Er sitzt da wie ein stolzer Spanier, der mit jeder Faser seines Körpers, mit jedem Wort, der ganzen Welt sagen will: "Schaut her, ich bin frustriert, desillusioniert. Und einer der größten Fahrer der Formel-1-Historie hat alle Berechtigung, genau das euch allen zu zeigen!"
Fernando Alonso (35) ist nach seinem beeindruckenden Gast-Auftritt bei den Indy 500 zurück in der Formel 1. Allein: Er wirkt wie ein Tourist, der vor Monaten eine Urlaubsreise gebucht hat, die er jetzt gar nicht mehr haben will. Alonso kündigt gerade mehr oder weniger seinen Abschied von McLaren an. "Ich bin in der Formel 1, um Rennen zu gewinnen und Weltmeisterschaften. Und wenn wir vor September gewinnen, werde ich bleiben", sagt der Doppel-Weltmeister in der offiziellen FIA-Pressekonferenz vor dem Kanada GP.
Kanada GP
Alonso am Donnerstag in der PK zum Kanada GP
Alonsos Ultimatum bedeutet: McLaren-Honda muss in Montreal oder in Baku, in Österreich, Silverstone oder in Ungarn siegen - sonst sagt der Spanier Adieu. Ein Sieg seines Teams ist aber denkbar unwahrscheinlich, wenn nicht sogar unmöglich. "Angetreten sind wir, um den Titel zu holen. Nach drei Jahren müssen wir sagen, dass wir das Ziel verfehlt haben. Es muss sich etwas ändern. Für das Team, für mich", sagt Alonso und befeuert abermals die Trennungsgerüchte: "Wenn man nicht erkennen kann, dass sich Dinge zum Positiven wandeln, musst man sich vielleicht ein anderes Projekt suchen."
Selbst die Hoffnung auf Mercedes-Motoren für McLaren 2018 lassen den extrem Honda-geschädigten Alonso mittlerweile kalt wie einen Fisch, dem langsam das Wasser ausgeht: "Das würde auch nichts an meiner Entscheidung ändern", erklärt er auf Nachfrage von ABMS.
Alonso
Alonso ist einer der größten Superstars der Formel 1
Allein: Für den Spanier wird es trotz seiner unbestrittenen Fähigkeiten schwierig, in der Formel 1 ein Top-Cockpit zu finden. Auch wenn er selbst glaubt: "Nichts ist unmöglich." Soll heißen: Er spekuliert auf einen Sitz bei Mercedes oder Ferrari. Bei beiden könnte Ende dieses Jahr ein Platz frei werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass Alonso dort landet, ist allerdings nicht viel größer als die eines McLaren-Sieges in den nächsten fünf Rennen.
Auch deshalb droht Alonso sogar, die Formel 1 ganz zu verlassen! Etwa für den Fall, dass der Rennkalender künftig die 25-Rennen-Marke überschreitet. Alonso hofft, die Macher der F1 unter Druck zu setzen, ihm für 2018 doch noch ein WM-taugliches Auto zu besorgen - um am Ende einen der Superstars der Szene nicht zu verlieren.
"Ich habe keine Angst vor der Zukunft. Mein Ziel hat sich nicht geändert, ich will meinen dritten WM-Titel als Fahrer gewinnen", so Alonso. "In den letzten Jahren habe ich meine Fähigkeiten verfeinert, ich weiß, dass ich es noch kann." In Indy zuletzt stellte er das eindrucksvoll unter Beweis. Beflügelt durch seinen starken Auftritt, erkärt Alonso: "Ich habe gezeigt, dass ich in jeder Serie gewinnen kann." Nur ob er das in der Formel 1 noch einmal zeigen darf, das ist fraglicher denn je.

Von

Ralf Bach