38.000 Rotationen pro Minute

Wie kann man Menschen helfen, denen ein Dreiliter-Dreier-BMW, mit 231 PS ja durchaus nicht untermotorisiert, ein wenig müde vorkommt? Zum Arzt schicken? Lieber zum Tuner. In diesem Fall zu AC Schnitzer. Die Aachener Firma hat ein über viele Jahre bewährtes Rezept der Leistungssteigerung zur Hand: den Einbau eines Kompressors. Die alte Formel "Mehr Hubraum, mehr Leistung" gilt nicht mehr. Denn der BMW-intern M54 genannte Sechszylinder ist in dieser Disziplin ziemlich ausgereizt. Und obendrein: Derlei Maßnahmen sind aufwendig und entsprechend teuer.

Schnitzer setzt nicht wie Mercedes (für den Zweiliter-Vierzylinder) einen so genannten Eaton-Lader (walzenförmige Druckerzeugung) ein, sondern geht einen völlig anderen Weg. Zum Einsatz kommt ein Turbinen-Rotations-Kompressor, der - bis auf die Verbrennung von Kerosin - ähnlich wie ein Jet-Triebwerk am Flugzeug arbeitet.

Die Montage erforderte Improvisation. Denn moderne Motorräume sind mittlerweile so voll gestopft, man könnte meinen, der werksseitige Aggregate-Einbau erfolgt über ein spezielles Vakuumverfahren. Im Dreier waren jedoch die Lichtmaschine und die Servopumpe so höflich, ein wenig zur Seite zu rücken, um der Mini-Turbine Luft zum Atmen zu geben.

Das Teil rotiert bis zu 38.000-mal in der Minute und baut ab einer Motordrehzahl von 1500/min Druck auf. Dieser steigt dann proportional zur Drehzahl an, erreicht bei 0,35 Bar sein Maximum. "Wir wollen all die beweglichen Serienteile im Motor nicht zu arg belasten", sagt Dipl.-Ing. Roman Fenners, Technischer Direktor bei Schnitzer.

64 PS mehr dank 0,35 bar

Dennoch: Die 0,35 bar reichen aus, um dem Dreiliter zu 64 Mehr-PS und 80 Nm mehr an Drehmoment zu verhelfen. Allerdings versammelt sich das Kräftepotenzial überwiegend im oberen Drehzahlbereich. Statt bei 5900/min liegt die maximale Leistung nun bei 6700/min an. Beim Drehmoment verschob sich der höchste Punkt um 1300/min auf 4800/min.

Das zeigen auch die üblichen Elastizitätsmessdaten: 80 bis 120 km/h im fünften Gang machen gerade mal ein halbe Sekunde aus. Was natürlich nicht heißen soll, der Wagen wirke müde. Im Gegenteil, wir befinden uns auf sehr hohem Leistungsniveau, es geht stets souverän voran, egal welcher Gang gerade eingelegt ist.

So murrt der Reihensechszylinder, ohnehin ein Genuss an Laufkultur, selbst bei untertouriger Fahrweise nicht. Doch so richtig zur Sache geht der AC S3 C30 touring, wie der aufgeladene Dreier offiziell bei Schnitzer heißt, bei forschem Gasfuß. Dann kommt der Kick, für den man ja immerhin fast zehntausend Euro bezahlt hat. Zwischensprints und Überholvorgänge, so ab 150 km/h, liegen plötzlich fast auf M3-Niveau, unterfüttert von einem satten Sound.

Die 64 Mehr-PS reichen aus, um den Kombi etwa 18 km/h schneller werden zu lassen (265 zu 247 km/h). Auch wenn diese Differenz auf einer Fahrt Hamburg-München zur Bedeutungslosigkeit verkümmert (keiner würde dem anderen davonfahren), die Souveränität des Schnitzer-Kombis macht Freude.

Komfort und sportliche Ambiente

Auch der Komfort kommt nicht zu kurz. Trotz des eingebauten Sportfahrwerks (1513,82 Euro) sowie der breiten und flachen Reifen (225/40 vorn, 255/35 hinten) auf 8,5x18-Zoll-Felgen (plus 3920,40 Euro) filtert der Dreier Unebenheiten passabel weg. Die Abstimmung passt gut zum sportlichen Ambiente. Derart gerüstet, schießt der Bayer zügig ums Eck, liegt in den Kurven wie das sprichwörtliche Brett auf der Straße. Naht der Grenzbereich, maßregelt das von BMW gutmütig abgestimmte DSC III.

Ebenso werksseitig blieb die Bremsanlage. Sie ist der Mehrleistung gewachsen. Schnitzer verstärkte lediglich die Kupplung und verkürzte die Schaltwege. In Aachen heißt das "Short-Shift" und kostet 763,26 Euro extra. Kalte Hand inklusive, denn im Winter gleicht der Metallschaltknauf einer Eiskugel mit der Haptik-Note 6.

Mehr dem optischen Genuss dient im Motorraum die Alu-Federbeinbrücke. Sie schlägt mit 562,22 Euro zu Buche. Wer das volle Programm außen (Spoiler, Schweller, Schürze) und innen (Carbon-Deko, Sportlenkrad, Alupedale etc.) haben möchte, von dem fordert Schnitzer weitere 14.000 Euro. Edeltuning hat halt seinen Preis. So wie gute Ärzte eben auch.

Technische Daten

Fazit Kompressor für BMW - das ist etwas Neues. Doch der Luftverdichter sorgt vergleichsweise unproblematisch für hohen Leistungszuwachs. Die Tuningmaßnahme macht wie das Finish des restlichen Autos einen guten Eindruck. Allerdings auch zu einem hohen Preis. Ein 330i Coupé mit AC-S3-C30-Kit kostet ausstattungsbereinigt so viel wie ein 48 PS stärkerer M3, der Testwagen als Coupé hätte gar mit 6000 Euro mehr als die Münchner Maschine zu Buche geschlagen. Dafür gibt es den C30 aber in allen Karosserievarianten.

Testwerte und Kosten



Der Testwagen hat für einen Dreier ein enormes Gewicht. Die Kompressortechnik, die Anbauteile der Karosserie und die gute Ausstatung sorgen für die zusätzlichen Pfunde.