Selten war ein vorletzter Platz im Qualifying wohl so hoch einzuschätzen wie im Falle Andre Lotterers in Spa. Der Deutsche gibt am Wochenende sein F1-Debüt mit Caterham – ohne Vorbereitungszeit, ohne Testfahrten, ohne viel Training. Stattdessen gab es am Samstag mit einer nassen Strecke noch eine zusätzliche Herausforderung. Lotterer meisterte sie bravourös: Mit einer Sekunde Vorsprung auf seinen Teamkollegen Marcus Ericsson, der bereits seit Anfang der Saison im Auto sitzt, fuhr er auf den 21. Startplatz. Für Perfektionist Lotterer aber kein Grund aus dem Häuschen zu sein. „Ich bin ganz zufrieden, aber mit mehr Zeit und Übung im Auto, hätte ich mich vielleicht auch noch besser schlagen können“, lautete sein nüchternes Fazit.

Neue Prioritäten in der F1

Auf die Nachfragen der verdutzen Reporter, er habe doch mehr als sein Soll erfüllt, reagierte der Duisburger mit Tiefstapeln. „Ich finde es schwer, meine Leistung einzuordnen. Bisher lief es gut, ohne Fehler und auf ordentlichem Niveau. Aber es ist ohne weitere Erfahrungswerte ja auch schwierig zu sagen, wo überhaupt das Limit ist“, so Lotterer. Festgestellt hat der Deutsche beim Vergleich zwischen Formel 1 und Langstrecken-WM, in der er sonst startet, aber etwas anderes: „Die Prioritäten sind hier ganz anders. Alles ist kurzfristiger angelegt. Man muss schnell und gut durch das Wochenende kommen, die Balance optimieren und mit dem Auto spielen. Auf der Langstrecke geht es natürlich mehr um die Longruns. Da fängt man mit dem Auto auch mal bei null an.“

Kompromisse nicht so wichtig

Und noch einen großen Unterschied hat Lotterer bemerkt: In der Formel 1 muss er lernen, viel mehr Egoist zu sein! „In der WEC sind ja mehr Fahrer pro Auto involviert. Also schaut man nicht zuerst auf sich, sondern auf das Team, versucht Kompromisse zu finden.“ Lotterer: „In der Formel 1 kann man viel mehr ins Detail gehen, gerade auch bei der Arbeit mit den Ingenieuren.“ Doch hat er vor lauter Arbeit überhaupt Zeit sein F1-Abenteuer zu genießen? „Doch. Gestern im Training mit den weichen Reifen war zum Beispiel toll. Man hat unglaublich viel Grip, leider nur eine Runde lang. Diese hat dafür umso mehr Spaß gemacht!“

Von

Frederik Hackbarth