Fahrverbot oder Führerscheinentzug?

Manche Meldung aus der Tageszeitung ist nicht einfach zu verstehen. Vor allem dann nicht, wenn juristische Fachbegriffe verwendet werden. Da kann auch ein einfacher Sachverhalt kompliziert werden. Und mehr verdunkeln als verdeutlichen.

Fakt ist: Brigitte Baumeister (57), die frühere Schatzmeisterin der CDU, war im August 2003 in Schlangenlinien durch Böblingen bei Stuttgart gefahren. Der Blutalkoholwert betrug nach Angaben des Amtsgerichts mehr als 2,5 Promille. Mit anderen Worten: Vollrausch am Steuer. Deswegen wurde Baumeister jetzt verurteilt. Mit einem Strafbefehl von 70 Tagessätzen zu je 70 Euro. Damit sei die Politikerin nicht vorbestraft, meldete die Deutsche Presse-Agentur. Außerdem werde Baumeisters Führerschein für zwölf Monate einbehalten. Was heißt das eigentlich genau?

"Auf keinen Fall, dass sie den Führerschein nach einem Jahr automatisch wieder bekommt", erklärt Jurist Jörg Elsner von den Verkehrsanwälten. Einbehalten bedeutet in diesem Fall nämlich weg, die Fahrerlaubnis ist entzogen. Im Gegensatz dazu gilt ein Fahrverbot nur zeitlich befristet. Läuft es ab, gibt es den Führerschein zurück. "In Baumeisters Fall muss dagegen die Wiedererteilung des Führerscheins nach Ablauf der Sperrfrist beantragt werden", erklärt der Anwalt. Und das könnte schwierig werden.

Sperrfrist bis zum neuen Schein

Wer mit mehr als 1,6 Promille am Steuer erwischt wird, gilt als regelmäßiger Trinker oder Alkoholiker. Und von dem verlangt die Führerscheinstelle eine Regelüberprüfung. Sprich ob derjenige überhaupt charakterlich geeignet ist, Auto zu fahren. Zu Deutsch: Ob so jemand auf die Menschheit im Straßenverkehr losgelassen werden kann.

Diese Überprüfung nennt sich MPU, Medizinisch-Psychologische Untersuchung, oder schlicht "Idiotentest". Und an dem ist schon mancher verzweifelt. Erst wenn der bestanden ist, gibt es die Fahrerlaubnis zurück, auch ohne neue Führerscheinprüfung. Doch davor liegt die Sperrfrist. Im Urteil heißt es: "Die Behörde wird angewiesen, die Fahrerlaubnis nicht vor Ablauf von ... Monaten wiederzuerteilen." Die Sperrfrist läuft ab rechtskräftigem Urteil. Soll die Sperre aber insgesamt ein Jahr betragen wie im Baumeister-Fall, wird die Zeit seit Beschlagnahme durch die Polizei abgezogen: Also zwölf Monate weniger drei Monate macht noch neun Monate Restsperre. Denn auch der vorläufige Entzug seit der Beschlagnahme war ja bereits führerscheinlos.

Rechtsanwalt Elsner: "Entscheidend ist der Entzug der Erlaubnis durch das Gericht, denn erst damit erlischt das Recht zum Fahren." Durch Urteil oder Strafbefehl wird aus der vorläufigen eine endgültige Entziehung der Fahrerlaubnis.

Strafbefehl – kein Urteil, aber Vorstrafe

Ein Strafbefehl ist so etwas wie ein "Urteil light". Staatsanwalt und Richter bieten dem Angeklagten eine Strafe ohne öffentliche Gerichtsverhandlung. Das erspart einem den peinlichen Auftritt in der Öffentlichkeit, der besonders in prominenten Fällen nicht gewünscht wird. Nur zur Klarstellung: Das ist kein Bonus für Prominente, sondern wird in allen Fällen so gehandhabt, in denen die Sachlage klar ist.

So wie im Fall Baumeister. Die Polizei hat sie ertappt, das Blut wurde positiv getestet, Ausreden oder Ausflüchte gibt es nicht. Also ein Strafbefehl mit Geldstrafe. Die bemisst sich anhand des Einkommens des Beschuldigten. Das wird tageweise berechnet, 30 Tagessätze entsprechen einem Nettogehalt. In diesem Fall also etwas mehr als zwei Gehälter, 70 Tagessätze á 70 Euro macht 4900 Euro. Eine Vorstrafe.

"Bis 90 Tagessätze Strafe werden nicht ins Führungszeugnis eingetragen", erklärt Anwalt Elsner. Insofern fällt so eine Bestrafung bei einer Bewerbung zwar nicht auf. "Aber es ist eindeutig eine Vorstrafe, die im Bundeszentralregister gespeichert wird", sagt der Jurist. Und das kann eine Rolle spielen, falls der Verurteilte erneut straffällig wird und vor den Richter kommt. Das heißt dann "einschlägig vorbestraft" und wirkt sich bei einer zweiten Verurteilung aus, sprich die Strafe fällt höher aus als bei einem Ersttäter. Aber so weit muss es ja im Fall Baumeister nicht kommen. Schließlich sitzt die Ex-Schatzmeisterin inzwischen nicht mehr im Bundestag und müsste viel Zeit zur Besinnung haben.