"Ob wir mit dem wohl genügend Kilometer zusammenbekommen?", war die große Frage in der AUTO BILD REISEMOBIL-Redaktion zu Beginn dieses Dauertests. Mit seiner 4,25-Tonnen-Zulassung kam der Carthago chic c-line I 4.9 LE schließlich nicht für jede Kollegin oder jeden Kollegen als Testmobil in Frage. Wie sich herausstellte, war unsere Sorge jedoch völlig unbegründet. Satte 31.558 Kilometer spulten unsere Tester mit dem Dickschiff ab – trotz der Beschränkung auf 100 km/h auf der Autobahn.
Woran das lag? Vor allem an der sehr komfortablen Kombination aus der 160-PS-Ducato-Variante und der wunderbar agilen Neunstufenautomatik, die den schweren Integrierten zum echten Cruiser machten. Es gab sogar den ein oder anderen Kollegen, der den großen Carthago als Langstreckenfahrzeug unseren anderen Dauertestmobilen vorzog. Denn seien wir ehrlich: Jenseits von 110 km/h wird es auch im Teilintegrierten ungemütlich.
AUTO BILD KLASSIK-Chef Malte Büttner testete den Carthago auf seine Familientauglichkeit.
Bild: AUTO BILD

Doch obwohl der chic c-line so sehr für seine Fahreigenschaften gelobt wurde, zieht sich ein Thema wie ein roter Faden durch das Dauertesttagebuch: die Aufbaugeräusche während der Fahrt. Zu Beginn unseres Tests – der Carthago hatte gerade einmal 917 Kilometer auf dem Tacho – gab der Integrierte nur auf sehr schlechten Straßen ein zartes und völlig akzeptables Klappern von sich. Je höher der Wert in der Anzeige kletterten, desto lauter wurde allerdings die Geräuschkulisse. Zum Dauertestende müssen wir leider von einem regelrechten Scheppern aus dem Wohnraum sprechen.

Das Wohnkonzept begeistert

Dabei hat das Wohnkonzept die Redaktion von Beginn an begeistert. So viel Stauraum, so eine große Dusche, und so viel Platz konnten unsere Testcamper lange nicht mehr in einem Reisemobil genießen. Die XXL-Liegewiese im Heck und das wundervoll geräumige Hubbett über dem Cockpit machten den chic c-line sogar familientauglich. AUTO BILD KLASSIK-Redaktionsleiter Malte Büttner prüfte den Carthago mit seiner Familie. Einen dicken Pluspunkt gab es danach unter anderem für den 170 Liter fassenden Frischwassertank und den anständigen Wasserdruck – endlich mal realistische Bedingungen, wenn vier Leute tatsächlich im Camper duschen wollen.
(Fast) Heimatbesuch. Der chic c-line fuhr mit Familie Büttner ins malerische Allgäu.
Bild: AUTO BILD

Und auch in Sachen Witterungsbedingungen wurde der chic c-line bei uns nicht geschont. Ob bei 41 Grad Außentemperatur oder zweistelligen Minusgraden in den verschneiten Alpen – der 7,39 Meter lange Integrierte wurde von unseren Testern quer durch Deutschland und Europa gescheucht. Südfrankreich, Belgien, Nordseeküste, Allgäu, Mosel und Stubaital stehen unter anderem als Tankstopps im Fahrtenbuch.
Motorisierung
Multijet 3 160 
Leistung
118 kW (160 PS) bei 3500 U/min 
Hubraum
2184 cm3 
Drehmoment
400 Nm bei 1500 U/min 
Höchstgeschwindigkeit
100 km/h (> 3,5 t) 
Getriebe/Antrieb
Neunstufen-Automatik/Vorderrad 
Tankinhalt/Kraftstoffsorte
90 l/Diesel + 19 l AdBlue 
Länge/Breite/Höhe
7390/2270/2890 mm 
Leergew. fahrbereit/Zuladung (Testmobil)
3610/640 kg 
Anhängelast (gebremst/ungebremst)
1800/750 kg 
Material Wand/Dach/Boden
Alu/GFK/GFK 
Stärke Wand/Dach/Boden
38/38/38 mm 
Isolierung Wand/Dach/Boden
RTM/RTM/RTM 
Liegefläche Heck L x B
1880/1980 x 820-2160 mm 
Maximale Innenhöhe/-breite
1980/2240 mm 
Kühlschrank/Eisfach
AES, 153/29 l 
Herd
Gas, 3 Flammen 
Bordbatterie
2 x Gel, 12 V/80 Ah 
Frisch-/Abwassertank
170/140 l 
Gasvorrat/Heizung
2 x 11 kg/Truma Combi 6 
Preis/Testwagenpreis
ab 116.000 Euro/140.655 Euro 
Testverbrauch
10,4 l D/100 km 

