21 Jahre lang hatte es in der Formel 1 keinen Unfalltoten mehr gegeben. Nach dem Tod von Ayrton Senna in Imola 1994 wurde die Sicherheit in der Königsklasse drastisch verbessert, und weil selbst haarsträubende Unfälle wie Jacques Villeneuve 2001 in Australien, Robert Kubica 2007 in Kanada oder Mark Webber 2010 in Valencia für die Piloten glimpflich ausgingen, war die Gefahr bei vielen schon aus dem Gedächtnis verdrängt. "Natürlich ist es gefährlich", erinnert Formel-1-Boss Bernie Ecclestone bei 'BBC' nun nach den tragischen Vorkommnissen um Bianchi. Dass es keine hundertprozentige Sicherheit in der Formel 1 gibt, hat der Unfall des Franzosen gezeigt, doch die Verantwortlichen wollen diesem Maximum so nah wie möglich kommen.

Unfall auch mit Panzer kritisch

Bernie Ecclestone
Trotz des Bianchi-Unfalls: Bernie Ecclestone hält die Autos in seiner Formel 1 für die sichersten der Welt
"Wenn man die Wahl hätte, womit man einen Unfall haben will, dann würde man vermutlich ein Formel-1-Auto wählen", sieht Ecclestone keine notwendigen Sicherheitsdiskussionen aufkommen. Die Boliden der Königsklasse seien die sichersten der Welt, auch wenn es immer noch kleine Schwachstellen gibt. Seit Jahren wird immer wieder über eine Cockpitkuppel spekuliert, weil der Kopf des Fahrers in exponierter Lage ist und so immer einem gewissen Risiko ausgesetzt ist. Genau das wurde Bianchi beim Großen Preis von Suzuka zum Verhängnis, weil er genau mit dem Helm in ein Hindernis prallte. Bernie Ecclestone sieht in dem Unfall allerdings kein Hinweis auf mangelnde Sicherheit. "Was Jules passiert ist, war einfach sehr, sehr, sehr unglücklich", meint der Formel-1-Boss.Der Franzose flog vor neun Monaten im strömenden Regen ab und krachte unter einen Bergungskran, der den Boliden von Adrian Sutil abschleppen wollte. "Der Traktor hätte niemals da sein dürfen", schimpft der Brite. "Es hätte keinen Unterschied gemacht, ob du mit einer Großraumlimousine reingefahren wärst. Selbst mit einem Panzer hättest du Probleme gehabt." Zumindest diesbezüglich wurden nach dem Unfall des 25-Jährigen neue Sicherheitsvorkehrungen bedacht. Die Bergungsfahrzeuge müssen nun einen speziellen Aufprallschutz haben, es wurde das Virtuelle Safety-Car eingeführt, und man lässt nach Unfällen prinzipiell mehr Vorsicht walten und greift eher in das Renngeschehen ein.

Cockpit-Kamera soll helfen

Bianchi-Unfall
Der Unfall, der Bianchi letztendlich das Leben kostete: Zusammenprall mit einem Kran in Suzuka 2014
Damit sich Bianchis tragisches Schicksal nicht wiederholt, möchte die FIA aber nicht nur mit der Handhabung auf der Strecke reagieren, sondern auch ihre Unfallforschung weiter intensivieren. Helfen sollen dabei in Zukunft mehrere Mini-Kameras, die entweder an den Rückspiegeln oder direkt am Cockpit der Autos angebracht werden. Die Kameras sind direkt auf den Kopf des Piloten gerichtet. Kommt es zu einem Unfall, können die Forscher anhand der Bilder anschließend genau analysieren, welchen Erschütterungen der Kopf bei dem Crash ausgesetzt war. Das soll dabei helfen, in Zukunft noch mehr Sicherheit für die Piloten garantieren zu können. Laut Informationen der 'Bild' soll bereits in den kommenden Monaten ein erster Prototyp einer acht Zentimeter großen Kamera getestet werden, bereits ab der Saison 2016 sollen die Kameras dann an allen Boliden angebracht werden.
Schon im Mai hatte die FIA die Einführung der World Accident Database (WADB) bekanntgegeben. In dieser Datenbank werden Unfalldaten von 25 verschiedenen Rennserien (zum Beispiel Straßenrennsport, Rallye etc.) auf der ganzen Welt gesammelt. Diese Daten sollen dabei helfen, die Sicherheit in sämtlichen Meisterschaften zu verbessern. Bernie Ecclestone hofft indes, dass derartige Vorkommnisse in Zukunft einfach vermieden werden können und wünscht sich, dass Jules Bianchi nicht nur wegen des Unfalls in Erinnerung bleibt. "Ich hoffe, dass man sich an ihn als Fahrer und Menschen erinnert", so der Brite. "Es ist schade, dass man so einen talentierten Burschen in seinem Alter und so einen netten Kerl verliert. Was passiert ist, ist einfach tragisch."