Alles ändert sich, auch unsere Sprache: Die Frikadelle heißt heute Burger, und aus dem Morgenmagazin im Radio wurde die Morning-Show. Auch mit dem schnöden Begriff Kombi kommen wir heute nicht mehr weit. Diese Fahrzeuggattung heißt bei Fiat heute Multi Wagon, bei Peugeot hört sie schon etwas länger auf den Zunamen Break. Die Fiat-Leute jedenfalls scheinen auf Multi-Vitaminsaft zu stehen. Der Multi Wagon sieht aus wie ein Stilo nach dem Besuch an der Vitamin-Bar: ziemlich kräftig. Noch mal 26 Zentimeter länger als der auch schon wuchtige fünftürige Stilo. In den Laderaum passen deshalb sehr beachtliche 510 Liter, mit komplett umgelegter Rückbank maximal 1480 Liter.

Fürs Gepäck zeigt der Stilo einige Begabung: An der Heckklappe gibt es einen riesigen Bügelgriff mit E-Taster zum Öffnen, die Ladekante liegt mit 51 Zentimetern ausgesprochen niedrig, der Stauraum ist glatt planiert, Radkästen fehlen. Ein paar Feinheiten müssen jedoch extra bezahlt werden: Das separat zu öffnende Heckfenster kostet 290 Euro und ist trotzdem zu empfehlen. Denn es macht sich einfach lässig, die Sporttasche locker oben einzuwerfen.

Wohin mit den Polstern? Have a break ...

Dann gibt es noch die verschiebbare Rückbank mit neigungsverstellbarer Lehne für 290 Euro – aber nur zusammen mit dem umklappbaren Beifahrersitz für 150 Euro. Und damit wird es kompliziert. Der klappbare Beifahrersitz ist nützlich, die verschiebbare Bank nicht unbedingt. Denn damit lassen sich nur noch die Rücksitzlehnen umlegen, nicht mehr die Sitzbank. Das ist ziemlich unpraktisch, denn es entsteht eine lästige hohe Stufe im Laderaum.

Kleiner Trost: Auch Peugeot hat dieses Thema nicht zu Ende gedacht. Der Laderaum im 307 Break schluckt 503 bis 1675 Liter, die Griffe sind praktisch, Rückbank und -lehne serienmäßig geteilt klappbar.

So weit, so gut. Legt man aber Rückbank und -lehne um, entsteht zwar eine ebene Ladefläche, Fahrer- und Beifahrersitz müssen aber so weit nach vorn geschoben werden, dass durchschnittliche Mitteleuropäer vorn nicht mehr sitzen können. Die Sitze können erst dann wieder ausreichend weit zurückgeschoben werden, wenn die Fond- Sitzkissen ausgebaut sind. Das geht ganz leicht, jedoch – wohin mit den voluminösen Polstern? Zurück in die Wohnung? Oder im Laderaum verstauen, wo sie Platz wegnehmen?

Interieur und Platzangebot

Mit den Transport-Talenten von Multi Wagon und Break ist es also gar nicht so weit her, darüber können auch die wohlklingenden Namen nicht hinwegtäuschen. Trotzdem verfügen Stilo und 307 natürlich über einige Begabungen – ein überdurchschnittliches Platzangebot zum Beispiel. Vorn und hinten können wir in beiden befreit durchatmen, das Raumgefühl in der zweiten Reihe erinnert besonders im Multi Wagon fast an einen Van.

Nachteil des Fiat: Er ist liebloser eingerichtet als der Peugeot. Raue Kunststoffe, aberwitzig versteckte Schalter für die Sitzheizung, schiefe Passungen, Sitze mit merkwürdig verkrümmter Lehne. Der Orthopäde hat sich jedenfalls über meinen Besuch gefreut.

Im Vergleich damit ist der Peugeot routinierter gebaut, selbst wenn es hier heftig im Armaturenträger zirpte. Doch die 307-Ausstattung hat Charme und Geschmack, die angenehm gepolsterten Sitze empfehlen sich für die Langstrecke.

Fahrwerk und Motor

Auch sein 2,0-Liter-HDi mit 107 PS ist einer von der besseren Sorte. Er läuft weich, ausgesprochen leise und gefällt vor allem mit einem satten Durchzug. Der 1,9-Liter im Fiat hat mit 115 PS ein paar Pferdchen mehr und kommt vom Start weg flotter in die Gänge. Er hängt lebendiger am Gas als der Peugeot, dreht bissiger.

Allerdings nagelt er durchweg lauter als der HDi, brummelt besonders bei niedrigen Touren vernehmlich. Beim Verbrauch nehmen sich die beiden nicht viel: Fiat 6,7 Liter, Peugeot 7,2 Liter. Beides gute Werte.

Größer sind die Unterschiede dann beim Fahrwerk. Überraschung, denn der eigentlich straff ausgelegte Fiat federt komfortabler als der Peugeot. Der 307 ist härter, steifbeiniger abgestimmt und rollt für einen Franzosen ganz erstaunlich poltrig ab. Dafür fährt er sich mit der präzisen und direkten Lenkung wunderbar leichtfüßig und handlich.

Preis und Ausstattungen

Der Stilo leidet vor allem unter seiner gefühllosen Lenkung, fährt sich deshalb schwerfälliger als der Franzose. Richtig punkten kann er dann aber noch mal beim Preis. Er steht mit einem Basispreis von 18.800 Euro in der Liste, inklusive kompletter Ausstattung. Der Peugeot folgt mit erheblichem Abstand: 20.500 Euro. Und das klingt nicht nur unmodern, es ist tatsächlich weit entfernt von preiswerter Kombi-Tradition.

Technische Daten im Überblick

Beide Turbodiesel arbeiten mit Common-Rail-Einspritzung und haben 1,9 Liter Hubraum. Der Fiat ist etwas kräftiger, der Peugeot dafür elastischer, zieht sanfter aus niedrigen Drehzahlen hoch.

Fazit und Wertung

Fazit Der Stilo Multi Wagon ist endlich mal eine gute Nachricht aus Turin, nach all den Meldungen von der Fiat-Krise. Stattlich, geräumig, mit vielen guten Ideen und kompletter Ausstattung. Auch der temperamentvolle JTD-Diesel überzeugt. Aber dann: Nur 410 Kilo Zuladung sind für einen Kombi einfach viel zu wenig. Und wer hat sich bloß diese gekrümmten Vordersitze ausgedacht? Und warum gibt es den klappbaren Beifahrersitz nur zusammen mit der verschiebbaren Rückbank? Man kann ein Talent auch verschleudern. Der Peugeot 307 Break ist insgesamt routinierter gemacht. Obwohl auch sein Auftritt als Kombi nicht komplett überzeugt. Das Polter-Fahrwerk ist eine Zumutung – aber er hat viel Charme und einen klasse Diesel.