Mit diesem Flügeltürer gibt's Zukunftsmusik aus zweiter Hand
Den BMW i8 gibt es nur noch aus zweiter Hand, die Produktion wurde eingestellt. Der Flügeltürer geht fast schon als Schnäppchen durch, zumal man für gebrauchte Hybridsportwagen von Porsche, Ferrari und McLaren siebenstellige Summen zahlen muss.
Der erste Test des BMW i8 in der AUTO BILD endete mit einem mittelmäßigen Urteil. Warum? Beeindruckend abliefern kann der i8 in puncto Power nur mit vollem Akku. Und der wird unter vollem Leistungseinsatz ziemlich schnell leergesogen. Das hat BMW zumindest geringfügig optimiert. Im Zuge der Modellpflege anno 2018 lancierte BMW mit dem Roadster eine zweite Karosserievariante, steigerte die Systemleistung um 12 auf 374 PS und erweiterte eben auch die Akkukapazität von 7,1 auf 11,6 kWh. So stromert der Sportler rund 50 Kilometer weit, mit dem kleinen Akku sind gut 30 drin. Besagter Test liegt ziemlich genau sechs Jahre zurück, die Produktion des i8 wurde vor kurzem eingestellt.
Die Kritik scheint inzwischen verflogen. Ob es sich um einen echten Sportwagen handelt oder es eine Rolle spielt, dass der Antrieb zwischen zwei Sprints für die maximale Leistungsabgabe eine Pause einfordert, dass muss man mit sich selbst ausmachen. Auf jeden Fall spielt der i8 in seiner eigenen Liga: Ein Mittelmotorsportler mit vier Sitzen und Carbon-Fahrgastzelle, da vor ein E-Motor, dahinter ein Dreizylinder-Turbo, dazwischen Flügeltüren und ein Akku. Wo sonst gibt es so etwas? Neben viel Faszination und der Sportwagenfrage bringt der i8 auch ein paar Sportwagen-Schrullen mit. Den großen Wendekreis zum Beispiel. Und nach dem Öffnen der extrem leichten Flügeltüren ist der Einstieg radikal, der zu überwindende Schweller ist extrem breit und hoch. In einen McLaren schlüpft man eleganter, weil dort die Türausschnitte oben und unten tief in die Karosserie reichen. Dazu lassen sich beim i8 die Seitenscheiben nicht vollkommen versenken, den stehen bleibenden Scheibenrand von etwa fünf Zentimetern verflucht man beim Ziehen eines Parktickets. Und wer unter die vordere Haube schauen möchte, muss erst links, dann rechts an einem gut versteckten Seilchen zupfen, um sich beim anschließenden Aufstellen große Sorgen zu machen, etwas an der Mechanik abzureißen oder zu verbiegen. Das Kofferräumchen im Heck ist nicht für Einkäufe zu gebrauchen, eher schon als Garküche. Denn Motorabwärme und die große Heckscheibe heizen das Abteil derart auf, dass man sich an den schwarzen Verkleidungsteilen schon mal die Finger verbrennen kann.
Die andere Seite des i8 ist sein Perfektionismus. Funktionalität und Struktur des Cockpits sind völlig frei von Schrullen. Jeder, der einen 1er bedienen kann, ist auch im i8 nach zehn Sekunden angekommen, iDrive sei Dank. Schalter, Grafiken, Automatikwählhebel, alles wirkt vertraut. Und doch fühlt man sich im i8 nicht gewöhnlich. Sowohl Cockpitlayout als auch der Ausblick nach vorn, zur Seite und über die Außenspiegel gen Heck auf die schwebenden Kotflügel sind ein Erlebnis. Der Akku unseres Testwagens ist leergesogen, die elektrische Reichweite wird mit zwei Strichen angegeben. Trotzdem verlassen wir mit ruhender Kurbelwelle den Händlerparkplatz des Autohauses Bad Oldesloe bei Hamburg. Elektrisch ablegen geht fast immer. Gut 80.000 zeigt der Kilometerzähler, unser Dauertest-i3 sah bei dieser Laufleistung im Innenraum schon ziemlich mitgenommen aus. Dieser i8 ist aber aus einem anderen Holz geschnitzt, wirkt innen fast neuwertig. Große Schwachstellen sind nicht bekannt, dafür ist der Bayer wohl auch noch zu jung und wird bisher hauptsächlich in BMW-Niederlassungen gewartet. Das empfiehlt auch Claus-Dieter Bachmann, Präsident des i8-Clubs. Immerhin sei der i8 so selten und speziell, dass Werkstätten für Wartung und Reparatur über die nötige Erfahrung verfügen sollten. Bachmann kennt viele i8-Besitzer und den i8 von der ersten Stunde an. Von der Haltbarkeit des 231-PS-Dreizylinders ist er überzeugt, berichtet nur von einem Motorschaden – bei etwa 200.000 Kilometern. Eine akzeptable Laufleistung für einen Motor, der in einem Sportwagen steckt. Bei dem Dreizylinder handelt es sich zwar um Großserientechnik, im i8 kommt der 1.5er allerdings auf eine beachtliche Literleistung von 154 PS. Das Zusammenspiel zwischen Turbo-Dreizylinder und Elektromotor funktioniert problemlos, auch bei unserem Testwagen. Zu- und Abschalten des Verbrenners verlaufen dank Startergenerator vollkommen flüssig – das tägliche Brot des i8 eben.
