"Nu isser schick für die Ausfahrt"

"So'n Maybach is vielleicht scheichmäßig abgeteuert", murmelt Andi ins Telefon. "Aber vonne Länge her ... höe auf. Nix Chefetage, weissu?" Klar, Andi, eure Kiste setzt da locker einen drauf. Würden wir gern mal sehen, das Ding. Einfach vorbeischauen? Ist gebongt, Andi. Bis übermorgen.

Das Gehöft nahe Rendsburg ist penibel gepflegt. Unkrautfreie Rabatten, renoviertes Fachwerk. Da hinten in der Scheune, dort muss es sein. "Moin. Geht gleich los", begrüßt uns Andi Feldmann: "Nur nochma durche Waschanlage." Heißt: Mit Benzin und Putzlappen über die Rostflächen und die Frontscheiben wienern – fertig. "Nu isser schick für die Ausfahrt."

"Moment noch, das Hupenseil is nich festgedengelt", dringt es aus der Fahrgastzelle. Stille, dann erbebt die Werkstatt unter schrillem Krächzen. "Mistteil. Müssen wir nochma bei, Andi." Der Mann steigt genervt aus, mustert uns. Schließlich streckt er lächelnd die Hand aus: "Tachschön, ich bin Rötger." Das ist also Andis großer Bruder. Rötger Feldmann. Bekannt als "Brösel". Erfinder und Verkörperung des Comic-Helden Werner, seit über 20 Jahren Kultfigur aller arbeitsscheuen und bierseligen Gesellschafts-Anarchos.

Vom Reisemobil zum Hauptdarsteller

So mögen jedenfalls missgünstige Stinkstiefel urteilen. Die, die in diesem Unikum ein skandalöses Altmetall-Gebirge sehen. Wir hingegen sind von der "Regentenschüssel", so sein Name, begeistert. Im Werner-Film "Gekotzt wird später" (seit 17. Juli 2003 im Kino) spielt es die Hauptrolle. "Der roadmoviegste Roadmovie aller Zeiten", so Rötger über das Zeichentrick-Werk.

Die Handlung? Ein alter Hut: Die Vorlage bildet ein Comic aus dem Buch "Werner – normal ja!" von 1987, der wiederum fußt auf realen Ferienerlebnissen der Brösel-Brüder im Jahr 1985. Damals als Reisemobil im Korsika-Einsatz: ein Oldsmobile Ninety-Eight von 1975. Als Vorbild für den aktuellen Streifen musste das gleiche Modell her. Rötger erklärt, warum: "Nur dieser fette Olds hat die rattenscharfen Spitzgotik-Rückleuchten. Voll mehrheitsfähig, Alder." Ach so.

In Kalifornien wurden sie fündig – Monate, nachdem die Entwürfe des Radikalumbaus als Vorlagen für die Filmzeichner fertig waren. Klar, dass sich das extreme Comic-Mobil nicht eins zu eins aus Blech nachformen ließ: Die acht Abgasrohre unter den Türen sowie die Haubenhutze fehlen der Live-Version. Dank der Handwerkskünste von Feldmann-Kumpel Jörg Reimann geriet es dennoch mindestens so dramatisch wie das animierte Pendant. Respekt.

Flachköpper-Plattform und Bölkstoff-Kühler

Inzwischen hat Andi die Regentenschüssel hinausbugsiert. Jetzt kommen die unglaublichen Dimensionen erst richtig zur Geltung: 1,17 Meter Höhe (deutlich flacher als ein Ferrari 360), 6,66 Meter Länge. Wie viel misst noch der gestreckte Maybach-Typ 62? "Sechssiebzehn – voll die Fahrschul-Kalesche", so Rötgers trockene Auskunft.

Vor allem aber, betonen die beiden Kulturschocker, fehlt dem Maybach die praxisnahe Ausstattung: Flachköpper-Plattform aus Edelholz am Heck, Bölkstoff-Kühler vorn. "Nach langer Fahrt ein jeder will's: vom Kühlergrill ein Fliegenpils", reimt Rötger und öffnet – plöpp! – den Bügelverschluss des Flaschenhalses, der als Galionsfigur dient. Ein Dreh mit der 3/8-Zoll-Knarre, und die beiden 30 Kilo schweren Grillhälften knallen hinunter. Dahinter lauern – "voll stolz zum Wegsaugen drappiert, Alder" – acht Flaschen der Werner-Hausmarke "Bölkstoff".

Na denn mal prost, Jungs! "Nee, is nich. Abpilsen erst nach Feierabend", mahnt Andi. Nanu, werden die immerhin 48 und 53 Jahre alten Krawallos etwa seriös? Irgendwie schon, meint Rötger: "Tachsüber is nur Mineralbrunnen am Start." Und "F... for TÜV" ist auch Vergangenheit: Im Herbst soll die Regentenschüssel zur Hauptuntersuchung.

Technische Daten • Basis Oldsmobile 98 Regency 1975 • V8-Motor • Hubraum 7468 cm3 • Leistung 153 kW (208 PS) bei 3800/min • maximales Drehmoment 502 Nm bei 2000/min • Heckantrieb • Dreigangautomatik • Länge/Breite/Höhe 6660/2030/1170 mm (original 5760/2030/1380 mm) • Leergewicht 2240 kg • Spitze ca. 175 km/h • Verbrauch ca. 26 l N/100 km