Sie haben sich Viren gespritzt, Giftcocktails getrunken, Gliedmaßen amputiert, Katheter durch die Vene ins Herz geschoben, sich erhängt – Selbstversuche im Namen der Wissenschaft. AUTO BILD-Redakteur Joachim R. Walther hat der Geschichte des Selbstversuchs ein Kapitel hinzugefügt: Er startete beim Wettbewerb um Deutschlands beste Autofahrer.

Der Selbstversuch als Mutprobe

Deutschlands beste Autofahrer 2014
30 Tage lang tourt das AUTO BILD-Team durch sechs deutsche Städte.
Bild: Harald Almonat
Das Testlabor steht unter freiem schwäbischem Himmel in Cleebronn (bei Heilbronn). Auf dem Gelände von Deutschlands traditionsreichstem Vergnügungspark Tripsdrill. Der Versuchsaufbau ist vierteilig. Eine echte Mutprobe. Nichts für schwache Nerven. Schreie gellen über den Platz, dass es einem kalt über den Rücken läuft. Empfindsame Menschen sollten jetzt lieber nicht weiterlesen, noch können Sie aussteigen ... Die da schreien, können nicht mehr aussteigen. Sie sitzen nebenan in der Katapult-Achterbahn, die ihre Passagiere in 1,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigt. Ich setze meinen Körper einer ähnlichen Kraft aus, gebe im Fiesta Vollgas und rase auf rutschiger Straße auf fünf Lübecker Hütchen zu. Als ich den außen stehenden Hut mit 61,61 km/h erwische, bin ich froh, nicht seinen Selbstversuch-Job gewählt zu haben. Hütchen – in Fachkreisen auch Pylone genannt – zu sein, ist ein echter Knochenjob. Aber einer muss ihn ja machen. Wie konnte das passieren? Ganz einfach: zu spät oder zu viel gelenkt! Die Vorderräder finden auf glatter Straße zu langsam Halt. Ist das denn wirklich so schwer? Na ja, ich will keine fadenscheinige Entschuldigung suchen, muss aber sagen, dass die drei vorangegangenen Übungen den Körper bereits aufs Äußerste beansprucht hatten.

In Übung drei wird's körperlich

Deutschlands beste Autofahrer 2014
Berthold Hille (69) aus Kitzingen ist Rekordteilnehmer bei Deutschlands beste Autofahrer. Er war schon 15-mal dabei.
Bild: Harald Almonat
Es beginnt scheinbar harmlos mit 30 Theoriefragen. Aber da wird das Nervenkostüm schon stark aus der Reserve gelockt. Es geht um Anhänge- und Dachlast, Nachschulung, Vorfahrt, tote Winkel, Umweltschutz – der Katalog ist erbarmungslos. Wer mehr als zehn Fehlerpunkte sammelt, fliegt durch die Führerscheinprüfung. Hier sind sogar 20 erlaubt. Zum Glück, ich bleibe mit 18 Fehlerpunkten im Rennen, darf weitermachen. Die erste praktische Übung ist eine Art Biathlon. Statt zu laufen und auf Scheiben zu schießen, geht es hier ums Fahren und Zielparken auf einer Dartscheibe. Bei mir zeigt der Peilstab am rechten Kotflügel auf die 60. Geht so. 100 Punkte sind der Volltreffer. In Übung drei wird's körperlich: einparken. Die Nummer beginnt mit einem kraftzehrenden Fünf-Meter-Sprint von der Stoppuhr ins Auto – dann in die erste Lücke rangieren. Links! Meine Güte, über die linke Schulter kann man sich doch gar nicht drehen, oder? Ich tue es trotzdem und sehe – nichts. Egal, wieder raus aus der Lücke, wenden und rechts einparken. Gang raus, Handbremse ziehen, aussteigen, zur Uhr rennen und – stopp.

Man muss auch mal verlieren können

Der Selbstversucher fühlt sich wie der Zehnkämpfer nach dem abschließenden 1500-Meter-Lauf. Mit dem Unterschied allerdings, dass es hier gnadenlos weitergeht. Mit der anfangs beschriebenen Übung. Verstehen Sie jetzt, warum man topfit sein muss, um Deutschlands bester Autofahrer zu werden? Ich bin es nicht. Mich haben schon die 18 Fehlerpunkte der Theorie aus dem Rennen geworfen. Platz vier am 23. Tag der 30-tägigen Deutschland-Tournee. Aber nur die Tagessieger kommen ins Finale und dürfen um den Titel kämpfen. Oder sollte ich vielleicht Protest einlegen? Die eine Theoriefrage mit dem toten Winkel war doch echt unfair! Ach was – man muss auch mal verlieren können. Erst recht als Versuchskaninchen.
Von den 40 Finalisten stehen inzwischen 26 Teilnehmer fest.
In Leipzig und Cleebronn haben sich zuletzt folgende Tagessieger qualifiziert:Carsten Bregulla, 52372 Kreuzau; Thomas Bruch, 57234 Wilnsdorf; Ulrich Henkel, 63538 Großkrotzenburg; Manfred Kamphausen, 32791 Lage; Ulrich Kunzi, 71364 Winnenden; Eyüp Kurt, 75031 Eppingen; René Lobedan, 16341 Panketal; Dirk Matysik, 14199 Berlin; Christian Müller, 68647 Biblis; Jörg Paulsen, 22549 Hamburg; Christian Schnier, 73614 Schorndorf; Michael Stenmans, 47608 Geldern; Stephan Wagner, 04827 MachernDie letzten vier Finalisten wurden/werden vom 9. bis 12. Juli in Mainz (Gutenberg Center) ermittelt.

Außerdem qualifizieren sich die zehn bestplatzierten Damen aller Tourneetage für die Endrunde am 1./2. August in Baden-Baden.