Fahrbericht Bugatti Veyron
Willkommen im Alltag

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1001 PS auf der Rennstrecke sind kein Kunststück. Die wahre Herausforderung für ein PS-Monster liegt auf der Straße – AUTO BILD hat sie angenommen.
Man hört das Tier schon von weitem brüllen, doch Ton und Bild laufen zunächst asynchron. Erst auf der Uferstraße schlägt das Echo unverwechselbare Akustikbrücken quer über die Bucht – Vorhang auf für die Veyron-Dröhnland-Symphonie mit 16 Zylindern, vier Turbos und 64 Ventilen. Ein Hund bellt, ein Kind weint, ein Nachbar beschwert sich. Der Veyron ist der geborene Kommunikator. Wer ihm begegnet, stellt automatisch Fragen. Als Journalist und Hüter auf Zeit sollte man die wichtigsten Fakten im Schlaf herunterbeten können. Zum Beispiel diese: Das Teil kostet so viel wie 47 Golf GTI, bei Dauervollgas ist der 100-Liter-Tank nach 21 Minuten staubtrocken, der vordere Nummernschildhalter kostet als Ersatzteil 610 Euro. Ach ja, und Bugatti hat den Preis gerade um 100.000 Euro auf 1,1 Millionen Euro erhöht. Das macht mit Steuer dann 1,276 Millionen Euro. Während unserer Dreitagestour war Mitfahren grundsätzlich umsonst. Danach hatte jeder Passagier leuchtende Augen. Nur meine Frau heulte wie ein Schlosshund: "Ich will raus hier!" – und das bei 6000 Touren im dritten Gang. "Sofort raus. Oder ich habe gestern dein letztes Hemd gebügelt." Ein mutigerer Ehemann hätte geantwortet: "Nicht die Geschwindigkeit an sich ist gefährlich, sondern der verantwortungslose Umgang mit ihr." Doch ich bin einfach nur vom Gas gegangen und habe den Mund gehalten.
Auf der Teststrecke spült der Veyron 91 Liter durch

Der EB 16.4 liebt Rennstrecken mit Kurven und Geraden, aber er hasst den Alltag mit Spurrillen und Randsteinen. Da wird man ganz vorsichtig, schließlich verlangt der Hersteller für einen Radsatz (22-Zoll-Rad plus 400-km/h-Reifen) 55.000 Euro. Ebenfalls nur mit größter Vorsicht zu befahren sind öffentliche Parkhäuser. Das liegt an der schlechten Sicht, an den gewaltigen Abmessungen, am Zwölf-Meter-Wendekreis und an den steilen Auffahrten. Weil sich im Gegensatz zu Lamborghini Gallardo und Murciélago die Veyron-Schnauze nicht hydraulisch anheben lässt, schrammt bei jedem Bodenkontakt sündhaft teures Carbon über den Asphalt, dass es in der Seele wehtut.
Der ärgste Feind des Bugatti jedoch ist die Radarfalle. Wer nur 2,5 Sekunden benötigt, um sich von null auf 100 km/h zu beamen, reagiert halt besonders empfindlich auf Lichtschranke und Infrarotblitz. Doch bei unserem Fototermin mit der Münchener Verkehrspolizei geben sich die Damen und Herren in Grün ganz entspannt. Probe sitzen ist angesagt – und dann auch noch die eine oder andere Mitfahrt. So schafft man sich Freunde. Der jüngste Veyron-Fan heißt Vanessa und trägt eine Zahnspange, der älteste Passagier ist eine rüstige Oma, die "davor noch nie in einem Ferrari gesessen ist". Regelrecht zu Tränen gerührt ist Bob aus Arkansas, der trotz längst leeren Foto-Handy-Akkus mit sanfter Gewalt aus dem klimatisierten Cockpit herauskomplimentiert werden muss. Der Veyron und ich, wir hätten gemeinsam alte Bekannte besuchen, im Tennisverein für Aufsehen sorgen oder in einem voll besetzten Straßencafé die Köpfe verdrehen können. Statt dessen sind wir einfach nur gefahren, mal Zeitlupe und dann wieder volle Kanne, mal Landstraße, dann wieder Autobahn, zwei- oder dreimal sogar mit ausgeschaltetem ESP und mit mehr Feuer im Heck, als es dem Blutdruck guttut. Trotz Allradantriebs ist der Bugatti kein kastrierter Stromer, sondern – auf Wunsch – ein feuriger Quertreiber, der viel Platz braucht, schnelle Reaktionen und vor allem ein großes Herz.
Der ärgste Feind des Bugatti jedoch ist die Radarfalle. Wer nur 2,5 Sekunden benötigt, um sich von null auf 100 km/h zu beamen, reagiert halt besonders empfindlich auf Lichtschranke und Infrarotblitz. Doch bei unserem Fototermin mit der Münchener Verkehrspolizei geben sich die Damen und Herren in Grün ganz entspannt. Probe sitzen ist angesagt – und dann auch noch die eine oder andere Mitfahrt. So schafft man sich Freunde. Der jüngste Veyron-Fan heißt Vanessa und trägt eine Zahnspange, der älteste Passagier ist eine rüstige Oma, die "davor noch nie in einem Ferrari gesessen ist". Regelrecht zu Tränen gerührt ist Bob aus Arkansas, der trotz längst leeren Foto-Handy-Akkus mit sanfter Gewalt aus dem klimatisierten Cockpit herauskomplimentiert werden muss. Der Veyron und ich, wir hätten gemeinsam alte Bekannte besuchen, im Tennisverein für Aufsehen sorgen oder in einem voll besetzten Straßencafé die Köpfe verdrehen können. Statt dessen sind wir einfach nur gefahren, mal Zeitlupe und dann wieder volle Kanne, mal Landstraße, dann wieder Autobahn, zwei- oder dreimal sogar mit ausgeschaltetem ESP und mit mehr Feuer im Heck, als es dem Blutdruck guttut. Trotz Allradantriebs ist der Bugatti kein kastrierter Stromer, sondern – auf Wunsch – ein feuriger Quertreiber, der viel Platz braucht, schnelle Reaktionen und vor allem ein großes Herz.
Aus dem Stand ist man nach 17 Sekunden auf Tempo 300
Jeder Boxenstopp bringt ein neues Frage-und-Antwort-Spiel. Die Höchstgeschwindigkeit von 406 km/h ist fast immer ein Thema, und auch die Kosten werden heiß diskutiert. Einmal volltanken 150 Euro, okay, geht durch. Aber dass ein neues Getriebe 105.000 Euro kostet und ein neuer Motor sogar 250.000 Euro, das macht schon nachdenklich. Wer sich das leisten kann? Unter anderem Herr und Frau Gates, Ursula Piëch und Ralph Lauren. Obwohl bereits 110 feste Bestellungen vorliegen, wurden bislang nur 16 Fahrzeuge an Kunden ausgeliefert. Die Produktion ist auf 300 Einheiten limitiert, da müssen sich schon noch ein paar ultrareiche VIPs melden. Während die meisten Supersportwagen zwischen 200 und 300 km/h ihre Sternstunde haben, öffnet der Bugatti ein völlig neues Tempo-Fenster. Nach 17 Sekunden passiert er aus dem Stand die 300-km/h-Marke, weitere 20 Sekunden später ist bei 370 km/h zunächst einmal Schluss. Wer unbedingt 406 fahren will, muss per separatem Schlüssel im linken Türschweller das aerodynamische Set-up anpassen und sich mental entsprechend vorbereiten.

