Eigentlich ein(e) Traum-Kombi: A4 Avant mit Diesel und Automatik. Letztere arbeitete zwar stufenlos, im Duett mit der Antriebswelle aber leider nicht geräuschlos.
"Die Multitronic von Audi – technischer Vorsprung für mehr Dynamik, Komfort und Ökonomie." So weit die Ingolstädter Technik-Theorie. Unser Fotograf Christian Bittmann bekommt davon nichts mit, als er am 13. April letzten Jahres mit unserem Dauertest-A4 zu einer Produktion starten will. Schlüssel rein, Motor starten, Fahrstufe auf D und – abgewürgt! Eine Automatik, die uns einfach so auf der Kreuzung verrecken lässt: Vorsprung hatten wir uns ganz anders vorgestellt. Doch bevor wir uns Audis stufenlosem Kegelrad-Getriebe im Detail widmen, fangen wir die Geschichte doch von vorn an.
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Audi A4 Avant 40 TDI S line S tronic Virtual Cockpit
Unter südlicher Sonne: Auch Touren bis ins spanische Cambris erledigt der Avant gewohnt souverän.
Als der Audi A4 Avant 2.0 TDI sich am 22. Oktober 2009 bei uns zum 100.000-Kilometer-Dauertest meldet, denken wir: lecker! So modern, so misanorot, so Mannomann steht er da. Zugegeben, großen Anteil daran haben auch die vielen Extras, die das Leben an Bord ausgesprochen angenehm machen. Zusatzausstattung für rund ein Drittel des damaligen Neupreises (inklusive Automatik 37.150 Euro) treiben den Wert des Schönlings auf knapp 50.000 Euro. Doch dafür legt sich der Kombi auch so richtig ins Zeug. Schon im ersten Fahrtenbuch-Eintrag von AUTO BILD KLASSIK-Kollege Knut Simon finden sich auf fünf Zeilen die Worte "agil", "sportlich-komfortabel", "hochwertig" und "Roadrunner".Ähnlich positiv geht es erst mal weiter. Die sportlich-straffe Dämpfung provoziert auf schlechten Strecken zwar schon mal Unmut, der A4 erwirbt sich aber schnell eine guten Ruf und wird für Dienstfahrten gern gebucht. Auch das Antriebs-Duo aus 143 PS starkem Zweiliter-Diesel und der stufenlosen Automatik gefällt anfänglich – zumindest den meisten. "Der Audi macht Spaß, läuft gut – nur wer den Alltag mit einer A4-Rennserie verwechselt, den nervt der Gummibandeffekt beim Beschleunigen." Dauertest-Experte Manfred Klangwald bringt es auf den Punkt. Nur einigen Heißspornen mit eher digitalem Gasfuß ist der TDI zu betulich und schlapp.Weitere Kritik provozieren die scheinbar nach dem Zufallsprinzip reagierende schlüssellose Verriegelung, der Ersatz des Ölpeilstabs durch eine Anzeige im Display oder der beim Anlegen lautstark ratternde Außenspiegel rechts. Der Beliebtheit des A4 tut das allerdings keinen Abbruch. Und die aufmüpfigen Außenspiegel werden von Audi später ja auch besänftigt. Im Kreise der Alleinreisenden und Kinderlosen gibt es also Applaus. Sobald der Fond mehr als eine reine Gepäckraum-Erweiterung sein musste, kühlt die Stimmung allerdings deutlich ab.
Die Optik des Audi überzeugte von Anfang an – kaum einer, dem sein Design nicht gefällt.
"Tolles Auto, aber Familienkutsche geht anders – hinterm Fahrer (1,87 Meter) bleibt kaum Platz für einen Zweitklässler, und der Kofferraum ist schneller voll als das Kind angeschnallt", entlädt Archivar Willi Kock seinen Frust. Kommen wir wie versprochen zum Eingangsthema zurück: die Multitronic. Im Juni 2010 scheint es das erste Mal so, als wolle sie uns etwas mitteilen. "Der Antrieb klingt nicht gesund", notiert der aufmerksame Kollege Klangwald – und er soll recht behalten. Die Fehlersuche gestaltet sich aber langwierig: Im November 2010 werden der Freilauf der Lichtmaschine, die Spannvorrichtung des Mehrrippenriemens sowie Spann- und Umlenkrolle des Zahnriemens getauscht – das Geräusch bleibt.Wenige Tage später nehmen ein Motorenexperte aus dem Audi-Werk Györ und ein Getriebespezialist aus Kassel Ermittlungen auf. Es dauert, doch die geballte Audi-Kompetenz findet die Ursache, und die liegt gar nicht direkt beim Getriebe: Eine Verbindung zwischen Schaltbox und linker Antriebswelle hat sich gelockert. Audi tauscht trotzdem das eigentlich intakte Getriebe aus. Vorsichtshalber. Obwohl der A4 auch danach ab und zu noch absäuft, verlaufen die restlichen Kilometer problemlos. Ob das ohne Getriebetausch auch so gewesen wäre, bleibt Spekulation.Fest steht aber, dass die Multitronic-Macke dem A4 die Gesamtbilanz vermiest. Platz 29 – obwohl er die Schlussuntersuchung ohne Mängel besteht. Gut also, dass Audi bei der nächsten A4-Generation die Multitronic gegen ein Doppelkupplungsgetriebe tauscht. Schließlich wollen sie gern weiterhin über technischen Vorsprung sprechen, die Ingolstädter.
Die abschließende Untersuchung bestätigt den überwiegend positiven Eindruck aus den vorangegangenen 100.000 Kilometern: alles super. So hätte der A4 locker in die Top Ten fahren können – wäre da nicht die wackelige Verbindung zwischen Antriebswelle und Multitronic samt Getriebetausch gewesen. Dass der A4 auch mit diesem Manko bester Dauertest aus dem Hause Audi wird, dürfte allerdings zu denken geben.