Wer mit einem solchen Brummer unterwegs ist, muss allerdings auch damit rechnen, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Vor allem, wenn man nicht zur klassischen Zielgruppe eines solchen Reisemobils gehört. Als ich selbst – 33 Jahre alt, vor zwei Jahren den C1-Führerschein bestanden – mit dem Carthago auf Dienstreise war, gab es den einen oder anderen ungläubigen Blick von den Campingnachbarn, wenn ich irgendwo zur Zwischenübernachtung anhielt und in Jesuslatschen und Hippiekleid aus dem Fahrerhaus sprang.
Die meisten Camper sind nämlich hervorragend informiert und wissen genau, wie viel so ein Carthago chic c-line I 4.9 LE mit ein wenig Ausstattung kostet (in unserem Fall 140.665 Euro). Bei vielen kamen dann Fragen auf wie: Wie kann sie sich das in dem Alter leisten? Was der wohl für ein Raumgefühl hat? Darf man den noch mit dem B-Führerschein fahren? Die, die sich nachzufragen trauten, bekamen natürlich die Auflösung. Und ich freute mich über sehr nette Gespräche mit unseren langjährigen und zukünftigen Lesern und Leserinnen.

Viel Gutes, manchmal Nerviges

Zu erzählen gibt es über unsere Mobile im Dauertest schließlich eine Menge. Meistens Gutes, manchmal Kurioses und leider auch mal Nerviges. Obwohl der Carthago so vielen Testcampern ein Lächeln ins Gesicht zaubern konnte, erlebten wir in den vergangenen zwölf Monaten auch die ein oder andere Panne. Den Anfang machten die hakeligen Schlösser der Heckgarage, die fies klemmten. Ein ganz ähnliches Verhalten zeigten dann leider auch die Druckverschlüsse im Innenraum des Integrierten, die häufig noch einen kleinen Stoß brauchten, um beim Öffnen herauszuspringen.
Wegen zu kurzer Schrauben fiel die Front ab.
Bild: Matthias Moetsch / AUTO BILD

Sehr überrascht war unser AUTO BILD-Kollege Matthias Moetsch, als er ganz plötzlich die Klappe des Dachschranks über dem Heckbett lose in der Hand hielt. Zwar hatten die Scharniere einen stabilen Eindruck gemacht, doch erwiesen sich die Schrauben, mit denen diese im Holz verankert worden waren, als zu kurz. Leider blieb es nicht bei diesem einen Malheur, denn trotz Reparatur durch den Kollegen, verabschiedete sich dieselbe Schrankklappe kurz vor Dauertestschluss beim Kollegen Thomas Wirth erneut. Dass es sich um keinen Zufall handelte, bewies dann zu allem Übel noch das Scharnier in der großen Bodenklappe, denn dies riss ebenfalls aus.
Probleme hatten viele Tester auch mit der Arretierung des manuellen Hubbettes. Eigentlich sollte dies beim Hochdrücken leicht an zwei Punkten einrasten. Auf der Fahrerseite gelang das aber nicht zuverlässig. Das Bett blieb zwar trotzdem stets an Ort und Stelle, doch ein mulmiges Gefühl fuhr mit. Und wurde leider bei einigen Testfahrten noch durch Probleme mit der Elektrik verstärkt. Während der 12-Volt-Stromkreis stets zuverlässig funktionierte, machte das Anstecken an 230 Volt immer mal wieder Ärger.
Wir nehmen es ganz genau. Die Dauertestcamper müssen ganzjährig Kilometer sammeln. Im Winter geht es gern nach Österreich. Wie hier zum Camping Edelweiß im Stubaital.
Bild: Matthias Moetsch / AUTO BILD

