Die elektronischen Schaltgruppen von Komponentenhersteller Sram sind bekannt für ihre Nutzerfreundlichkeit. Die Motoren im Schaltwerk und (falls vorhanden) im Umwerfer werden per Funk angesteuert und speisen ihre Energie aus externen Akkus. Vereinfacht wird damit dank fehlender Schaltzüge nicht nur der Aufbau und die Wartung am Rad, sondern auch der Ladevorgang. Im Falle eines leeren Akkus können die die kleinen Energiespeicher entweder schnell getauscht oder zur Steckdose gebracht werden. Außerdem lässt sich die Begrenzung von Schaltwerk und Umwerfer zum Gangwechsel per App feinjustieren. So weit zur Sinnhaftigkeit der elektronischen Funk-Schaltgruppen des Herstellers. Seit dem 1. März 2023 ist die neue Generation der Sram Force AXS im Handel verfügbar – was kann sie?

Technische Daten

Technische Daten
Preis (komplett-Set)
1.715–2.515 Euro
Gänge
2×12 Gänge, 1×12 XPLR für Gravel/Allroad, Wide 1×12 und 2×12
Bremsen
hydraulische Scheibenbremsen
Powermeter
Achsenbasierte DUB-PWR-Einheit/
Spindelbasierte Quarq D-Zero-Technologie
Gewicht (lt. Hersteller)
2.747 Gramm (1-fach XPLR)
Upgrade
Oilslick-Optionen für Kassette und Kette
Website
 

Intuitives Schalten

Namentlich wurde die neue AXS Force um ein kleines Detail verändert. Die Bezeichnung "eTap" verschwindet – bisher wies es Schaltgruppen als elektronisch aus, laut Hersteller ist dieser Zusatz nicht mehr notwendig. Die Schaltlogik bleibt indes bestehen und lässt sich nach Belieben über die App einstellen. Pro Schalthebel gibt es jeweils einen Schaltknopf, der die Gänge per Fingerdruck kleiner oder größer schaltet. Drückt man beide Tasten gleichzeitig, wechselt der Umwerfer (bei zweifach-Schaltungen) aufs andere Kettenblatt. Außerdem wechseln die Gänge bei Dauerdruck auf eine der Schalttasten stufenlos durch. 
Wer das Bedürfnis nach mehr Schaltmöglichkeiten (z. B. auf dem Oberlenker) verspürt, kann sein Rad mit Srams Wireless-Blips-Zusatzschaltern ausstatten. Neben der Rival eTap AXS sind neuerdings auch die Brems-/Schalthebel der neuen Force mit diesem System kompatibel. Sie arbeiten kabellos und lassen sich individuell am Lenker anbringen. Positioniert man sie unterhalb vom Oberlenker, kann man schalten, auch wenn die Hände nicht nahe der Hörnchen sind. Insgesamt lassen sich sechs zusätzliche Schalter nutzen.
Sram, Cannondale Testrad, Force
Die Schalthebel beziehungsweise STI sind schmaler geworden.
Bild: Sram

Ergonomisch überarbeitet

Um den Nutzern eine haptische Verbesserung zu bieten, wurde die Form der Griffkörper bei der neuen Force AXS überarbeitet. Das Design entspricht nun den Griffen der Rival AXS-Schaltgruppe. Im oberen Teil der Griffkörper wurden die Blip-Anschlüsse entfernt, der Griffbereich verkürzt und die generelle Bauhöhe der Griffkörper verringert. Nicht nur die Griffe sind schlanker, auch die Fläche der Schaltwippen wurde reduziert. 
Die Bremshebel und die Kurbeln der Force AXS sind aus Carbon. Das günstigere Sram-Rival-Modell kommt bei gleicher Griffform mit Aluminium-Hebeln aus. Bekannt dürfte sein, dass Srams Schaltgruppen im Vergleich zu Shimano-Gruppen der gleichen Preisklasse generell mehr Gewicht auf die Waage bringen. Durch die Leichtbauweise und die reduzierte Form der neuen Force werden laut Hersteller immerhin 100 Gramm Gewicht gegenüber dem Vorgänger eingespart. Im Vergleich mit der preisähnlichen Shimano Ultegra Di2 2x12 bringt die 2x12-fach Force jedoch noch immer 265 Gramm mehr auf die Waage.
Sram, Cannondale Testrad, Force
Die neue Sram Force gibt es mit oder ohne Umwerfer zu kaufen.
Bild: Sram

