Bügel-, Falt- und Kettenschlösser
17 Fahrradschlösser im großen Labor-Test

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Sie haben ein neues Fahrrad und wollen es noch lange behalten? Wählen Sie das richtige Schloss. Wir haben 17 Modelle unter die Lupe genommen.
Bild: J. Kubica
Inhaltsverzeichnis
Ungefähr 300.000 Fahrräder werden jedes Jahr in Deutschland gestohlen. Viele Leute verzichten sogar auf die Anschaffung eines hochwertiges Rads, weil es „ja sowieso irgendwann geklaut wird“. Dabei gibt es durchaus wirksame Maßnahmen, um Dieben ihr Handwerk massiv zu erschweren. Erstens: Wenn möglich, sollte man sein Rad so oft wie möglich in geschlossenen Räumen abstellen. Zweitens: Draußen sollte es jederzeit an einen festen Gegenstand angekettet sein – und zwar mit einem hochwertigen Schloss.
Ein vernünftiges Fahrradschloss muss Angriffen mit handelsüblichen Werkzeugen standhalten. Das Metall muss hart genug sein, damit Säge und Bolzenschneider es nicht durchteilen können. Gleichzeitig muss es weich sein, damit man es nicht durch Verbiegen oder Verdrehen zerbrechen kann. Der Schlosskörper darf keine Angriffspunkte für Werkzeug bieten und muss auch gegen Trickdiebe gewappnet sein. Je hochwertiger der Schließzylinder, desto geringer die Chance, das Schloss mit einem Spezialwerkzeug „sanft“ zu knacken.
Der beste Indikator für ein Schloss, egal welcher Art, ist der Preis. Wir empfehlen, für ein Fahrradschloss mindestens 50 Euro auszugeben. Im Preisbereich von 50 bis 100 Euro benötigen Diebe in der Regel Spezialwerkzeug oder sehr viel Zeit und Ruhe zum Aufbrechen. Kaufen Sie Ihr Schloss von einem namhaften Hersteller und nicht irgendein No-Name-Produkt. Bei hochwertigen Rädern sollte der Kaufpreis des Schlosses zehn Prozent des Fahrrad-Werts betragen. Ängstliche Menschen, die bei einem Rad von mehr als tausend Euro ganz sichergehen möchte, befestigen es mit zwei Schlössern unterschiedlicher Art.

Für diesen Test kam eine spezielle Metallsäge zum Einsatz. Ausschlaggebend ist die Dauer, bis das Metall durchtrennt ist.
Bild: Lennart Klocke
Sicherheit ist nicht alles
Je schwerer, desto sicherer: Ein Fahrradschloss ist ein großes Metallteil, mindestens ein Kilogramm schwer. Keine leichte Aufgabe, dieses sinnvoll am Rad zu befestigen. Die schlechteste Möglichkeit ist, das zusätzliche Gewicht in den Rucksack zu stecken, das belastet den Rücken.
Bügelschlösser werden meist mit einem Klemmmechanismus am Sitzrohr befestigt. Dadurch, dass es mittig liegt, fällt das Zusatzgewicht kaum auf. Kettenschlösser können um die Sattelstütze gewickelt werden. Wenn es von der Länge passt und nicht klappert, kann das eine gute Lösung sein. Einige Kettenschlösser können auch wie eine Schärpe am Oberkörper getragen werden.
Die Transportproblematik dürfte der Grund sein, warum sich Faltschlösser einer großen Beliebtheit erfreuen. Die Halterung dafür kann am Rahmen befestigt werden, und zusammengeklappt nimmt ein Faltschloss nur so viel Platz ein wie eine kleine Trinkflasche. Sie sehen schon: Das für Sie beste Schloss ist nicht nur das sicherste, sondern auch das, das Sie ohne viel Umstände transportieren können. Hier finden Sie einen Überblick.
