Corona-Wut: erst Kurzarbeit, dann Jahresurlaub?
Die Corona-Wut des deutschen Öl-Millionärs

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Liqui Moly-Chef Ernst Prost rechnet mit dem Verhalten einiger Arbeitgeber und Arbeitnehmer während der Corona-Pandemie ab – und verrät, wie wir die Krise hinter uns lassen können.
Bild: AUTO BILD
Ernst Prost ist der Chef des Schmiermittel-Herstellers Liqui Moly. In der Volksschule wurde er wegen seiner Akne gehänselt, aus seinem ersten großen Job ist er rausgeflogen – aber er gab niemals auf. Mit viel Fleiß arbeitete er sich vom Kfz-Mechaniker zum Multimillionär hoch. Aus einem kleinen Ulmer Unternehmen machte er den wichtigsten deutschen Öl-Hersteller, setzt auf "Made in Germany". Jetzt rechnet Prost mit dem Verhalten einiger Arbeitgeber und Arbeitnehmer während der Corona-Pandemie ab und verrät, wie wir die Krise hinter uns lassen können. Ein offener Wut-Brief:
"Klar hat Corona eingeschlagen. Wie ein Blitz, wie eine Kanonenkugel, wie eine Bombe. Was macht man in solch einem Fall? Ich predige Gegenwehr, Aufbäumen, Kämpfen, sich mit aller Kraft gegen diese Einschläge ins Kontor wehren. Was sehe ich – nicht überall – aber doch weit verbreitet? Genau das Gegenteil. Man nimmt billigend und teilweise fatalistisch hin, was so kommt, nimmt die staatlichen Fürsorgeprogramme in Anspruch und im Anschluss an die Kurzarbeit den Jahresurlaub. Geht nichts mehr wegen Corona? Oder geht nichts mehr wegen Kurzarbeit? Auch klar: Wenn alle alles runterfahren und in Urlaub fahren, dann geht nichts mehr. Das hat aber nur bedingt mit Corona zu tun.
Corona als Feigenblatt, um die Untätigkeit zu kaschieren
Handwerker erzählen mir, dass sie keine Ware bekommen, weil Werke immer noch geschlossen haben oder Kurzarbeit betreiben – und sie deshalb ihre Aufträge nicht erfüllen können. Verlage jammern mir vor, dass sie keine Anzeigen-Aufträge mehr bekommen, aber zu erreichen ist auch keiner. Lieferanten von uns liefern nicht, weil sowieso nichts geht – deshalb fehlen uns zum Teil Rohstoffe und Verpackungsmaterialien.
Da stimmt doch was nicht. Natürlich, wenn es billiger ist, die Mannschaft in Kurzarbeit zu schicken, dadurch die Lohnkosten zu drücken und auf diesem Wege trotzdem noch halbwegs profitabel – nein, nicht zu arbeiten, sondern zu existieren – dann ist schon klar, dass man Corona als Feigenblatt benutzen muss, um die eigene Untätigkeit zu kaschieren.
Urlaub? Bundesliga? Plötzlich egal, wenn die Insolvenz droht
Wie viele Jahre und Jahrzehnte ging es jetzt gut mit unserer Wirtschaft? Stetig bergauf, geprägt von Wachstum, Lohnzuwachs und fast schon automatisch sprudelnden Gewinnen? 'Nichts ist schwerer zu ertragen, als eine Reihe von guten Tagen', heißt es. Und noch schwerer ist es, von Erfolgen, Wohlstand und Bequemlichkeit, an die man sich sehr schnell gewöhnt, wieder auf Kämpfen, Malochen und "kleinere Brötchen backen" umzustellen.
Bei vielen Unternehmen und ihren Mannschaften hat die Bombe eingeschlagen und alles zerfetzt. Dort wird auch gekämpft, so wie man eben kämpfen muss, um zu überleben. In anderen Branchen und Firmen hat man Kurzarbeit und Homeoffice eher als zusätzlichen Urlaub oder als Sabbatical-Jahr verstanden. Je nachdem, wie gut der Staat mit unseren Sozialsystemen das Wasser, das manchen bis zum Hals steht, abgepumpt und Steuergelder reingepumpt hat. Wann kann ich wieder in Urlaub fahren, und wann beginnt die Bundesliga wieder? Sorgen der einen, während die anderen zum Insolvenzverwalter gehen müssen.
Nun ziehen die Einschläge immer größere Kreise und erfassen mittlerweile auch diejenigen, die relativ kommod auf einer vermeintlich sicheren Insel ihren Tätigkeiten in gewohnt gelassener Manier nachgegangen sind. Erst waren es Friseure, Cafés und Hotels. Und jetzt trifft es die einstmals kraftstrotzenden Automobilhersteller – und leider Gottes auch deren Zulieferer. Auf Kurzarbeit folgen Massenentlassungen. Die Banken schauen zu und kürzen Kredite. Auch für den Häuslebauer, der möglicherweise seinen Job verliert.
Krisen bekämpft man mit mehr Arbeit, nicht mit Kurzarbeit
Tja, Wirtschaft findet nicht in irgendeiner Blase statt. Nein. Wirtschaft, das sind wir alle – 83 Millionen Deutsche. Und einer hängt vom anderen ab. Made in Germany. Ein Markenzeichen, gewissermaßen ein Orden für hervorragende Qualität und Innovationen. Für mich aber immer schon auch eine Garantie für Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Ehrgeiz, Fleiß, Verantwortungsbewusstsein und die Fähigkeit, wenn es drauf ankommt, mehr zu leisten und härter zu arbeiten als in normalen Zeiten.
Krisen bekämpft man nämlich nicht durch Kurzarbeit, sondern nur durch mehr Arbeit. Tugenden sind gefragt, will man nicht absaufen. Die Tugenden haben wir. Wir müssen sie nur aktivieren. Dann meistern wir auch diese Krise, und die nächste und die nächste, die alle so sicher kommen werden wie das Amen in der Kirche."
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