Manchmal sind wir Wohnmobil-Tester Opfer unserer eigenen Routine. Dann verlieren wir den Aufwand, den die Hersteller betreiben, ein bisschen aus den Augen. Beispiel Carthago: Wer einmal eine Werksführung im oberschwäbischen Aulendorf mitgemacht hat, spürt, mit welchem Perfektionsanspruch hier entwickelt und produziert wird. Dass es diese Qualität nicht für kleines Geld gibt, ist klar. Und dass Evolution besser als Revolution ist, ebenfalls. Zum Beispiel bei der Bestseller-Baureihe von Carthago, den teil- und vollintegrierten Chic-c-line-Mobilen. Im Herbst 2017 schickten die Aulendorfer mit dem chic c-line I 4.9 L (mit Einzelbetten) und dem 5.0 L (mit Queensbett) für jeweils 96.650 Euro zwei um 30 Zentimeter verlängerte Vollintegrierte ins Rennen. Aufpreis beim 4.9 L: 2850 Euro. Wer noch eine Schippe Luxus drauflegen will, kann die Superior-Varianten ordern (4.9 L: ab 99.990 Euro; 5.0 L: ab 99.900 Euro). Das ist er: Understatement ist nicht die Sache des gestretchten Superior-Vierneuners. Schon von außen gibt er sich durch entsprechende Schriftzüge und eine breitere graue Dekorfläche zu erkennen. Innen gibt's Behaglichkeit der konservativen Art: Wer die Kombination von mattem Kastanienbraun und Hochglanz-Beige mag, kommt voll auf seine Kosten – schon klar, die typischen Carthago-Käufer sind weder jung noch wild. Die Corian-Arbeitsplatte in der Küche und der Keramikeinsatz in der Thetford-Toilette (neu und serienmäßig beim Superior) verschönern den Alltag zusätzlich.

Der Schlafbereich lässt sich jetzt mit einer Schiebetür abtrennen

Carthago chic c-line I 4.9 L superior
Auf der lauschigen L-Sitzgruppe mit Zusatz-Seitensitz streckt man sich gern aus. Platz ist für fünf.

Das hat er: Als Neuheit bei der L-Version zwei deckenhohe Kleiderschränke links und rechts zwischen Raumbad und Schlafbereich. Wer es intim mag, kann Letzteren jetzt außerdem mit einer Schiebetür abtrennen. Für Paare, die das vordere Hubbett (1,95 x 1,60 Meter) entbehren können, hat Carthago eine 1990 Euro teure Alternative auf Lager: Sie hört auf den klangvollen Namen "Sky Dream Comfort" und umfasst Dachstaukästen über Cockpit und L-Sitzgruppe, einen abgehängten Himmel mit indirekter Beleuchtung sowie zwei Panorama-Dachfenster. Unser Testmobil ist außerdem mit dem "Super-Paket" veredelt: Klimaautomatik fürs Cockpit, Tempomat, Zentralverriegelung, elektrisch verstellbare Busspiegel mit Einstiegsbeleuchtung, Kurbel-Heckstützen, eine aufgewertete Heckgarage (unter anderem mit Gepäcknetzen), Truma-DuoControl-CS-Gasdruckregler mit Crash-Sensor, SOG-Toilettenentlüftung über Dachkamin, ein USB-Stecker über dem Heckbett, die Vorbereitung für Solar- und Sat-Anlage sowie ein DVD-Radio sind an Bord. Kostenpunkt: 4790 Euro, was laut Carthago einer Ersparnis von 2890 Euro entspricht. Hinzu kommt die bewährte Carthago-Technik: Doppelboden, von innen und außen zugängliche Stauräume auf Fahrer- und Beifahrerseite, weitere Fächer im Innern (im Einstiegsbereich mit integriertem Wasserablass) und eine leistungsfähige Stromversorgung über zwei 80-Ah-Batterien. Der praktische Kaffeemaschinenlift in der Küche ist serienmäßig, doch die dazu passenden Geräte kosten extra (ab 125 Euro). Wer noch Geld übrig hat und es luxuriös mag: Die Teilleder-Sitzbezüge des Testmobils gibt's für 1290 Euro.
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Der Durchschnittsverbrauch liegt bei nur 11,3 Litern

Carthago chic c-line I 4.9 L superior
Der Carthago hat hohe Sicherheitsreserven. Trotzdem sollte das Fiat-ESP einen Tick beherzter eingreifen.
So fährt er: Erstaunlich handlich für einen solchen Brummer im XXL-Format mit AL-KO-Tiefrahmen und einem zulässigen Gesamtgewicht von 4250 Kilo. Und erstaunlich sparsam, denn wir haben einen Durchschnittsverbrauch von nur 11,3 Litern auf unserer Testrunde gemessen. Mit angenehm niedrigen Windgeräuschen, direkt ansprechender Lenkung und gut dosierbaren Bremsen sammelt der Carthago weitere Pluspunkte. Auch ungeübte Fahrer trauen sich schnell selbst durch winklige Ortschaften. Störend wirken dabei allenfalls die riesigen Busspiegel, die das seitliche Sichtfeld behindern – nervig zum Beispiel in Kreisverkehren. Und der brummige Fiat-Ducato-Motor, hier in der Topversion mit 180 PS (4390 Euro Aufpreis). Er hat manchmal Mühe mit diesem Trumm, gerade in puncto Durchzugskraft. Auch das 2160 Euro teure, automatisierte Sechsgang-Schaltgetriebe stört mit seinen teils hektischen Gangwechseln bei niedrigem Tempo die Harmonie. Der Langstreckenkomfort ist trotzdem sehr gut, abgesehen von einer leichten Stuckerneigung des Ducato Fahrwerks auf schlechter Wegstrecke.
Der Aufwand, den Carthago treibt, ist groß. Das merkt man: Die Geräusche aus dem Aufbau halten sich in engen Grenzen, Schwachpunkte gibt es kaum. Dass ein solches Obendrüber-Reisemobil somit kein Sonderangebot sein kann, liegt auf der Hand. Urteil: 4,5 von fünf Punkten.