100 Jahre Genfer Salon (3)
Völlig neues Raumkonzept

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Dies gilt für die Hallen in Genf und einige Autos darin. Teil 3 der AUTO BILD-Serie reicht von den Achtzigern bis in die Gegenwart.
Neue Formen sind gefragt
Vordergründig ist Welt bei der Eröffnung des neuen Palais des Expositions völlig in Ordnung: Ein schnittiger Name ("Palexpo"), viel Pomp und blumige Reden schmücken am 18. Dezember 1981 die neue Ausstellungshalle. Drei Monate später, zum Start des ersten Automobilsalons in der neuen Immobilie, ist die Stimmung eher gedrückt. Dafür gibt es zwei Gründe: Die Industrie laboriert immer noch an den Nachwehen der zweiten Ölkrise von 1980, ein pessimistischer Schweizer Kolumnist prophezeit in ihrem Sog "das Aussterben der ohnehin unvernünftigen Sportwagen".
Überraschend wenig Beifall bei zahlreichen Besuchern findet allerdings auch der 145 Millionen Franken teure Ausstellungsneubau. Angesichts des sicher großzügigen, aber nüchternen Ambientes trauern nicht nur Romantiker der gemütlichen Enge der alten Hallen nach. Doch diese Zeiten sind endgültig passé – und für die Zukunft zeigen sich erste Silberstreifen am wirtschaftlichen Horizont.
Erstmals anfassen können die Salonbesucher die Vorboten des neuen Booms 1984: Marken mit hohem technischem Anspruch setzen beim Bau sportlicher Motoren zunehmend auf die Vierventiltechnik. Andere Prioritäten verfolgen Franzosen und Amerikaner: Fast gleichzeitig präsentieren Renault den Espace und Chrysler den Voyager – und damit ein völlig neues Raumkonzept.
Dabei sind die beiden Vans nur die Vorreiter einer Entwicklung, die erst in der zweiten Hälfte der 80er Jahre so richtig ins Rollen kommt und nicht nur für Marketing-Gurus den Begriff des "Nischenmodells" zum Unwort des Jahrzehnts macht. Noch gibt es keine SUV oder Crossovers, keine Mini- oder Microvans, aber man arbeitet daran. Denn die Kundschaft will mehr als das klassische Dreierlei: Kleinwagen, Stufenheck, Sportwagen, basta. Plötzlich ist Individualismus Trumpf, Autos machen Leute, es lebe der kleine und große Unterschied.
Überraschend wenig Beifall bei zahlreichen Besuchern findet allerdings auch der 145 Millionen Franken teure Ausstellungsneubau. Angesichts des sicher großzügigen, aber nüchternen Ambientes trauern nicht nur Romantiker der gemütlichen Enge der alten Hallen nach. Doch diese Zeiten sind endgültig passé – und für die Zukunft zeigen sich erste Silberstreifen am wirtschaftlichen Horizont.
Erstmals anfassen können die Salonbesucher die Vorboten des neuen Booms 1984: Marken mit hohem technischem Anspruch setzen beim Bau sportlicher Motoren zunehmend auf die Vierventiltechnik. Andere Prioritäten verfolgen Franzosen und Amerikaner: Fast gleichzeitig präsentieren Renault den Espace und Chrysler den Voyager – und damit ein völlig neues Raumkonzept.
Dabei sind die beiden Vans nur die Vorreiter einer Entwicklung, die erst in der zweiten Hälfte der 80er Jahre so richtig ins Rollen kommt und nicht nur für Marketing-Gurus den Begriff des "Nischenmodells" zum Unwort des Jahrzehnts macht. Noch gibt es keine SUV oder Crossovers, keine Mini- oder Microvans, aber man arbeitet daran. Denn die Kundschaft will mehr als das klassische Dreierlei: Kleinwagen, Stufenheck, Sportwagen, basta. Plötzlich ist Individualismus Trumpf, Autos machen Leute, es lebe der kleine und große Unterschied.
Fahrzeuge mit Feuer unterm Hintern
Als erste reagieren in Genf die Tuner auf den Trend. Leute wie Franco Sbarro beispielsweise, der 1983 das Chassis eines Porsche 928 mit einer Golf-Karosserie bebaut. Oder wie Bodo Buschmann, der die finanzkräftige Schweizer Szene stets zur Premiere bulliger Brabus-Boliden nutzt.
Mehr Modelle brauchen aber auch mehr Platz. Den gibt es in Genf ab 1987. Eine neue Halle verdoppelt beinahe die Ausstellungsfläche und veranlaßt die Presse zu ausgesprochen schwärmerischen Kommentaren: "Damit degradiert der Genfer Salon Frankfurt, Paris und Tokio zu provinziellen Veranstaltungen", lobhudelt die französische "L'Equipe". Was natürlich maßlos übertrieben ist, aber immerhin: Im Unterschied zur Konkurrenz findet der Genfer Salon jährlich statt und erfreut sich weiterhin zunehmender Beliebtheit.