Auch das Fahrwerk kann viel: Traktion, Grip, Straßenlage und Beherrschbarkeit sind exzellent. Doch der Komfort leidet unter den harten Dämpfern, den straffen Federn und den steifen Flanken der Michelin-PAX-Reifen. Obwohl die Karosserie einen Anpressdruck von bis zu 350 Kilogramm erzeugt, sind Querfugen und Kuppen bei hohem Tempo nicht ganz unkritisch. Was bleibt nach drei Tagen Veyron? Es ist völlig unmöglich, sich dem Bann des 1001-PS-Monsters zu entziehen. Der Dampfhammer hinterlässt unauslöschliche Spuren auf der Festplatte der Erinnerung. Von diesem Erlebnis darf das Ego ewig zehren, die Kinder werden ihre Eindrücke noch an ihre Enkel weitergeben. Die eigenen Auto-Träume sind ohnehin längst außen blau-schwarz und innen tabakbraun.
Technische Daten: W16-Mittelmotor • vier Ventile pro Zylinder • vier oben liegende Nockenwellen • vier Turbolader • Hubraum 7993 cm³ • 736 kW (1001 PS) bei 6000/min • 1250 Nm bei 2500/min • Allradantrieb • Siebengang-DSG-Getriebe • Einzelradaufhängung vorn und hinten • Tankinhalt 100 Liter • Länge/Breite/Höhe 4465/2000/1205 mm • Radstand 2710 mm• Leergewicht 1890 kg • Spitze 406 km/h • 0–100 km/h in 2,5 Sekunden • Preis 1.276.000 Euro (bei 16 Prozent Mehrwertsteuer)
Technische Daten: W16-Mittelmotor • vier Ventile pro Zylinder • vier oben liegende Nockenwellen • vier Turbolader • Hubraum 7993 cm³ • 736 kW (1001 PS) bei 6000/min • 1250 Nm bei 2500/min • Allradantrieb • Siebengang-DSG-Getriebe • Einzelradaufhängung vorn und hinten • Tankinhalt 100 Liter • Länge/Breite/Höhe 4465/2000/1205 mm • Radstand 2710 mm• Leergewicht 1890 kg • Spitze 406 km/h • 0–100 km/h in 2,5 Sekunden • Preis 1.276.000 Euro (bei 16 Prozent Mehrwertsteuer)
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