Mit fahraktiven Autos hatte Cadillac bislang so viel zu tun wie ein dickfelliger texanischer Ölbaron mit einem durchtrainierten Leichtathleten. Die amerikanischste aller Automarken ist eher für Protz und Pudding-Fahrwerke bekannt, weniger für schlanke Sportlichkeit. In Europa ist Cadillac schon lange scheintot. Modelle wie der BLS, eine Mittelklasselimousine auf Saab 9-3-Basis, blieben erfolglos, obwohl gezielt auf Kunden in der Alten Welt gemünzt. Nun nimmt Cadillac einen neuen Anlauf – und hat sich ausgerechnet Klassenprimus BMW als Gegner ausgesucht.

Überblick: Alle News und Tests zum Cadillac ATS

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Video: Cadillac vs. BMW

Ein Ami will es wissen

Wie der 3er aus München tritt der ATS, anders als sein Vorgänger, mit Hinterradantrieb und längs eingebautem Turbomotor an. Aber kann man einen BMW wirklich kopieren? Wie, bitte, soll eine amerikanische Straßenkreuzer-Marke eine knackige Sportlimousine auf die Räder stellen können? BMWs vergleichbarer 328i legt die Latte verdammt hoch. Der 245 PS starke Viertürer setzt bislang den Maßstab, wenn es um Agilität, Spritzigkeit, Alltagsnutzen und Verbrauch geht. Keine andere Vierzylinder-Limousine verbindet diese Kriterien so gekonnt. Wo dem Namen nach eigentlich sechs Pötte zu erwarten sind, muss der BMW mit nur vier Brennräumen auskommen. Dank einem schnell ansprechenden Turbolader hängt der Motor aber sofort gierig am Gas und dreht blitzartig hoch. Na klar, über den Verlust des markentypischen Reihensechsers kann man jammern; es gibt ihn nur noch im 335i und im Hybrid-3er. Doch das satte Drehmoment schiebt den BMW jederzeit so kraftvoll nach vorn, dass die zwei eingesparten Zylinder allenfalls Abstriche bei Motorsound und Laufruhe bedeuten.

Überblick: Alle News und Tests zum BMW 3er

BMW 3er
Variabel: Dank adaptiver Dämpfer beherrscht der BMW sowohl sportliche als auch komfortable Gangart.
Bei Vollgas schießt der 328i in gut sechs Sekunden auf 100 km/h. Wer auf der Autobahn den Fuß stur auf dem Gas lässt, erlebt, wie elegant und ruckfrei, aber dennoch extrem zügig die Automatik ihre acht Fahrstufen durchschaltet, bis die Elektronik dem Vorwärtsdrang bei 250 km/h ein sanftes Ende setzt. Mehr Antriebskomfort gibt es in dieser Klasse nirgendwo. Das Gleiche gilt fürs Fahrwerk. Ausgerüstet mit adaptiven Stoßdämpfern (1100 Euro extra), bietet der BMW eine gelungene Spreizung zwischen straffem und sehr direktem Fahrgefühl im Sport-Modus sowie feinfühliger Abrollgüte in der Comfort-Einstellung. Außerdem gibt es den Eco-Pro-Modus, der beim spritsparenden Fahren hilft. Wer ihn aktiviert und entsprechend zurückhaltend fährt, kann beim Verbrauch tatsächlich eine Sechs vor dem Komma erreichen – für ein 245-PS-Auto fast schon ein Fabelwert. Bei gemischter Fahrweise mit Vollgasanteil auf der Autobahn verbrannte der 328i auf der AUTO BILD-Verbrauchrsunde 7,5 Liter, auch das ist nicht zu viel.
Kein Zweifel: Die Hardware in diesem BMW stimmt. Doch jenseits der traditionellen Werte wird die Software eines Autos immer wichtiger. Auch beim Infotainment und der elektronischen Vernetzung mit der Außenwelt zeigt sich der 328i beispielhaft. Bei aufpreispflichtigen Extras wie Navigation mit Echtzeit-Verkehrsinfos oder Online- Informationen mittels Internet-Applikationen hat BMW einen klaren Vorsprung gegenüber der Konkurrenz. Weitere Details zum Vergleich BMW 3er und Cadillac ATS gibt es in der Bildergalerie.

Fazit

Ein Cadillac, was soll da schon kommen? Die Vorbehalte in der Redaktion waren groß. Am Ende wurden diese aber nur beim Getriebe und dem hohen Verbrauch bestätigt. General Motors ist mit dem ATS eine fahraktive Sportlimousine gelungen, die sich stark am BMW orientiert. Bei Traktion, Spurstabilität und Fahrspaß liegt der ATS fast auf gleichem Niveau wie der 328i. Wäre ja zu schön, wenn GM-Tochter Opel den Heckantrieb für eine künftige Powerlimousine oder ein Coupé übernehmen dürfte ...