Technische Daten*
Motorbauart
R3-Turbo • E-Mot.
Einbaulage
Mitte hinten • vorn
Hubraum
1499 cm3
kW (PS) (System)
266 (362)
Nm (System)
570
Getriebe
6-Stufen-Automatik
Antriebsart
Allrad
Maße L / B / H in mm
4689 / 1942 / 1293
Leergewicht
1559 kg
0-100 km/h
4,4 s
Höchstgeschwindigk.
250 km/h
Neupreis
126.000 Euro (2014)
*Herstellerangaben
Der i8 tendiert zum Untersteuern
Günstig: Der cW-Wert beträgt 0,26, dank Alu und Carbon bleibt das Gewicht trotz Akku unter 1,6 Tonnen.
Trotz der Batterie ist der i8 nicht schwerer als ein aktueller 911. Er fühlt sich sogar noch leichter an, weil jedes Anfahren dank Elektro-Unterstützung fast schon spielerisch gelingt. Die aus der Bauweise resultierende Achslastverteilung ist nahezu ausgeglichen, die knapp 1,6 Tonnen des Coupés lasten zu 51 Prozent auf der Hinterachse. Und der Lithium-Ionen-Akku begünstigt einen tiefen Schwerpunkt. Eigentlich gute Voraussetzungen für ein neutrales Kurvenverhalten, tatsächlich tendiert der i8 aber zum Untersteuern. Ursache ist die Bereifung: Selbst in der breiten Werksausführung sind vorn nur 215er-Gummis aufgezogen, hinten 245er. Dazu ist das Format aufgrund der großen Räder (20 Zoll) relativ selten, bei der Reifenwahl für die Standardräder ist man eingeschränkt. Tuner wie AC Schnitzer bieten für den i8 Radsätze in 21 Zoll an (245/35 vorn, 285/30 hinten), die das Untersteuern weitestgehend eliminieren sollen. Unabhängig von der Bereifung ist der i8 ein fahrerisches Erlebnis. Auch weil er Sympathiepunkte bei einer breiten Masse erzielt, während er lautlos durch die Straßen gleitet. Sobald er gefordert wird, ist der Dreizylinder blitzartig da. Mit künstlichem Sound zwar, doch im Verbund mit dem E-Motor ist der Punch brachial. Ja, er fasziniert, der i8. Auch dann noch, wenn der Akku schon wieder leer ist.
Fazit von Stefan Novitski: Der i8 macht auch als Gebrauchter an, denn der Technologieträger wirkt auch nach sechs Jahren hochmodern und ist preislich eher unterbewertet. Dazu zählt der Hybridsportler in technischer Hinsicht zu den soliden Exoten. Urteil: vier von fünf Punkten.
Kosten
Inspektion
470-1000 Euro
Haftpfl icht (15)*
450 Euro
Teilkasko (29)*
338 Euro
Vollkasko (29)*
1631 Euro
Kfz-Steuer
30 Euro
Ersatzteilpreise**
Startergenerator (AT)
1932 Euro
Wasserpumpe
550 Euro
Kotfl ügel v. l. lackiert
1513 Euro
Bremsen vorn kompl.
1654 Euro
Nachschalldämpfer
1100 Euro
*Onlinetarif der HUK24-Versicherung: Zulassung in Hamburg, Fahrer nur Versicherungsnehmer und Partner (25 Jahre alt), jährliche Fahrleistung 15.000 km, Schadenfreiheitsklasse 1; **Preise inklusive 19 Prozent Umsatzsteuer für Originalteile, inkl. Arbeitslohn
*Weitere Informationen zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und zu den offiziellen spezifischen CO2-Emissionen und gegebenenfalls zum Stromverbrauch neuer Pkw können dem "Leitfaden über den offiziellen Kraftstoffverbrauch" entnommen werden, der an allen Verkaufsstellen und bei der "Deutschen Automobil Treuhand GmbH" unentgeltlich erhältlich ist (www.dat.de).