das kann fatale Folgen haben. Die Explosionen, die durch LSPI entstehen, können einen Motor von einem Moment auf den anderen komplett zu zerstören. LSPI tritt weit vor dem Zündzeitpunkt auf, also noch lange bevor der Kolben den oberen Totpunkt erreicht hat. Die Explosion findet also statt, während sich der Brennraum weiter verkleinert. Dabei entsteht enormer Druck, der den Kolben regelrecht zerfetzen kann.

Was ist der Unterschied zwischen LSPI und Klopfen?

Auch beim sogenannten Klopfen oder Klingeln, das vielen eher von Oldtimern bekannt ist, handelt es sich um eine unkontrollierte Verbrennung des Kraftstoffes. Deswegen bezeichnen viele LSPI auch schlicht als Klopfen. Dabei unterscheiden sich beide Phänomene in einigen Dingen:
• Klopfen ist vor allem am charakteristischen Motorklingeln erkennbar und wird in der Regel durch die Klopfregelung verhindert (verschiebt beim Klopfen den Zündzeitpunkt Richtung spät). LSPI wird von Autofahrern akustisch oft gar nicht wahrgenommen, da es sehr unregelmäßig auftritt. Es lässt sich nicht durch die Klopfregelung des Motors vermeiden.
• LSPI entsteht im Gegensatz zum Klopfen nicht bei hohen Drehzahlen, sondern eher in niedrigeren Drehzahlbereichen. Außerdem tritt die Vorzündung meist bei kaltem Motor auf.
• LSPI fällt meist deutlich heftiger aus als Klopfen, es entsteht eine zerstörerische Explosion.
• LSPI tritt lange vor dem eigentlichen Zündzeitpunkt auf, während der Kolben noch auf dem Weg zum oberen Totpunkt (OT) ist, sich der Brennraum also weiter verkleinert. Klopfen entsteht in der Regel, wenn der Kolben OT bereits passiert hat und der Brennraum wieder größer wird.

Was sind die Folgen?

Kaputter Kolben
Ein durch vorzeitige Zündung zerstörter Kolben.
Bild: Liqui Moly
LSPI richtet auf Dauer schwere Schäden an. Wie genau sie aussehen, kann unterschiedlich sein und reicht von gerissenen Kolbenringen über kaputte Turbolader bis zu komplett zerstörten Motor-Bestandteilen. Die Druckwellen, die bei der Vorzündung entstehen, können Teile des Motors regelrecht sprengen. Ein kapitaler Motorschaden ist die Folge.

Wie kann man sich vor LSPI schützen?

• Bei kaltem Motor stark untertouriges Fahren vermeiden, denn LSPI tritt vor allem bei kaltem Motor in niedrigen Drehzahlbereichen auf.
• Regelmäßig das Öl wechseln. Das gilt vor allem für Kurzstrecken-Autos: Auch wenn der Hersteller-Intervall etwas anderes vorsieht, sollte mindestens einmal pro Jahr das Öl ausgetauscht werden. Viele Hersteller haben ihre Intervalle mittlerweile angepasst – wer hier auch nur etwas mehr Zeit verstreichen lässt, riskiert einen Motorschaden.
• Es gibt mittlerweile Öle, die LSPI vorbeugen sollen. Sie entsprechen der API-Norm "SN Plus". Nur wenige Hersteller haben ihre Vorgaben zum Ölwechsel bereits dahingehend verändert, deswegen sollten Fahrer eines Autos mit "Risiko-Motor" darauf achten und in der Werkstatt gezielt nach geeigneten Ölen fragen.
• Mit den richtigen Additiven kann der Motor von Rückständen befreit werden. Allerdings gilt es, vorsichtig damit umzugehen, denn Laien können hier viel falsch machen und im schlechtesten Fall selbst Schäden verursachen. Bei vielen Herstellern kann die eigenmächtige Nutzung von Additiven Auswirkungen auf die Garantie haben. Deswegen am besten in der Fachwerkstatt nachfragen.