Die Übersetzung im Detail

Die Art der Bremsen gibt die neue Force vor: hydraulisch, Felgenbremsen adé. Variabel ist hingegen die Gangbandbreite. Dafür sorgen zwei unterschiedliche Schaltwerke. Das Schaltwerk Force AXS 36T Max ist kompatibel mit einfach- und zweifach-Antrieben mit Kassetten von 10–28 Zähnen bis 10–36 Zähnen. Das Schaltwerk Force XPLR AXS ist speziell für 1x-Antriebe entwickelt und funktioniert ausschließlich mit 10–36-, und 10–44-Kassetten. Die Kurbeln der Force-Kettenblätter kommen mit integrierten 2x-Kettenblättern in der Auswahl 50/37, 48/35 oder 46/33 Zähnen. Für 1x-Antriebe gibt es das Kettenblatt in den Größen mit 36, 38, 40, 42, 44 und 46 Zähnen sowie Aero-Kettenblätter mit 48 und 50 Zähnen.
Alle Kurbelversionen gibt zudem auch mit Leistungsmesser. Den einfach-Antrieb und den zweifach-Antrieb mit Wide-Umwerfer für längere Steckachsen gibt es mit wellenbasiertem DUB-PWR-Leistungsmesser für die linke Kurbel. Die Messung erfolgt hier einseitig. Die Leistungsmesser der zweifach-AXS ist nicht nur vollständig in die Kettenblätter integriert, sondern gilt mit dem Quarq-Powermeter auch als deutlich präziser als das DUB-PWR-Modell. Die beidseitige Quarq-Leistungsmessung hat hingegen seinen Preis. Zum Vergleich: Während die zweifach-Wide mit einseitigem Powermeter bei 2.080 Euro liegt, liegt die zweifach-Schaltung mit zweiseitiger Leistungsmessung bei 2.515 Euro.
Sram, Cannondale Testrad, Force
Sram war 2016 Vorreiter der 12-fach-Schaltgruppe und setzt auch sieben Jahre später immer noch auf die größere Gangbandbreite. Die Akkus des Herstellers müssen je nach Schaltverhalten alle 1.000 bis 1.500 Kilometer geladen werden.
Bild: Sram

Mut zur Farbe

Auch optisch wurden die Komponenten der neuen Force aufgewertet, was Schaltwerk und -hebel hochwertiger erscheinen lässt. Sobald die Sonne ihre Fühler nach den Anbauteilen ausstreckt, geben die dezenten Force-Logos ein weites Farbspektrum an Regenbogenfarben zurück. Ohne den Lichteinfall erscheinen die Applikationen in schlichtem, wenngleich stilvollem Silber.
Für alle, die ihr Rad zusätzlich mit etwas mehr Glamour aufwerten wollen, bietet Sram die Kassette (Bezeichnung: XG-1290) und Kette in limitierter Oilslick-Regenbogenfarbe an. Die 401 Euro teuere Rainbow-Kassette ist auf Sram-Red-Niveau anzusiedeln. Die farblich passende Kette gibt es für rund 80 Euro.

