Lewis Hamilton hat es geschafft: Er ist zum sechsten Mal Weltmeister. Zumindest auf dem Papier ist der Brite damit einer der besten Fahrer der Formel-1-Geschichte.
Auf den Formel-1-Stammtischen wird die Frage heiß diskutiert? Wer war der beste aller Formel-1-Piloten? In keinem Sport ist die Frage so schwierig zu beantworten wie im Motorsport. Denn hier spielt nicht nur der Mensch, sondern auch die Maschine eine entscheidende Rolle. An Fernando Alonso haben wir in den letzten Jahren gesehen, dass auch einer der besten Fahrer in einem schlechten Auto nur hinterherfährt.
Wer also in der Formel 1 aktuell der beste Pilot ist, ist schon schwer zu beantworten. Aber die Frage nach dem Besten aller Zeiten ist quasi unmöglich. Es ist schwer abzuschätzen, wie die Teenies, die heute die Formel 1 erobern, mit den steinzeitlichen F1-Rennern der 50er Jahre - ohne Servolenkung, ohne Sicherheitsfeatures und mit rudimentärer Technik, gesteuert von gestandenen Mannsbildern im Alter von rund 40 Jahren - abgeschnitten hätten. Haarige Rad-an-Rad-Duelle, die beispielsweise ein Merkmal von Max Verstappen sind, wären damals unmöglich gewesen. Und es ist auch nicht abzuschätzen, wie der große Held der 50er Jahre, Juan-Manuel Fangio, in einem modernen Rennwagen abgeschnitten hätte, wo das schiere Gefühl fürs Auto nicht mehr so den Unterschied macht, wie das strategische Lesen des Rennens und des hochmodernen Rennwagens.
Mercedes
Titel Nummer sechs für Mercedes-Star Lewis Hamilton
764 Fahrer versuchten sich in der Formel 1. Davon haben 342 Punkte, 209 Podestplätze, 108 Siege, aber nur 33 einen WM-Titel geholt (das sind 4,3 Prozent der F1-Piloten). Für 17 war die WM-Krone eine einmalige Sache, nur sechs konnten diesen Erfolg wiederholen, fünf schafften es drei Mal, nur fünf Fahrer noch öfter.
Wenn Mercedes auch 2020 das beste Auto hat, wird Hamilton Schumi eingeholt haben. Wird Mercedes aber von Ferrari oder Red Bull überflügelt, bleibt Hamilton bei sechs Titeln stehen. Ob der Brite 2020 sechs oder sieben Titel in der Tasche hat, hat also nicht zwingend etwas mit der fahrerischen Qualität des Briten zu tun.
Heute ist es so schwierig wie selten zuvor einen WM-Titel zu gewinnen, aber gleichzeitig so leicht wie nie, gleich mehrere hintereinander zu holen. Seit dem Beginn des Jahrtausends, also seit 19 Jahren, erlebten wir bereits drei Ären, in denen Teams über Jahre die Formel 1 dominierten - von 2000 bis 2004 Ferrari mit Michael Schumacher, von 2010 bis 2014 Red Bull mit Sebastian Vettel und seit 2014 Mercedes mit Nico Rosberg und Lewis Hamilton. Zum Vergleich: Von 1962 bis 1985 konnte kein Fahrer seinen Titel verteidigen. Und nur zwei Mal stellte dasselbe Team in zwei aufeinanderfolgenden Jahren den Champion.
Immer wieder wechselten sich die Rennställe an der Spitze ab. Es gab keine hochmodernen Rechner- und Simulationsprogramme, keine Mannschaften mit Hundertschaften und einer halben Milliarde Dollar Budget. Entscheidend waren Ideen von einzelnen genialen Technikern. Da hatte jeder einmal die Chance nach der Krone zu greifen. Heute muss ein Fahrer im richtigen Auto sitzen, sonst ist er über Jahre aus dem WM-Rennen. Hat er ein solches Cockpit, ist es aber leicht, nicht nur einmal den WM-Pokal mit nach Hause zu nehmen.

Hamilton ist sechs Mal Weltmeister, weil er seit Jahren im besten Team fährt. Fangio wurde vor 60 Jahren fünf Mal Weltmeister, weil er jedes Jahr in das Team gewechselt ist, das die Spitze erobert hat. Es ist unmöglich zu sagen, was höher wiegt. Fangio fuhr nicht nur gegen viele Gegner, sondern auch gegen den Tod. Hamilton fährt in einem Feld, das fahrerisch in der Breite noch nie so gut war. Als Vettel 2012 zum dritten Mal Weltmeister war, fuhren mit ihm fünf andere Champions - das gab es nie zuvor und auch nie wieder danach.
Immerhin: Es gibt einzelne Fahrer, die ihre Epochen prägten. Fahrer, die eine neue Zeitrechnung in der Formel 1 eingeläutet haben. Das war der flotte Jim Clark in den 60er Jahren, das war der analytische Niki Lauda in den 70er Jahren, der berechnende Alain Prost in den 80er, das Naturtalent Ayrton Senna in den 90er Jahren oder der willensstarke Michael Schumacher in den 2000er Jahren. Wer der Beste ist? Wer weiß...
Die Fahrer selbst gehen auf diese Frage auch nie wirklich ein. Für Senna war immer Fangio der Held, für Schumacher immer Senna. Aber Senna wusste auch: "Irgendwann wird einer kommen, der alle meine Rekorde und Bestmarken auslöscht. Genau wie auch ich besser wurde als Rennfahrer vor mir." Das war Schumacher und das droht Schumacher nun mit Hamilton.
In der Bildergalerie zeigen wir Ihnen alle Formel-1-Weltmeister und erzählen die besten Anekdoten:

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Formel 1 Weltmeister
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Kamera
Alle Formel-1-Weltmeister: Von Farina bis Hamilton 1950-2020

Von

Michael Zeitler