Vertrauen ist der Anfang von allem, heißt es. Das gilt natürlich auch fürs Autofahren. Meistert man als Fahranfänger die ersten Kurven einigermaßen sicher, traut man sich zusehends mehr zu. Schneller einlenken, früher rausbeschleunigen, alles eine Frage der Übung. Und des Vertrauens – in die eigenen Fähigkeiten, in das Auto, in die Straße. Vertrauen zu anderen Personen hinterm Volant aufzubauen, fällt Autofahrern schon deutlich schwerer. Hat man das Steuer nicht selbst in der Hand, fühlt man sich schnell unwohl, ja fast ausgeliefert. Man bremst im Geiste mit, ärgert sich übers Tempo (zu schnell, zu langsam), wird nervös bei Überholmanövern, all das kennt vermutlich jeder in der ein oder anderen Form.

Vertrauen in Technologien schaffen

Display Ansicht
Auf dem Display sind andere Verkehrsteilnehmer, Gebäude und Straßenschilder dargestellt. Sie sind so angeordnet, wie der Fahrer sie in der Realität sieht. Wichtige Verkehrsinformationen – zum Beispiel das aktuelle Tempolimit oder die Restdauer der Rotphase einer Ampel – komplettieren die Darstellung.
Bild: ZF
Was aber, wenn nicht einmal mehr ein Fahrer hinterm Lenkrad sitzt, während das Auto mit einem durch den Stadtverkehr cruist oder über die Autobahn düst? Wenn man vom Mitfahrer plötzlich zum Fahrgast ohne Chauffeur wird? Weil das Auto von selbst fährt, gesteuert von elektronischen Assistenten, die unsichtbar in den Tiefen des Systems agieren? Dann ist Vertrauen wirklich das A und O. Vertrauen in die Technologie, in das Know-how der Entwickler, in die Kompetenz aller beteiligten Hersteller.
 
Autonomes Fahren – oder genauer: autonomes gefahren werden – ist eine Riesenherausforderung. Für alle Beteiligten. Die Technologie-Konzerne, die für die Assistenzsysteme verantwortlich sind. Die Automobilhersteller, die aus dem Zusammenspiel unterschiedlichster Assistenten und Komponenten ein markentypisches Fahrerlebnis komponieren. Die Insassen, die das Fahren in Teilen neu begreifen, ja erlernen müssen. Denn der Umgang mit Fahrerassistenz- und Komfortsystemen ist durchaus eine Wissenschaft für sich: Nicht immer sind die Funktionen intuitiv zu erfassen

Maximal vereinfachte Bedienung

Elektronische Assistenten entlasten den Fahrer und helfen, Unfälle zu vermeiden. Häufig fällt es jedoch schwer, sie zu aktivieren, einzustellen und zu überwachen. Komfort- und Sicherheitsfunktionen arbeiten isoliert voneinander und Bedienelemente sowie Anzeigen sind an unterschiedlichen Stellen angeordnet: vom Warnsignal im Außenspiegel über den Schalter am Blinkerhebel, dem Piktogramm im Cockpit bis zur LED an der Mittelkonsole.
Die ZF Friedrichshafen AG, einer der führenden Technologiekonzerne in der Automobilbranche, hat jetzt mit Unterstützung der fka Forschungsgesellschaft Kraftfahrtwesen mbH Aachen ein neues Interaktionskonzept entwickelt: Das ZF Concept 2020 ermöglicht auf einen Blick, den Status aller Assistenzsysteme zu erfassen. Muss der Fahrer in irgendeiner Form aktiv werden, fordert ihn Concept 2020 mit klaren Hinweisen zum Handeln auf. Interaktionen dieser Art stärken das Vertrauen in automatisierte Systeme, bestätigt eine wissenschaftliche Untersuchung.

So funktioniert das ZF Concept 2020

Fahrer am Steuer
Blick auf die Monitore des Systems. Rechts und links ersetzen Displays die Außenspiegel. Teil des Concept 2020 ist ein kombiniertes Gurtsystem aus Schlossbringer und Gurtstraffer. Erscheint eine Kollision unvermeidlich, zieht es den Gurt zusätzlich straff. Außerdem interagiert das "ZF ACR8" mit dem Fahrer: Durch hochfrequentes, vehementes Pulsieren signalisiert es dem Fahrer im Bedarfsfall, dass er handeln muss.
Bild: ZF
Ziel war es, ein Fahrzeugcockpit mit maximal vereinfachter Bedienung zu konzipieren. Eines, das alle Assistenz- und Regelfunktionen auf einer Bedien- und Anzeigenebene zeigt. Dabei sieht der Fahrer sein Fahrzeug auf dem Head Up Display Instrument Cluster (HUDIC) – einem zentral angebrachten Monitor – aus der Vogelperspektive. Der 360-Grad-Rundumblick informiert ihn über die Stärke und Ursache des Eingriffs der Assistenzsysteme. Uwe Class, Projektleiter von "Concept 2020" bei ZF: "Flugzeugpiloten kennen bildhafte Darstellungen wie den künstlichen Horizont schon seit fast 100 Jahren und nutzen das Prinzip bis heute. Was ihnen beim Erfassen der enormen Informationsmenge hilft, soll in Zukunft auch Autofahrern zu Gute kommen." Auch die Gestaltung des Lenkrads erinnert an das Steuer eines Flugzeugs: Der obere und untere Lenkradkranz wurden komplett gekappt. So bleiben zwei Lenkhörner mit Multifunktionstasten in Daumenreichweite.
Die sicherheitsrelevanten Funktionen der Assistenzsysteme visualisiert das System in Form eines Ovals. Mit maximal drei Linien umgibt es das Fahrzeug. Diese sogenannte "Active Vehicle Aura" (AVA) symbolisiert die Regel-Empfindlichkeit: Je mehr Linien gezeigt werden, desto früher und sanfter greift das System ein. Die Empfindlichkeit kann vom Lenkrad aus eingestellt werden. „So bewirken wir, dass alle Assistenzsysteme eines Fahrzeugs einer Philosophie folgen“, erklärt Uwe Class.

Geborgen in der Active Vehicle Aura

Leitet der Fahrer einen Spurwechsel ein, obwohl sich schräg hinter ihm – im toten Winkel – ein anderes Fahrzeug befindet, verfärben und verformen sich die AVA-Linien. Gleichzeitig reagiert das Assistenzsystem mit einem radindividuellen Bremseingriff und verhindert so das Ausscheren auf die andere Fahrbahn. Unterschiedliche Anwendungen wie ein Totwinkel-Assistent, ein Abstands-Tempomat oder ein Spurhalte-Assistent sind zentral im Display ablesbar und ebenso zu bedienen.
 
"Concept 2020" ist vorerst für teilautomatisiertes Fahren in Level 2 ausgelegt. Das heißt, die Hände bleiben am Lenkrad. Sobald höhere Levels der Automatisierung zur Anwendung kommen, entfällt das natürlich. Bis dahin kann Concept 2020 durch den selbsterklärenden Umgang effektiv dazu beitragen, Vertrauen in automatisierte Funktionen zu schaffen. Ein essenzieller Schritt auf dem Weg zum autonomen Fahren.