Steuerberater Heiko Revenstorff aus Ham­burg war mit seinem 535d xDrive Touring auf der A 7 unterwegs, als bei etwa 120 km/h plötzlich der Motor versagte. Wenige Minuten später stand der Diesel-Premiumkombi in Flammen. Ein klassischer Mo­torbrand, dessen Ursache sich heute nicht mehr im Detail nach­vollziehen lässt. Der Ablauf und das betroffene BMW-Modell legen indes nahe, dass es sich um ein Problem handeln könnte, mit dem der Hersteller bestens vertraut ist.

39 Brände in Südkorea zwingen zum Rückruf

Das brennende Problem von BMW
Mit großem Gerät gelöscht: Die Freiwillige Feuerwehr Salzhausen berechnete 1313,20 Euro für den Einsatz.
Im August 2018 kündigte BMW eine "freiwillige technische Aktion" für deutsch­landweit 96.300 Diesel verschiede­ner Baureihen an. Was die Münch­ner nicht sagten: Zuvor waren sie in Südkorea zum Rückruf von 106.000 Autos gezwungen worden. Undichtigkeiten am Abgasrück­führungsmodul hatten dort 39 Brände ausge­löst, der Ver­kehrsminister verhängte gar ein Fahrverbot. Die Nachbesserungen hierzulande be­schränkten sich auf Sechszylinder-Diesel aus dem Produktionszeit­raum Juli 2012 bis Juni 2015. Autos, die BMW zur Hochrisikogruppe zählte.

Motorbrände: Das sagt BMW

BMW-Statement

"Interne Untersuchungen haben ergeben, dass bei einigen Diesel­fahrzeugen Glykol-Kühlflüssigkeit aus dem AGR-(Abgasrückfüh­rungs-)Kühler austreten kann. In Kombination mit typischen Ruß­ablagerungen sowie unter den üblicherweise hohen Temperatu­ren im AGR-Modul kann dies zu glühenden Partikeln führen. In sehr seltenen Fällen kommt es dabei zu Anschmelzungen im An­saugkrümmer, die im Extremfall zu einem Brand führen können. Die BMW Group hat daher ent­schieden, hierzu eine technische Aktion durchzuführen. Von der Aktion sind Fahrzeuge der Vier-und Sechszylinder-Dieselmotoren aus dem Produktionszeitraum August 2010 bis August 2017 be­troffen. Die Produktionszeiträume können je nach Modell variieren. Weltweit sind rund 1,9 Millionen Fahrzeuge betroffen, davon in Deutschland ca. 328.000. Anhand der Fahrgestellnummern der be­troffenen Fahrzeuge ermitteln wir die Kunden und schreiben diese an. Bis dato wurden in Deutsch­land mehr als die Hälfte der be­troffenen Fahrzeuge abgearbeitet. Untersuchungen zu den Ursa­chen von Bränden sind komplex und zeitintensiv. Eine eindeutige Ursachenbestimmung ist oft nicht möglich. Bei den bis dato aufgetretenen Fällen, die der AGR-Thematik zuzuordnen sind, entsteht in den meisten Fällen kein Brand, sondern eine lokale Verschmorung."

2018: 1,6 Millionen BMW-Diesel weltweit betroffen

AUTO BILD berichtete damals exklusiv über weitere Brände aus anderen Baujahren – und lag mit der Vermutung richtig, dass die Aktion nicht ausreichen würde. Bereits im Oktober 2018 legte BMW nach: Nun betraf die Aktion weltweit 1,6 Millionen Vier- und Sechszylinder-Diesel (August 2010 bis August 2017), in Deutsch­land 328.000 Fahrzeuge. Wegen der aus dem AGR-Kühler austre­tenden Kühlflüssigkeit könne es in Kombination mit Rußablage­rungen "in sehr seltenen Fällen zu Anschmelzungen im Ansaugkrüm­mer kommen" und schlimmsten­falls zum Brand. Aber das seien "Einzelfälle", die "kein signifikan­tes Risiko" darstellten, so BMW.

BMW nennt keine Zahl der abgebrannten Fahrzeuge

Das brennende Problem von BMW
"Ach, schon wieder ein BMW." Das hörte Heiko Revenstorff auch vom Abschleppunternehmer.
Im November 2019 wurde der Rückruf erneut ausgeweitet, um weltweit 232.000 (deutschlandweit 113.000) Vierzylinder-Diesel. Glei­ches Problem, wieder beteuerte BMW, die Brandgefahr sei "sehr gering". Auch jetzt wurden AUTO BILD im Zuge der aktuellen Berichterstattung weitere Fälle von Betroffenen zugetragen. BMW erklärt auf Anfrage nur, bis heute habe man mehr als die Hälfte aller in Deutschland betroffenen Fahrzeuge nachge­bessert, nicht aber die Zahl der abgebrannten Autos. Das Kraftfahrt-Bundes­amt in Flensburg kontrolliert die Maßnahmen des Auto­herstellers lediglich als "nicht überwachter Rückruf". Und das, obwohl es im Kodex zu freiwilligen Rückrufaktionen heißt: "Ergibt die behördeninterne Sachverhaltsbe­wertung, dass, entgegen der Festlegungen des Herstellers, ein ernstes Risiko besteht, prüft das KBA, ob die [...] vorgeschlagenen Maßnahmen zur Beseitigung des Risikos ausreichend sind und überwacht den Rückruf."
Matthias Moetsch

Kommentar

Grundsätzlich sind Nachbesserungsaktionen nichts Schlechtes. Bei diesem Rückruf auf Raten hingegen hat BMW gezögert und gezaudert. Autos haben Feuer gefangen, Menschen hätten verbrennen können. Und das Kraftfahrt-Bundesamt guckt mal wieder zu. Was muss eigentlich noch passieren?