Kopfüber im Weiher

Die drei kennen sich kaum. Aber sie begrüßen sich so aufrichtig herzlich, wie es wohl nur Menschen können, die Minuten auf Leben und Tod miteinander verbracht haben. Diese fünf oder sechs Minuten wird Kornelia Orzeszek (23) nie vergessen.

Sie ist mit ihrem Fiat Punto auf dem Nachhauseweg von der Arbeit, als es passiert. Am Montag, dem 3. Februar, kurz nach 18 Uhr: In einer spiegelglatten Kurve rutscht das Auto seitlich einen kleinen Abhang hinunter in einen Weiher. Der Wagen landet auf dem Dach. Schlagartig ist es stockfinster. Eiskaltes Wasser strömt in den Innenraum. "Es ging rasend schnell", erinnert sich die Werbekauffrau.

Zum Glück war sie angeschnallt, blieb unverletzt. "Ich dachte nur: Wie komm ich raus?" Die Türen gehen nicht auf. Sie versucht, die Taschenlampe aus dem Handschuhfach zu pfriemeln. Es klappt nicht, weil alles kopfüber liegt. Das Wasser steigt. Kornelia sucht den Hebel für den Kofferraum, findet ihn aber nicht. Das Wasser steigt weiter. Sie flüchtet nach hinten. Die Kofferraumabdeckung hat sich quer verkeilt. Kornelia weiß nicht, wie lange das Wasser steigen wird. Sie kann nicht abschätzen, wie tief der Weiher ist. Ob oder nach welcher Seite sie sich wenden darf, ob das Auto dadurch vielleicht tiefer sinken würde. Vorne ist bereits alles voll gelaufen, der jungen Frau steht das Wasser bis zum Kinn. Die Kälte spürt sie nicht. "Mein Herz raste."

Inzwischen halten zwei Autos am Straßenrand, haben ihre Warnblinker eingeschaltet. Und zufällig kommt ein Streifenwagen vorbei. Polizeikommissar Uwe Meyer (40) und Polizeiobermeister Jörg Lehmann (38) erkennen schnell, dass da kein Blechschaden auf sie wartet. Ein Teil des Hecks ragt noch aus dem von Schmelzwasser überfluteten Sumpf.

Vorbildliche Hilfe

Was folgt, ist alles andere als Routine: Meyer legt Dienstwaffe und Handy ab, springt in den Weiher, versucht, die unter Wasser liegende Beifahrertür zu öffnen. Lehmann verständigt über Funk die Rettungskräfte und springt hinterher.

Die Türholme sind eingedrückt. Kornelia kann etwas Licht durch die Ritzen blitzen sehen, merkt, dass jemand am Auto ruckelt, und gibt Klopfzeichen. Die Polizisten schlagen mit ihrer Dienst-Taschenlampe die Heckscheibe ein, rufen, hören verzweifelte Schreie. Aber so geht's nicht raus. Eine gefühlte Ewigkeit lang kämpfen die Männer darum, die Beifahrertür doch aufzudrücken.

Endlich! Endlich können sie der Frau helfen, unter den Lehnen durchzutauchen. Als sie ihre Retter sieht, empfindet sie "Dankbarkeit, ich war so froh und glücklich!" Erst jetzt spürt sie die Kälte. "Draußen konnte ich nix mehr bewegen." Raus aus den nassen Klamotten, rein in Polizeiparka und Wolldecke. Und sofort ins Christliche Klinikum Melle, wo sie wegen Unterkühlung eine Nacht auf der Intensivstation bleiben soll. Dann fahren Meyer und Lehmann zur Dienststelle, um selbst ihre nasse Kleidung zu wechseln.

Beinahe wäre ein Mensch ertrunken oder erfroren. Aber zum Glück kamen zwei Polizisten vorbei, und zum Glück haben sie – wie sie selber sagen – "nur ihre Pflicht" getan. Trotzdem war ihr Verhalten vorbildlich. Das Tolle: Keiner von den dreien bekam auch nur einen Schnupfen. Kornelia hat noch ein paarmal Alpträume gehabt, "aber sie gingen immer gut aus". Wie manchmal eben auch im wahren Leben.

Den AUTO BILD-Scheck mit der Belohnung von 5000 Euro nehmen die beiden Polizisten übrigens nur symbolisch an. Der Betrag geht auf ihren Wunsch je zur Hälfte als Spende an die Kinderkrebshilfe und die Dignitas, Deutsche Interessengemeinschaft für Verkehrsunfallopfer. Noch so eine Heldentat.

Lohn für die gute Tat

Menschlichkeit zeigen und gewinnen: Unserem "Helfer des Monats" winken Monat für Monat 5000 Euro in bar. Und wer uns den richtigen Tipp für den Schutzengel des Monats gegeben hat, wird ebenfalls belohnt: Ihm flattern 1000 Euro ins Haus. Ende 2003 wird aus allen Monatssiegern der "Helfer des Jahres" gekürt. Sein Preis: ein neuer Opel Meriva im Wert von knapp 18.000 Euro.

Schreiben Sie eine E-Mail an: helfer@autobild.de, Stichwort: "Helfen – ja sicher!". Einsendeschluss: der letzte Kalendertag des jeweiligen Monats.