Ein starrer Metallbügel und ein robuster Schlosskörper ohne viele Angriffspunkte: Das Bügelschloss hat den Ruf, die sicherste Variante unter den Fahrradschlössern zu sein. Tatsächlich – und das zeigte auch unser Labortest – ist ein gutes Bügelschloss extrem schwer zu knacken. Um an das Fahrrad zu kommen, müssen Stahlbügel und Schlosskörper meist an zwei Stellen zerstört werden, keine leichte Aufgabe für den Dieb.
Die starre Konstruktion wird zum Nachteil, wenn es um Flexibilität geht: Ein Bügelschloss nimmt relativ viel Platz am Fahrradrahmen ein und erfordert eine gut gemachte Halterung, damit es nicht klappert. Außerdem kann ein Bügelschloss Probleme bereiten, wenn zum Beispiel die Straßenlaterne, an der das Rad befestigt werden soll, besonders breit ist oder man nur mit etwas Abstand zum Rahmen anschließen kann.
In Sachen Gewicht liegen Bügelschlösser im Mittelfeld. Alle getesteten Modelle konnten in puncto Sicherheit überzeugen, mit normalem Werkzeug ist ihnen nicht beizukommen. Deutliche Unterschiede hingegen gibt es bei den Befestigungsmöglichkeiten und bei der Größe.
Technische Daten & Wertung: Bügelschlösser im Test
Kryptonite Evolution LS
Trelock BS 650
Hiplok DX
Abus Granit XPlus 540
Masterlock 8278
Maße in cm
Varianten
Preis
Gewicht
Größe
Befestigung
Sicherheit
Punkte
Note
Website
Flexibel wie ein Kettenschloss und dabei kompakt in der Halterung: Das Faltschloss ist der beste Kompromiss aus Sicherheit und Alltagstauglichkeit. In der Rahmenhalterung nimmt es nur wenig Platz ein, gleichzeitig bietet es meist deutlich mehr Befestigungsmöglichkeiten als ein Bügelschloss.
Abus war mit dem Bordo der erste Hersteller, der ein qualitativ gutes Faltschloss auf den Markt gebracht hat, inzwischen gibt es allein von diesem Bestseller mehr als zehn Varianten. Andere Hersteller haben inzwischen nachgezogen und eigene Faltschlösser auf den Markt gebracht.
Allerdings geht das kompakte Packmaß zu Lasten der Sicherheit: Mehr bewegliche Teile in der Konstruktion bedeuten auch mehr Schwachstellen, Faltschlösser gelten an den Gelenken als angreifbar, außerdem lassen sich die dünnen Elemente unter Umständen mit Hebelkraft verdrehen. Im Test zeigte sich: Grundsätzlich sind auch Faltschlösser sicher genug. Schade, dass der große Erfolg auch Fluch ist, einige Diebe sind wegen der großen Beliebtheit geradezu darauf spezialisiert, Bordos zu knacken.
Technische Daten & Wertung: Faltschlösser im Test
Abus Bordo 6000
Kryptonite Kryptolok 610
Trelock FS 500 Toro
Varianten
Preis
Halterung
Gewicht
Länge
Packmaß
Sicherheit
Punkte
Note
Website
Die gute alte Kette ist immer noch das Symbol für Sicherheit. Auch wenn sich eine Kette nicht so optimal am Rahmen befestigen lässt, bietet sie maximale Flexibilität in puncto Ab- und Anschließmöglichkeiten. Kettenschlösser, meist zwischen 90 und 120 Zentimeter lang, lassen sich um alle möglichen Gegenstände wickeln und zur Not auch verdrehen. Einige Modelle haben einen Schlosskörper, andere bestehen klassisch aus einer Kette und einem Vorhängeschloss.
Alle Ketten wurden mit einer Textilummantelung zum Schutz des Rahmens geliefert. Deutliche Unterschiede haben wir in Sachen Gewicht notiert: Das schwerste Schloss von Kryptonite wiegt über drei Kilogramm, das leichteste von Abus bleibt unter zwei Kilogramm. Nicht ganz unwesentlich, wenn man bedenkt, dass viele Leute beim Radkauf auf jedes Kilogramm achten. Kettenschlösser sind sicher – und schwer.