Unser Testeindruck

Für den Langzeit-Test hat uns Hersteller Sram die neue Force AXS am Cannondale Topstone Carbon-Gravelbike zugeschickt. Verbaut war die einfach-Schaltung mit XPLR AXS-Schaltwerk mit 38 Zähnen vorne und 10–44 Zähnen hinten, ohne Leistungsmesser. Mit dem ersten Fingerschluss um die Schalthebel war der Unterschied zum Force-Vorgängermodell zu spüren. Die schlankere Griffform liegt besser in den Hand und fühlt sich weniger klobig an. Die kleinere Größe der Wippen reicht obendrein aus um ohne Probleme zu schalten. 
Sram, Cannondale Testrad, Force
Beim Graveln sind matschige Wege häufig ein Programm. Trotz Schlamm und reichlich Dreck am Antrieb wechseln die Gänge einwandfrei durch.
Bild: Philipp Geerken
Unsere Testfahrten führten uns über astreine Asphaltpassagen bis hin zu groben Gravelwegen, Ausfahrten von 20 Kilometer Länge bis hin zu 160 Kilometer Länge. Über einen Zeitraum von drei Monaten konnten wir immer wieder testen, was die neue Schaltgruppe kann. Und um ehrlich zu sein – wir haben uns vor jeder Ausfahrt aufs neue darauf gefreut. Was die Schaltgruppe nämlich immer wieder bewiesen hat, ist wie schön doch Ausfahrten sind, wenn man sich um das Schalten keine Gedanken machen muss. Keine? Naja, bis auf: hoch schalten, runter schalten, runter schalten, hoch schalten – egal ob wir Kraft auf die Pedale ausgeübt haben oder den Druck reduzierten, das Schaltwerk verrichtete innerhalb von Millisekunden knackig, präzise und leise seine Arbeit. Wäre doch mal etwas aufgefallen, hätte uns wohl die Sram-App zum fein justieren schnelle Abhilfe geleistet. 
Ebenfalls problemlos funktionierte der kleine Akku vom Schaltwerk. Da die kleine LED-Leuchte beim Schalten den Akkustand (rot, gelb, grün) anzeigt, liefen wir glücklicherweise nie unterwegs leer. Im Falle eines technischen Defekts oder aufgebrauchter Leistung kann ein Eratzakku im Trikot verstaut werden. Für all diejenigen, die daheim mehrere Sram-Akkus gleichzeitig laden wollen, gibt es übrigens neuerdings auch ein 4-fach-Ladegerät für die kleinen Aggregate zu kaufen. Es soll vier Aggregate in 60 Minuten laden können.
Sram, Cannondale Testrad, Force
Die 2x-Schaltgruppe inklusive spiderbasiertem Leistungsmesser.
Bild: Sram

Mehr Knöpfe – mehr Möglichkeiten

Unterhalb des Oberlenkers unseres Testrads waren beidseitig Wireless-Blips verbaut. Durch diese zusätzlichen Schaltknöpfe kann man die Hände überall am Lenker positionieren – Schalten geht immer, einen Gang pro Knopfdruck. Die Kompatibilität der neuen Force mit den kabellosen Zusatzschaltern ermöglicht ein praktisches Add-on für 100 Euro je Schalterpaar. Nichtsdestotrotz würde wir nicht zu diesem Upgrade raten. Denn die Knopfzellenbatterie der Schalter sind nicht austauschbar. Leere, beschädigte oder nicht mehr funktionierende Wireless Blips müssen entsorgt werden – Nachhaltigkeit sucht man da vergebens.
Abgesehen von den wenig umweltbewussten wenngleich praktischen Zusatzknöpfen, mit denen nun auch die Force kompatibel ist, haben wir an der Schaltgruppe nichts zu monieren. Sie tut schlicht, was sie soll, ganz ohne Tadel und mit verbesserter Haptik. Zwar kommt die Force-Gruppe in Sachen Gewicht noch immer nicht an den Konkurrenten Shimano heran, aber immerhin holen die Amerikaner auf. Noch dazu werten die Komponenten durch ihre Eleganz wohl jedes Rad mühelos optisch auf. Wer noch mehr Glamour möchte, kann auf die Oilslick-Kompontenten zurückgreifen.