Der Carthago Chic A47/1 tritt als gebrauchter Premium-Alkoven in der Sieben-Meter-Klasse an. Sind die hohen Gebrauchtpreise gerechtfertigt? Der AUTO BILD REISEMOBIL-Check.
Wer bei der Suche nach einem gebrauchten Wohnmobil großen Wert auf Qualität legt, der landet nach kurzer Recherche fast automatisch auch beim Modellprogramm von Carthago. Den Premium-Mobilen eilt der Ruf voraus, zwar nicht ganz billig zu sein, aber dafür auch im Alter noch qualitativ zu überzeugen. Um zu checken, ob dieser Vertrauensbonus gerechtfertigt ist, haben wir einen 2003er Carthago Chic A47/1 von der "Wohnmobil Galerie" im schleswig-holsteinischen Hohenaspe genau unter die Lupe genommen. Immerhin noch 35.900 Euro soll der stattliche Sieben-Meter-Alkoven kosten, was sicherlich auch an der sehr niedrigen Laufleistung von nur rund 62.500 Kilometern und dem überzeugenden Pflegezustand liegt. Andererseits stellt dieser Kurs noch gut die Hälfte des damaligen Neupreises exklusive Sonderausstattung dar und ist gewiss kein klassisches Schnäppchen. Wer nur auf den Preis achtet, sollte ohnehin nach anderen Marken Ausschau halten. Denn die Langzeit-Qualität der Carthago sorgt für eine große Nachfrage.
Der Grundriss ist noch immer uneingeschränkt praxistauglich
Wohnlich-warme Holztöne und sechs Schlafplätze machen den Carthago zum behaglichen Familienmobil.
Das ist er: Ein Alkoven-Großkaliber, das alle Voraussetzungen für ausgedehnte Urlaube mit bis zu sechs Personen erfüllt. Auf ein für Reisemobilnutzung optimiertes Sprinter-Fahrgestell hat der schwäbische Reisemobilbauer einen gut isolierten Wohnaufbau gesetzt. Dieser punktet auch nach all den Jahren mit uneingeschränkt praxistauglichem Grundriss. Wasserschäden sind so gut wie unbekannt. Ganz vorne über der nüchtern gehaltenen Fahrerkabine residieren zwei Gäste im geräumigen Alkoven. Der bietet eine XXL-Liegefläche mit üppigen 210 x 165 Zentimetern Grundfläche und eine Höhe von 70 Zentimetern. Die Dinette lässt sich mit wenigen Handgriffen ebenfalls zu einem Doppelbett umbauen, was eine weitere bequeme Schlafzone mit 210 x 140 Zentimetern ergibt. Im Heck, hinter dem vollwertigen Bad und der komplett ausgerüsteten Küchenzeile, beherbergt der Carthago schließlich eine vollisolierte Heckgarage im Untergeschoss sowie, leicht erhöht im Wohnraum, ein kleines Séparée nebst u-förmiger Minisitzgruppe und platzsparendem Doppelstockbett. Der Look aus stapazierfähigen Birnbaum-Furnierfronten und blauen Velours-Stoffpolstern ist zwar nicht mehr ganz up to date, erinnern dafür optisch und in seiner Robustheit entfernt an das Interieur älterer ICE-Waggons aus der gleichen Epoche.Alles zum Thema Wohnmobile
Stimmige Details sind die Stärke des Carthago
Der Rost nistet sich zuerst an Blechfalzen und Kanten ein. Hier sollte ein Profi ran!
Das hat er: Reichlich Raum und gute Erbanlagen. Die Summe der technischen Fähigkeiten des Chic A47/1 erschließt sich erst auf den zweiten Blick, doch dann dürfte sie selbst anspruchsvolle Urlauber zufriedenstellen. Es sind die Details, die selbst nach 16 Jahren noch begeistern: Da wäre beispielsweise der wintertauglich ausgelegte, 38 Millimeter starke Sandwich-Wandaufbau mit isolierendem Hartschaumkern (Bodenstärke 40 Millimeter), aufwendige kältebrückenfreie Eckverbindungstechnik mit Aluprofilen in Doppelankerbauweise, der doppelschalige Alkoven und das durchdachte Ein-Schlüssel-System. Wie bei den meisten Oberklassemodellen üblich, setzt auch der Chic bei der Behaglichkeit auf eine komplexe Alde-Warmwasserheizung. Um noch viele Jahre Freude am wertigen Aufbau haben zu können, sollte der neue Besitzer jedoch zügig die momentan noch gut beherrschbaren, sprintertypischen Rostnester im Bereich des Vorderwagens bekämpfen.
Der einstige Top-CDI schiebt den Sprinter bullig an
Bei Sturm und in Kurven macht sich der 3,10 Meter hohe Aufbau naturgemäß leicht bemerkbar.
So fährt er: Angenehm relaxed. Zwar geizt dieser Carthago am Volant mit einst aufpreispflichtigen Luxus-Dreingaben und Nachrüstungen, doch dafür entschädigen seine praxisgerechte Ergonomie und der erfreuliche Qualitätseindruck: Auch nach 16 Jahren sorgt kein Klappern oder Knistern für Misstöne. Der längs verbaute Commonrail-Fünfzylinder-Turbodiesel grummelt sonor und wirkt dank seiner 156 PS angemessen kräftig: Der einstige Top-CDI schiebt den Sprinter aus dem Stand bullig an, der Aufbau liegt dank über vier Meter Radstand ruhig auf der Straße und ermöglicht trotz 3,10 Meter Höhe mühelose Autobahnetappen. Sicherheits- und umwelttechnisch sind die Abstriche jedoch deutlicher: nur Fahrerairbag, Antischlupfregelung und die Stotterbremse ABS sind mit an Bord. Um umweltplakettentechnisch in den grünen Bereich zu kommen, müsste der neue Besitzer einmal kräftig investieren: ein Dieselpartikelfilter käme zudem auch der Umwelt zugute.Fazit von Lars Jakumeit: Wer das Investment nicht scheut, bekommt mit dem Carthago ein tolles Familienmobil. Schwachpunkt ist das Basisfahrzeug, denn der Sprinter T1N rostet oft. Urteil: vier von fünf Punkten.