Technische Daten & Wertung: Kettenschlösser im Test
Trelock BC 560
Abus City Chain 1010
Hiplock Original
Masterlock 8234
Kryptonite Kryptolok Combo Integrated Chain
Varianten
Verschluss
Preis
Gewicht
Länge
Sicherheit
Punkte
Note
Website
Preis oder Gewicht? Egal, Hauptsache, sie halten den härtesten Angriffen stand.
Superschlösser im Test: Überblick
Superschloss: Hersteller/Modell
Preis
Kryptonite Fahgettaboudit Mini
Hiplock Gold
Abus Bordo Granit XPlus 6500
Masterlock Street Cuff
Kaputt bekommen haben wir sie alle: Im Labortest mussten die Schlösser zeigen, wie robust sie sind. Auch wenn die einzelnen Modelle und Hersteller sich stark unterscheiden, in Sachen Sicherheit haben alle ihre Hausaufgaben gemacht.
Unseren Sicherheitstest haben wir im Prüflabor der Firma Abus gemacht. Die Prüflinge mussten jede Menge Torturen über sich ergehen lassen.
Sägetest: Einem simulierten Angriff mit Säge oder Akku-Winkelschleifer mussten alle Schlösser im Test standhalten. Zu beachten ist, dass im Prüfstand eine spezielle Metallsäge zum Einsatz kam, herkömmliche Baumarkt-Sägen wären in den meisten Fällen gescheitert! Bei Metallsägen oder Winkeltrennschleifern stellt sich nicht die Frage, ob, sondern wie lange ein Schloss durchhält.
Kneiftest: Neben einer Säge gehört der Bolzenschneider zu den Lieblingswerkzeugen von Fahrraddieben. Im Labor setzten wir die Schlösser in eine Spaltvorrichtung und maßen die Kraft, die notwendig war, um das Material zu zerbrechen.
Zugtest: Einen guten Aufschluss über die Struktur der Schlosskonstruktion gibt die Zugmaschine, in der das Schloss immer weiter gespannt wird. Mit dieser Methode kann man Schwachstellen ausmachen, für die Praxis kann man zudem den Angriff mit einem Wagenheber simulieren.
Torsionstest: Die Kettenschlösser haben wir so lange verdreht, bis die Kettenglieder gebrochen sind. Einfache Kettenschlösser können auf diese Art und Weise von Dieben mit einem langen Stab, der als Hebel wirkt, aufgebrochen werden.

Der Zugtest gab Aufschluss darüber, wie robust ein Schloss ist und welches die schwächste Stelle unter Belastung ist.
Bild: Lennart Klocke
Hammertest: Die Schlosskörper von Faltschlössern haben wir mit einem simulierten Hammerschlag bearbeitet, um zu erfahren, ob die Schlossglieder abbrechen. Diesem genormten Test hielten alle Modelle stand.
Es gibt die Faustregel, dass ein Dieb nach mehr als drei Minuten Arbeit aufgibt, wenn er das Schloss nicht knacken konnte. Natürlich entstehen im Labor theoretische Werte, die die Wirklichkeit bei einem Angriff auf ein Schloss nicht abbilden. In der Realität haben Diebe es jedoch noch schwerer als im Prüflabor. Den optimalen Winkel zum Ansetzen des Bolzenschneiders findet man auf einem beengten Parkplatz nur selten. Auch um mit einer Metallsäge effizient arbeiten zu können, braucht man Bewegungsraum. Und mit einem Winkeltrennschleifer kann man praktisch nur in einer menschenleeren Gegend ungehört arbeiten.
Bei allen Schlössern, die wir getestet haben, war die Sicherheit auf einem hohen Niveau. Die meisten Modelle halten den Anforderungen von Prüfinstituten in verschiedenenen Ländern stand. Deswegen haben wir den Punkt Sicherheit in der Gesamtwertung nicht stärker gewichtet als zum Beispiel das Gewicht oder die Größe. Nach den Prüfungen im Labor können wir bestätigen: Die Investition in ein gutes Schloss, egal von welchem der hier aufgeführten Hersteller, lohnt sich.