Besonders bitter traf es dabei Kollegen Moetsch, weil die Landstromverbindung ausgerechnet beim Wintercampen nicht funktionierte. Da half nur, das Kabel in den Innenraum zu verlegen, Strom zu sparen, und Handy, Tablet und Co. an der Kabeltrommel zu laden. Und zu hoffen, dass die Batterie lange genug durchhält, um Heizung und Wasserpumpe am Laufen zu halten – was dann zum Glück aber auch gut klappte. Ähnlich störrisch benahm sich übrigens auch der Kühlschrank, wenn es darum ging, ihn auf Gas laufen zu lassen.
An guten Tagen verrichteten die Geräte im Fahrzeug unauffällig ihren Dienst. Besonders viel Lob gab es, erfahrungsgemäß wie bei allem Reisemobilen von Carthago und Malibu, für das äußerst gelungene Beleuchtungskonzept. Das warme LED-Licht konnte mit Spots und/oder indirekt leuchtenden Leisten so kombiniert werden, dass eine für die jeweilige Situation angemessene Lichtstimmung entstand.

640 Kilo Zuladung

Unseren sportlichen Testern gefielen außerdem die unzähligen Fächer und Stauräume, untere anderem auch im durchgehenden Doppelboden. Bei 640 Kilo Zuladung konnte man zwar nicht gedankenlos schweres Zubehör ins Reisemobil packen, doch dass ein oder andere Spaßgerät fand durchaus seinen Platz. So versteckte Kollege Malte Büttner in der riesigen Heckgarage keine teuren E-Bikes, wie es die meisten Testcamper taten, sondern sein Motorrad, einen Oldtimer auf zwei Rädern: Seine kleine Yamaha XS 400 fand mühelos Platz im Heck. Während das mobile Heim für Komfort sorgte, sicherte das Moped den spaßigen Part der Allgäu-Tour.
Kollege Matthias Moetsch machte den harten Wintertest in Österreich. Fazit: Platz genug für Skiausrüstung, aber Ärger mit dem Strom.
Bild: Matthias Moetsch / AUTO BILD

Dass der Carthago so viele Transportmöglichkeiten hat und einen solch üppigen Wohnraum bietet, liegt nicht zuletzt an seiner stattlichen Breite von 2,27 Meter. Mit solchen Abmessungen war allerdings Vorsicht geboten, besonders in Serpentinen oder im unübersichtlichen Großstadtdschungel. Dennoch erwies sich der chic c-line als recht wendig für seine Größe und blieb in jeder Situation gut beherrschbar. Die Windanfälligkeit war kaum ein Thema, denn aufgrund der Begrenzung auf 100 km/h auf Autobahnen und 80 km/h auf Landstraßen geriet der Integrierte so gut wie nie ins Schlingern.

Geringerer Highspeed macht nicht viel aus

Übrigens: Obwohl der Carthago langsamer unterwegs war als seine Teamkollegen in unserem Testfuhrpark, haben wir auf unseren Standardstrecken, z. B. von Hamburg auf die A7 ins Allgäu, nicht bedeutend mehr Zeit gebraucht als mit einem 3,5-Tonnen-Fahrzeug. Besonders auf Langstrecken machen 15 km/h auf dem Tacho mehr oder weniger nämlich kaum etwas aus.
Eine von vielen Erkenntnissen, die wir aus einem Jahr mit dem Dickschiff mitnehmen. Zu denen gehört auch, dass es sich jenseits der magischen 3,5-Tonnen-Grenze viel entspannter packen lässt. Wer noch mehr Zuladung braucht, könnte den Carthago chic c-line I 4.9 LE auch mit einem Gesamtgewicht von 4,5 Tonnen zulassen. Das würde die Zuladung auf satte 890 Kilo erhöhen. Und den Puls beim Anblick einer Polizeikontrolle mit mobiler Waage noch einmal deutlich senken.
Aus unserer Sicht sprechen gerade bei integrierten Reisemobilen mehr Argumente für ein Ü-3,5-Tonnen-Fahrzeug. Das einzige richtige Problem ist die Sache mit dem Führerschein für die Camper-Generation, die langsam aus dem Bulli rauswächst.

Fazit

von

AUTO BILD
Er polarisiert die Redaktion! Der Carthago chic c-line ist ein überaus komfortabler und wunderbar durchdachter Integrierter mit vielen tollen Extras. Doch seinem Ruf als Premium-Camper wurde er bei uns leider nicht ganz gerecht.