Die Edelmarken BMW, Audi und Mercedes haben auch eigene Motorräder. AUTO BILD bittet zum Dreikampf der Sportler.
Recht juckt die Hand. Ein kleiner Zupfer am Gas bitte, nur ein klitzekleiner. Die Vernunft muss kurz einmal schweigen. "BA-BAA-BAMM." Ein Sound, als platzten auf der Brücke die Niete aus den Stahlträgern – und es grollt warm und wach von der Decke zurück auf den gelben TTS, der sofort ein wenig verwegener aussieht. Steht ihm gut. Rollt hier etwa die Ducati dem Audi ihren spektakulären Klangteppich aus? Könnte man denken im Sattel der neuen Monster 1200, aber so stellen sich das die noblen deutschen Autobauer vor, die erstmals durch die Bank auf Motorräder setzen. Mercedes ist mit AMG bei MV Agusta eingestiegen, BMW blüht sowieso, und Audi putzt seit Jahren Ducati in Bologna heraus. Auto und Zweirad sollen Image-Pingpong spielen.
Der Audi TTS serviert seine Leistung ein wenig steril
Ein ungleiches Paar: Während der Audi unspektakulär schnell ist, macht die Ducati richtig Spaß.
Drei dynamische Paare, aber wer harmoniert am besten in Design, Temperament oder Image? Das wird ein Fall für die Lustwertung. Lust? Wird beim Audi TTS eher klein geschrieben. Ein stiller Vollstrecker, der 310 PS Quattro-effektiv und ohne jede Showeinlage auf den Asphalt drückt. Sitzen, Lenken, das messerscharfe Schalten an Lenkradpaddles – alles passt, lässt aber so kalt wie der Kuss der Eisprinzessin. Ein Coupé als Spaßauto im Kampf gegen blechwuchernde SUV braucht einfach mehr Sensatiönchen als nur den elektronischen Tacho-Guckkasten oder kalkulierte Gas-Schmatzer beim Zurückschalten. Es braucht mehr Chili, am besten den der neuen Monster. Da rücken Motor, Tank und Fahrer schon im Stand nach unten Richtung Erdmitte, trotzdem passt die Duc endlich auch Liebhabern nördlich der Alpen. Wenn erst der V-Zweizylinder mit dem ungleichmäßigen Zündabstand losbollert, erwachen selbst Scheintote. Ja, die 135 PS feuern böser als früher, doch prägender ist ihre Landstraßenschärfe: glasklar in der Spur, eine Bremse mit glutheißem Biss und eine Traktionskontrolle mit Einstellstufen von hier bis zum Nordkap. Die Monster zeigt, wie Fahren in jeder Sekunde zum Erlebnis heranwächst.
BMW zeigt Dynamik-Kompetenz auf zwei und auf vier Rädern
Zweimal BMW: Die R 1200 R und der M235i sind fein geschliffene Maschinen mit Fahrspaßgarantie.
Fürs hautnahe Fühlen auf vier Rädern steht ein M235i. Sein Steckbrief sagt alles: Reihensechser, Hinterradantrieb, 326 PS – fehlt nur noch das "turbo" in Spiegelschrift auf dem Frontspoiler. Der Zweitürer ist BMW pur, gefühlsecht im dicken Lenkradkranz und hellwach, wenn die Kurvenlinie blitzschnell ein Zappen in der Achtstufenautomatik verlangt. Nur der volle, sonore Klang, die Fanfare seiner Einmaligkeit, ging flöten, seitdem der Dreiliter den Turbo braucht, um bei den jungen Wilden mitzuhalten. Da hören wir doch lieber die R 1200 R, wo der Klappen-Auspuff beim Gasgeben die Nackenhärchen aufstellt und endlich die Wagner-Oper spielt, die das urdeutsche Eisen verdient hat. Ja, die Roadster kühlt nun mit Wasser, trägt mehr Plastik und macht beim Hochschalten in den Dritten noch gerne das altbekannte "schrrrccckk" – aber der Boxer drückt mit 125 PS so stark wie nie und blieb dennoch ein "Universal-bis-auf-den-Mond-fahr-Krad". Dem kannst du in der tiefsten Schräglage seelenruhig die Dämpfer verstellen oder auch nachmittags die Fernreisekoffer aufschnallen.
Und zwar echte Koffer, nicht die Kosmetiktäschchen der MV Agusta (da stecken sogar Blinker drin!). Touren soll die Stradale, aber wie denn mit diesem blöden Sitzkeil oder dem Cockpit zum Raten? Trifft man nach langem Zappeln erstmals die Kurvenlinie, zeigt der raue, raspelnde Dreizylinder, was den beiden Twins von BMW und Ducati fehlt: das Jubeln bis hinauf auf 12.000 Touren Gipfelhöhe.
In Sachen Unvernunft liegen MV Agusta und Mercedes vorne
Brachiale Sportler, Auge in Auge: MV Agusta Stradale und Mercedes CLA Shooting Brake AMG.
Dieses leichte Wetzeisen überholt die Monster in Kurven außen auf der letzten Rille – genau dort, wo MV Agusta, in den Sechzigern der Zweirad-Ferrari, seine vielen WM-Titel gewonnen hat. Erst Kopfschütteln, dann Kribbeln produziert auch der CLA Shooting Brake. Was soll dieser Scheinkombi? Das ganze Heckmeck verpackt nur den stärksten, aggressivsten und bösesten Zweiliter-Turbo, der gerade auf unseren Straßen wildert. Die AMG-Version geht mit Schraubstöcken als Schalensitzen und den hauchdünnen 35er-Reifen so weit, als wolle sie den nächsten Sonnenaufgang gar nicht mehr erleben. Und so was trägt den Stern! Tja, Mercedes ist halt neu im Showgeschäft, die Jüngsten auf der Bühne müssen immer die wildesten Gags reißen. Deshalb kann die MV Agusta dem CLA Shooting Brake auch nichts mehr vormachen. Ein Paar, das in der Lustwertung bestens harmoniert – nennen wir es einen Sieg der Unvernunft!
Reizvoll anders, wie Autos vor dem Spiegel ihrer Konzern-Motorräder wirken. Der Mercedes ist ein so bunter Hund wie die MV Agusta. BMW steht für traditionelle Werte auf zwei wie vier Rädern. Audi könnte den Sportgeist von Ducati gut gebrauchen.