DEKRA-Crash schwer einzuordnen

Stille, dann ein leises Rauschen – und schließlich der Crash. Auch wenn bei diesem Auto-Aufprall kein Mensch Schaden erleidet und nur der Dummy ins Lenkrad beißt, bekommt jeder Zuseher leichte Gänsehaut.

Show oder Wissenschaft – der jüngste Kleinwagen-Crash der DEKRA ist schwer einzuordnen. Kontrollierte Kollisionen gehören zur Auto-Entwicklung wie Benzin zur Tankstelle und beschäftigen hoch qualifizierte Techniker. Für diesen Test nahmen die DEKRA-Techniker alles etwas lockerer und besorgten alte Gebrauchtwagen aus dem Fahrzeugbestand. Vorgeschichte und -schäden: unbekannt.

Keine Laborbedingungen, sondern ein Unfall auf offener Straße, wie er täglich passieren kann. Und genau das macht betroffen. Beispiel: Smart (Bj. 99) gegen Fiat Seicento (Bj. 98), beide prallten seitlich versetzt mit etwa 50 km/h aufeinander. Der Fahrer im Seicento wäre nach dem Crash schwer verletzt, aber immerhin noch am Leben. Kaum zu glauben, wenn man die Karosserie betrachtet. Der Smart verhielt sich wie eine harte Nuss, sein Fahrer wäre mit einer Beckenfraktur davongekommen. Eindrucksvoll war der Splitterregen rund um den Kleinwagen, zahlreiche kleine Kunststoffteile wurden während des Zusammenpralls durch die Luft gewirbelt.

Mit dem Schrecken davongekommen

Einen leichten Job hatte der Dummy bei der nächsten Kollision im Peugeot 106 (Bj. 92): Er fuhr mit 50 km/h gegen einen mit 25 km/h kreuzenden Ford Ka (Bj. 97). Alle Werte des Peugeot-Dummys blieben unter der Belastungsgrenze, der Fahrer wäre mit dem Schrecken davongekommen.

Beim Fahrer des Ford wäre der Schock größer. Zwar hätte er keine lebensgefährlichen Verletzungen, allerdings befand sich ein Kinder-Dummy im Fond. Dieser prallte gegen den Fensteröffner des Dreitürers – ein Kind hätte das vermutlich nicht überlebt.

Der dritte Test stellte einen Auffahrunfall nach. Ein Renault Twingo (Bj. 93) zwischen Passat Variant und 5er-BMW. Der Twingo-Fahrer wäre gesund ausgestiegen, obwohl die Sitzlehne abbrach.

Alle Autos nach dem Crash Schrott

Natürlich, und darauf legt die DEKRA Wert, sind diese Versuche kein Vergleich. Zu unterschiedlich sind die Fahrzeuge. Dennoch gibt es zu denken, dass vor allem alte Konstruktionen mit großen Belastungswerten negativ auffallen. Alle Autos waren nach dem Crash nur noch Schrott.

Der Smart, immerhin der jüngste Test-Kandidat, sah auf den ersten Blick noch relativ gut aus, allerdings war der Fußraum auf der Beifahrerseite stark deformiert. Bei den anderen Kleinwagen braucht über eine Reparatur gar nicht nachgedacht zu werden.

Jeder Knall brachte den Airbag zum Rauchen und das Publikum zum Schweigen. Auch wenn der Test improvisiert wirkte: Wer diese Bilder sieht, beharrt nicht auf Vorfahrt, sondern denkt nach. Wir sind gespannt, wie die Industrie über derartige Tests denkt. Bei Redaktionsschluss waren den Herstellern noch zu wenig Fakten für eine Stellungnahme bekannt. Mal sehen, ob sie auch so geschockt sind wie das Crash-Publikum.

Kommentar von Redakteur N. Eickmann

Kommentar von AUTO BILD-Redakteur Nikolaus Eickmann Autohersteller und die Organisation EuroNCAP crashen seit Jahren nach genau definierten Parametern: Geschwindigkeit, seitliche Überdeckung der Barriere, deren Verformbarkeit, ja selbst der Abstand der Dummys zum Lenkrad und die Neigung der Sitzlehne, alles ist haarklein vorgeschrieben. Warum? Um eine verwertbare Vergleichbarkeit zu erhalten.

Bei den hier gezeigten Szenarien handelt es sich um so genannte Car-to-Car-Crash-Versuche. Und ihre Ergebnisse sind nur begrenzt aussagekräftig. Beim nächsten Crash könnte alles schon ganz anders aussehen. Denn: Die Vergangenheit der Fahrzeuge ist unbekannt, vielleicht waren auch ehemalige Unfallfahrzeuge im Test, keiner weiß das genau.

Sicher ist: Demnächst flimmern diese Bilder über sämtliche TV-Sender, sorgen für Panik und Einschaltquote. Motto: Nur die Show ist wichtig. Der Kameramann zeichnet spektakuläre Bilder auf, die begleitenden Kommentare (ver)formen das Horrorszenario. Der Feldversuch von DEKRA zeigt Einzelfälle. Nicht mehr, nicht weniger. Mit EuroNCAP hat das nichts zu tun.