Schuften bei fast 30 Grad im Schatten

Von Henrik Fels Der Mann steckt voller Überraschungen. Das fängt schon beim Nachnamen an: Klein. In Wahrheit ist der 37jährige alles andere als klein: Fast zwei Meter mißt der blonde Pfundskerl aus Sarnow bei Anklam in Mecklenburg-Vorpommern. Und auch beim Beruferaten liegt man schnell daneben. So gar nichts deutet darauf hin, daß der große Klare aus dem hohen Norden Inhaber einer Werbeagentur ist: Lifestyliges ist ihm fremd, es zählen die Fakten. Klein spricht wenig, aber wenn, dann kommt er sofort auf den Punkt. Und das auch mit dem Gas- und Bremspedal, wie er im Finale eindrucksvoll bewies.

In der Motorsport Arena Oschersleben schleuderte, parkte und konzentrierte sich der Mecklenburger durch elf Einzelprüfungen und eine Teamwertung – anspruchsvolle Disziplinen, die den 50 Siegern der bundesweiten Vorrunden alles abverlangten.

Immerhin ging es ja nun um den Titel: Wer wird Deutschlands bester Autofahrer? In sengender Rekord-Hitze von 28,7 Grad im Schatten kam Klein diesem Ziel mit jedem Wertungslauf näher: Vor allem jene Übungen, bei denen Fahrzeugbeherrschung gefragt war, lagen ihm – der Spurwechsel nach rechts etwa oder die Zielbremsung. Aber auch die drei Theoriebögen füllte er mit weitem Abstand am schnellsten und zudem fast fehlerfrei aus. Am Ende hatte er eine Einzelwertung gewonnen, vier Top-Zehn-Plätze erreicht und fünf im vorderen Mittelfeld – eine beeindruckende Leistung.

Stolpe fordert ESP für alle Neuwagen

Wie nah er aber tatsächlich dem Gesamtsieg war, wußte er am Samstag abend, zu Beginn der Siegerehrung im Maritim Hotel Magdeburg, noch nicht, als er den Ausführungen von Ford-Vorstand Bernhard Mattes und Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe lauschte.

Der Minister hatte es sich eine Woche vor der Bundestagswahl nicht nehmen lassen, persönlich zu erscheinen: "Ist doch klar, denn die Sicherheit auf unseren Straßen hat Vorfahrt." Ein kleiner Rekord übrigens: Bereits zum vierten Mal in Folge ist Stolpe Schirmherr der Aktion, die im übrigen vom Ministerium auch finanziell unterstützt wird. Routine indes kam nicht auf. Stolpe nutzte gar das Forum aus hochkarätigen Industrievertretern, für den elektronischen Schleuderschutz ESP zu werben. Wenn es gelänge, alle Neuwagen ab Werk mit ESP auszustatten, hätten wir jährlich 1000 Verkehrstote weniger, sagte der Minister.

Nervlich arg ins Schleudern gerieten an diesem Abend auch die zehn Besten, als sie von Organisator und Moderator Wolfgang Mache nacheinander auf die Bühne gebeten wurden. Doch selbst in dieser heißen Phase überraschte Klein mit norddeutscher Gelassenheit: "Kann gut sein, daß ich relativ weit vorn lande." Aufregung, Nervosität? Fehlanzeige. Aber würde es wirklich für einen der beiden Hauptpreise reichen: den Ford Focus im Wert von 25.000 Euro oder den Ford Fiesta ST im Wert von 20.000 Euro?

Klein knackte als einziger die 400er-Marke

Es reichte. Mit 13 Punkten Vorsprung auf den Zweitplazierten, den 20jährigen Paul Plankmeister (396 Punkte) aus Dresden, knackte Rico Klein als einziger die magische 400er-Marke. Spätestens jetzt stand fest: Rico Klein ist uneinholbar der Größte.

Als Theorie-Kenner hatte er sich gegen 111.374 Mitbewerber durchgesetzt, als Fahr-Könner die 2000 Teilnehmer starke Vorrunde überstanden und schließlich sogar mit Grips und Gabe die Besten der Besten besiegt. "Ich fahr' eben gern Auto", lautete die Erklärung seiner Steuerkünste am Ende schlicht.

Doch fahrerisches Können allein reicht für einen Platz auf dem Treppchen nicht. Intelligenz, Fingerspitzengefühl und Besonnenheit sind mindestens ebenso wichtig. "Und genau deshalb ist diese AUTO BILD-Aktion für die Sicherheit auf unseren Straßen so wertvoll", lobte der Bundesverkehrsminister bei der Pokalübergabe. Am Ende ließ Sieger Klein durchblicken, wie autovernarrt er ist – für seine Verhältnisse in fast epischer Breite: "Wenn irgend etwas Räder und einen Motor hat, muß ich einfach ans Steuer und es ausprobieren." Das, lieber Rico Klein, überrascht uns gar nicht mehr.