Haftung, aber mit Milde rechnen

"Das ziehe ich dir vom Lohn ab!" Diese Drohung des Chefs ist schnell ausgesprochen, wenn der Angestellte den Firmenwagen demoliert zurückbringt und zur Beichte antritt. Für viele ein Schock – wie für den Malergesellen Thomas H. Der fragt in einem Internetforum verzweifelt: "Darf mein Boss das überhaupt? Der Vollkasko will er nichts melden."

Die Frage "Was wäre, wenn...?" stellen sich wohl alle Arbeitnehmern, die täglich am Steuer eines der 6,6 Millionen gewerblich zugelassenen Fahrzeuge in Deutschland sitzen – Handwerksgesellen, Lieferanten, Taxifahrer, Brummilenker. Und tatsächlich beschäftigt der Streit nach dem Firmenwagen-Crash oft die Gerichte. "Grundsätzlich bestehen natürlich Schadenersatzansprüche", sagt AUTO BILD-Rechtsexperte Rolf-Peter Rocke, "doch im Arbeitsrecht gilt eine Milderung der Haftung des Arbeitnehmers. Es kommt dabei auf den Grad der Fahrlässigkeit an, mit dem er den Schaden verursacht hat."

Diese Regelungen gelten für Dienstfahrten wie für die private Nutzung eines Fahrzeugs. Komplett auf die Rechnung des Chefs geht ein Schaden bei leichter Fahrlässigkeit, etwa wenn der Fahrer den Wagen durch unvorsichtiges Öffnen der Tür beschädigt.

Bußgelder muss kein Chef zahlen

Doch bei mittlerer Fahrlässigkeit, dem typischen Auffahrunfall etwa, kann es dem Arbeitnehmer an die Geldbörse gehen. "Aber ganz abwälzen darf der Chef den Schaden nicht", so Anwalt Rocke, "die Haftung beschränkt sich in diesem Fall in der Regel auf die Höhe der Vollkasko-Selbstbeteiligung." Pech also für den Fahrer, wenn sein Chef gar keine Vollkasko hat? Nein – dann wird eine fiktive Selbstbeteiligung zugrunde gelegt, die für das Fahrzeug üblich ist. Denn der Abschluss einer Vollkasko ist für den Arbeitgeber zumutbar (LAG Rheinland-Pfalz, Az. 5 Sa 391/00). Verzichtet er darauf, muss er auch das Risiko überwiegend tragen.

Richtig teuer wird es für den Fahrer bei einem Crash durch grobe Fahrlässigkeit, etwa beim Überfahren einer roten Ampel. Dann muss er im Prinzip für den Schaden voll haften. Steht aber ein hoher Schaden in "deutlichem Missverhältnis" zum Einkommen des Arbeitnehmers, wird seine Haftung in der Regel doch begrenzt – häufig auf drei Nettomonatsgehälter. Im Einzelfall kann es aber auch teurer kommen, sofern das finanziell zumutbar ist.

"Diese Grenze wird gezogen", so Anwalt Rocke, "damit aus einer Dienstfahrt für den Arbeitnehmer keine Existenzvernichtung resultiert." Nur für eine Forderung muss der Chef keinen Cent rausrücken: Bußgelder oder Geldstrafen wegen eines Unfalls durch Fahrfehler gehen allein aufs Konto des schuldigen Fahrers. Da zählen vor Gericht auch Argumente wie dieses nicht: "Ich bin zwar zu schnell gefahren – aber doch nur zum Wohle der Firma."