Sie haben es oft versucht, geklappt hat es nie. Immer und immer wieder sind amerikanische Autos gegen Audi, BMW und Mercedes angefahren. Und je blutiger danach die Nase war, desto größer war der Mut beim nächsten Mal. Kein Wunder also, dass sich auch der neue Cadillac ATS "auf Augenhöhe mit Europas Auto-Elite" sieht. Wir klären das. Und schicken den ATS mit dem aktuellen Mittelklasse-Maßstab, dem BMW 3er, ins Rennen.

Überblick Alle News und Tests zum BMW 3er

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Video: BMW 328i vs. Cadillac ATS

Auf Augenhöhe mit dem 3er?

Beim Design jedenfalls fahren die Amerikaner auf Anhieb einen glatten Punktsieg ein. Keine Frage: Der 3er sieht klasse aus, ist kräftig und knackig und vielleicht der schönste Business-Anzug der deutschen Blechschneider. Aber er steht halt an jeder zweiten Ecke, unterscheidet sich auch nicht so richtig vom 5er. Der Cadillac dagegen ist ein Charaktertyp mit Ecken und Kanten. Den muss man auf dem Parkplatz nicht erst lange suchen. Und sogar innen weiß der Ami zu gefallen. Die Materialauswahl ist vornehm, die Verarbeitung stimmt – und mit seinem tollen CUE-System sticht er den iDrive-Controller des 3er glatt aus. Denn die Tasten in der Mittelkonsole müssen nicht mehr gedrückt, sondern nur noch gestreichelt werden. Und auf dem Bildschirm surft man wie auf dem iPad. Dear Folks in Munich, so baut man coole Autos für die Generation iPhone. Ach ja, für alle, die nach den alten Werten fragen: Bei fast identischem Format sitzt es sich in ATS und 3er vorn gleich gut, die Hinterbänkler haben es allerdings bei den Bayern etwas besser, und der Kofferraum des BMW ist deutlich größer als das Abteil des Cadillac.

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Cadillac ATS
Neuentwicklung: Der Cadillac ATS hat jetzt eine eigene Plattform, muss nicht Opel-Technik auftragen.
Wie ernst es Cadillac mit dem Angriff aufs Establishment ist, zeigt die Konstruktion des ATS. Zuletzt waren die kleineren US-Modelle immer Übernahmen der großen Opel-Baureihen. So wurde aus dem Omega der Catera und aus dem Vectra der BLS. Wer aber wirklich vorn mitfahren will, darf nicht mit Vorderradantrieb daherscharren. Deshalb hat Cadillac diesmal eine eigene Plattform entwickelt und dabei sehr genau nach München geschaut. Wie der 3er fährt der ATS deshalb mit Hinterradantrieb (Allrad optional), glänzt mit einer ziemlich ausgewogenen Gewichtsverteilung und wiegt mit 1540 Kilo kaum mehr als der 3er. Das kennen wir aus dem Land der Big Macs bisher anders. Zusammen mit einer überraschend präzisen Lenkung und einem strammen Fahrwerk sind das gute Voraussetzungen für ordentlich Spaß auf der Straße. Der ATS schneidet deshalb genauso scharf und präzise durch die Kurven wie der 3er. Auch auf flott gefahrenen Landstraßen verzahnt er sich tapfer mit dem Asphalt, auf der Autobahn bringt ihn nichts aus der Ruhe – selbst wenn der Tacho nach etwas Anlauf mal über 220 km/h klettert.
Was der BMW allerdings besser hinbekommt als der Cadillac, ist der Spagat zwischen Sportler und Sänfte. Zwar lässt sich auch beim ATS gegen Aufpreis das Magnetic-Ride-Fahrwerk variieren. Aber wer beim 3er den serienmäßigen "Fahrerlebnisschalter" drückt, spürt den deutlicheren Unterschied. Und so etwas wie einen Eco-Modus kennen die Amis gar nicht.
Unter der Haube steckt hier wie dort ein Vierzylinder-Turbo mit zwei Litern Hubraum. Im 328i kommt er auf 245 PS, im ATS sogar auf 276 PS. Das sichert dem Ami zwar im Autoquartett den Stich, doch auf der Straße sind die Unterschiede kaum spürbar – zumal der Cadillac-Motor etwas kerniger klingt und angestrengter wirkt. Da liefert der BMW-Turbo die souveränere Vorstellung. Bleibt am Ende noch der Preis als bestes Argument für ein Ami-Auto? Das war einmal. Der ATS ist nicht deutlich, sondern nur 80 Euro billiger als der 328i. Und auch wenn der Cadillac besser ausgestattet vorfährt, lassen sich die Amis wichtige Extras neuerdings kräftig bezahlen. Ja, es gibt Headup-Display und Abstandsradar – aber dann ist man schnell bei über 50.000 Euro. Und dafür bietet auch BMW mehr als ein Kassenmodell.

Fazit

von

Thomas Geiger
Liegt Detroit jetzt in Bayern? So nah wie der ATS kam den deutschen Nobelhobeln noch kein US-Auto. Und eine nette Abwechslung im Mittelklasse-Einerlei ist er allemal. Aber am Ende ist es wie beim Fußball: Der Meister kommt meist aus München. Sportlich und komfortabel, ausgewogen und vielseitig, lässt sich der 3er nicht vom Thron stoßen.

Von

Thomas Geiger