1990 kommen 650.000 Besucher, die sich nicht nur um die Autos drängen. Nebenbei entbrennen Rangeleien um eine Rarität: Zur Feier des 60. Salonjubiläums werden 12.000 Flaschen speziell gekelterten Weins mit dem verkleinerten Messeplakat etikettiert und unters Volk gebracht. Und das Volk will immer mehr. Nicht nur Wein, sondern natürlich auch Autos. Inzwischen dürfen sie auch ruhig wieder stärker sein, und vom Aussterben der Sportwagen ist keine Rede mehr, im Gegenteil: Mit dem Debüt des Mazda MX-5 kommen erschwingliche Roadster wieder in Mode, am anderen Ende der Preisskala sorgen Kracher wie die Viper für kräftige Bereicherungen.
Mehr Modelle brauchen aber auch mehr Platz. Den gibt es in Genf ab 1987. Eine neue Halle verdoppelt beinahe die Ausstellungsfläche und veranlaßt die Presse zu ausgesprochen schwärmerischen Kommentaren: "Damit degradiert der Genfer Salon Frankfurt, Paris und Tokio zu provinziellen Veranstaltungen", lobhudelt die französische "L'Equipe". Was natürlich maßlos übertrieben ist, aber immerhin: Im Unterschied zur Konkurrenz findet der Genfer Salon jährlich statt und erfreut sich weiterhin zunehmender Beliebtheit.
1990 kommen 650.000 Besucher, die sich nicht nur um die Autos drängen. Nebenbei entbrennen Rangeleien um eine Rarität: Zur Feier des 60. Salonjubiläums werden 12.000 Flaschen speziell gekelterten Weins mit dem verkleinerten Messeplakat etikettiert und unters Volk gebracht. Und das Volk will immer mehr. Nicht nur Wein, sondern natürlich auch Autos. Inzwischen dürfen sie auch ruhig wieder stärker sein, und vom Aussterben der Sportwagen ist keine Rede mehr, im Gegenteil: Mit dem Debüt des Mazda MX-5 kommen erschwingliche Roadster wieder in Mode, am anderen Ende der Preisskala sorgen Kracher wie die Viper für kräftige Bereicherungen.
Shows und Spektakel
Auch das Spektakel in den Hallen nimmt ebenso wie in Detroit, Frankfurt und Tokio dramatisch zu. Auf den Ständen werden nicht einfach nur Autos gezeigt. Um sie herum ranken sich Shows mit Artisten und Ballettgruppen. Künstliche Wasserläufe umplätschern die Exponate, voluminöse Lautsprecher und Airbag-Demonstrationen sorgen für die akustische Dröhnung. Die Spaßgesellschaft fordert auch in Genf ihren Tribut. Die Aussteller fordern derweil aufgrund ihrer üppigen Selbstdarstellungs-Gelüste noch mehr Platz – und bekommen ihn.
1995 kommt eine dritte Halle hinzu. 2003 eine vierte, die, weil ansonsten der Platz schon nicht mehr reicht, einfach über die benachbarte Autobahn gebaut wird. Damit zieht der Genfer Salon auch in Sachen Platzangebot endgültig mit den anderen Messen gleich. Von kurzen Wegen in den Hallen kann keine Rede mehr sein, die einstige Gemütlichkeit ist dahin. Trotzdem bleibt die große Show am Genfer See ein beliebtes Unikat. Was vor allem an der zentralen Lage in Europa und der im Lauf der Jahre immer besser gewordenen Erreichbarkeit liegt. Wer will, kann von Bahnhof und Flughafen trockenen Fußes gleich in die erste Halle wandern und noch am gleichen Abend wieder heimwärts streben, ohne die inzwischen astronomisch teuren Hotels im Stadtzentrum auch nur gesehen zu haben.
Doch auch der strategisch günstige Traditionstermin Anfang März macht den Schweizer Salon selbst für Messemuffel zu einer attraktiven Adresse. Das bevorstehende Frühjahr läßt sich in Genf stets schon riechen, das Klima ist weder so schmuddelig wie in Detroit, noch so heiß wie zu IAA-Zeiten in Frankfurt. Und passend zur Jahreszeit präsentiert die Industrie ihre gesamte Frühjahrskollektion, mitsamt ihren großen Stars und kleinen Sternchen.
1995 kommt eine dritte Halle hinzu. 2003 eine vierte, die, weil ansonsten der Platz schon nicht mehr reicht, einfach über die benachbarte Autobahn gebaut wird. Damit zieht der Genfer Salon auch in Sachen Platzangebot endgültig mit den anderen Messen gleich. Von kurzen Wegen in den Hallen kann keine Rede mehr sein, die einstige Gemütlichkeit ist dahin. Trotzdem bleibt die große Show am Genfer See ein beliebtes Unikat. Was vor allem an der zentralen Lage in Europa und der im Lauf der Jahre immer besser gewordenen Erreichbarkeit liegt. Wer will, kann von Bahnhof und Flughafen trockenen Fußes gleich in die erste Halle wandern und noch am gleichen Abend wieder heimwärts streben, ohne die inzwischen astronomisch teuren Hotels im Stadtzentrum auch nur gesehen zu haben.
Doch auch der strategisch günstige Traditionstermin Anfang März macht den Schweizer Salon selbst für Messemuffel zu einer attraktiven Adresse. Das bevorstehende Frühjahr läßt sich in Genf stets schon riechen, das Klima ist weder so schmuddelig wie in Detroit, noch so heiß wie zu IAA-Zeiten in Frankfurt. Und passend zur Jahreszeit präsentiert die Industrie ihre gesamte Frühjahrskollektion, mitsamt ihren großen Stars und kleinen Sternchen.
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