Leise surren die Fenster in die Türen. Gleich wird's laut. Links sirrt ein Anlasser, der 430 Scuderia bellt kurz auf und verfällt in ein mittenlastiges, unheilvoll klingendes Leerlaufknurren. Durch das rechte Fenster dringt die gleiche Abfolge von Geräuschen: Kurzes Anlasserjaulen, dann setzen sich acht halblitergroße Kolben explosionsartig in Bewegung und pendeln den Motor des 360 Challenge Stradale auf eine leicht nervöse Leerlaufdrehzahl ein, was signalisiert: "Ich bin angriffsbereit." Ein Druck auf den dicken roten Knopf am Lenkrad des 458 Speciale, und auch von hinten erhebt sich ein metallisch-aggressives Soundgebirge. Jetzt scharren 1540 Cavalli mit den Hufen und sind bereit zum Sprung. Gänsehaut.Wir kitzeln ihre Innereien mit dem Gaspedal und lassen sie kurz aufschreien. Die Nadel des analogen Drehzahlmessers bewegt sich irre schnell, als gäbe es keine Massenträgheit zu überwinden. Auf ein Zeichen geben wir Vollgas und jagen die Start-und-Lande-Bahn des Flughafens Kassel-Calden hoch. Trommel-und Bauchfell vibrieren von der akustischen Präsenz der drei hochgezüchteten V8-Saugmotor-Drehorgeln. Das Gefühl inmitten dieser Soundwolke feinster Verbrennertöne ist surreal, als befände man sich in einem Schwarm bösartig hochfrequent sirrender Metallinsekten.Immer wieder drehen die drei Motoren bis jenseits der 8000, dann ein ultrakurzer Frequenzabfall beim Hochschalten über die Paddel, und Sekundenbruchteile später geht es nahtlos im nächsten Gang wieder gen Begrenzer. Während man ganz in dieser aus Benzin komponierten Beschleunigungssymphonie für drei wilde Rennpferde aufgeht, rückt völlig real das Ende der Bahn immer näher. Ein sinnfreier Spaß, aber auch eine extrem seltene Gelegenheit, die drei sportlichsten Ferrari-Achtzylinder der letzten gut zehn Jahre zu erleben – live, in Farbe und quasi im Surroundmodus. Speziell ist es schon, mit welcher Intensität diese drei Geschosse aufspielen, und man überlegt kurz, wie das denn mit dem TÜV und so ist. Aber eigentlich will man es gar nicht wissen. Denn wer Ferrari sagt, denkt Motorsport immer mit, und den kann und muss man schließlich auch hören. Motorsport ist der Brutkasten, aus dem 360 Challenge Stradale, 430 Scuderia und 458 Speciale von der Piste auf die Straße gesprintet sind und der ihr Wesen bis in die letzte Kohlefaser durchdringt.
Ferrari 360 Challenge Stradale
Standstreifen: Die auffälligen Streifen sind ein traditionelles Erkennungsmerkmal aus dem ...
Ferrari 360 Challenge Stradale Wie es dazu kam? Vom 360 Modena, der 1999 vorgestellt wurde, legte Ferrari zwei Jahre später ein Rennauto, den 360 Challenge, für die Ferrari-Challenge auf. Weitere zwei Jahre später folgte dann die Straßenversion der Rennversion, der Challenge Stradale. Noch heute versetzt er seinen Fahrer unverzüglich in den Sportmodus, sobald man einsteigt. Der komplett mit Alcantara bezogene Armaturenträger, der fette gelbe Drehzahlmesser und die in Kohlefaser gefassten Instrumente versprühen sportliche Atmosphäre, die Carbon Schalensitze sind wirklich Schalen zum Sitzen.
Ferrari 430 Scuderia
... Rennsport. Natürlich gab und gibt es die Autos auch ohne Kriegsbemalung oder besser -beklebung.
Ferrari 430 Scuderia Der Wechsel vom 360 Modena zum F 430 im Jahr 2004 brachte eine Hubraum- und damit einhergehende Leistungserhöhung auf 4,3 Liter und 490 PS. 2007 stand der 430 Scuderia auf der IAA in Frankfurt und wartete nominell mit einer ähnlich schmalen Leistungssteigerung von 20 auf 510 PS auf. Auch hier findet sich die Würze wieder im Detail: Rund 100 Kilogramm weniger bringt der zum Scuderia geschärfte F 430 auf die Waage. Unter dem Strich bedeutete das: Der 430 Scuderia, die Straßenversion des F 430 Challenge, war auf der Ferrari-Hausstrecke in Fiorano schneller als der bisherige Überflieger Enzo.
Ferrari 458 Speciale
Beim Sprint auf 100 km/h nimmt der Speciale dem 360 Challenge Stradale mehr als eine Sekunde ab.
Ferrari 458 Speciale Sind es kräftige Entwicklungssprünge von 360 zu 360 Stradale zu F 430 und schließlich 430 Scuderia, markiert der 2009 präsentierte 458 eine neue Zeitrechnung. Für den Übersportler 458 Speciale ließ sich Ferrari ganze vier Jahre Zeit; im Endergebnis sind die Modifikationen vom 458 Italia zum 458 Speciale viel umfangreicher als bei 360 zu Stradale oder 430 zu Scuderia. Völlig neu kamen im 458 Italia etwa die aktive Aerodynamik, das Doppelkupplungsgetriebe, die elektrische Lenkung; die Vernetzung der Systeme wurde weiter vorangetrieben. Und all dies wurde für den 458 Speciale auf ein nochmals sportlicheres Niveau gehievt.


Fazit

Gut zehn Jahre liegen zwischen dem 360 Challenge Stradale und dem 458 Speciale. Zehn Jahre der unermüdlichen Feinarbeit mit dem Ergebnis deutlich besserer Rundenzeiten. Doch der Fahrspaß, den der 360 Challenge Stradale mit seinem Brachialsound verbreitet, ist immer noch höchst erhebend. Im 430 Scuderia geht alles etwas schneller und einfacher von der Hand, doch in seinem Wesen spürt man die wilden Gene seines Vorgängers. Der 458 Speciale geht noch ein paar Schritte weiter und fasziniert mit seiner spielerischen Leichtigkeit beim Fahren. Extreme Schnelligkeit war nie leichter zu haben als hier. Was seine Ahnen auf jedem gefahrenen Meter gern und bereitwillig bezeugen.