Das Nachtrennen in Singapur am kommenden Wochenende gilt im Fahrerlager der Formel 1 als vorentscheidend für den Titelkampf der Mercedes-Stars Nico Rosberg (28) und Lewis Hamilton (29). Sechs Rennen vor Ende der Weltmeisterschaft führt der Deutsche vor seinem britischen Teamkollegen die WM mit 238 zu 216 Punkten an. Doch nach der Kollision mit Hamilton in Spa und seinen zwei Verbremsern in Monza steht Rosberg erheblich unter Druck. Geht es nach Meinung der Experten, ist Singapur so etwas wie ein vorweggenommenes Finale für den Deutschen. Um das aktuelle Hoch von Hamilton zu beenden. Ex-Teamchef Eddie Jordan ist überzeugt: „Wer in Singapur gewinnt, hat die besten Chancen auf den Titel. Für Rosberg ist es deshalb das schwerste Rennen seiner Karriere.“

Rosberg hat Monza abgehakt

Hamilton
Lewis Hamilton (li.) oder WM-Spitzenreiter Nico Rosberg (re.): Wer darf in Singapur jubeln?
Hamilton, der im Gegensatz zu Rosberg schon einmal Weltmeister wurde (2008), weiß das. Daher kündigt er an: „Man muss Nico wie in Monza unter Druck setzen. Das mag er nicht. Die Strecke in Singapur liegt mir. Ich habe dort 2009 gewonnen.“ Doch auch Rosberg reist positiv gestimmt zum Nachtrennen: „Spa und Monza sind jetzt abgehakt und Singapur ist eine Rennstrecke, die mir liegt. Da fahre ich wieder voll auf Sieg“, sagt Rosberg. Den Glauben an den Deutschen hat die Vollgasszene trotz des Hamilton-Hochs noch nicht verloren. Der ehemalige Ferrari-Pilot Gerhard Berger ist sicher, dass der WM-Führende zurückschlagen wird.

Großes Lob von Heidfeld

Der Tiroler kennt beide sehr gut, hält Rosberg aber für den Klügeren. Berger: „Hamilton ist mehr der Instinktpilot, der sich auf sein Naturtalent verlässt. Rosberg ist auch sehr schnell, arbeitet aber analytischer und mehr mit Kopf. Ich vermute, dass Nico deshalb den längeren Atem hat.“ Nick Heidfeld, der nun in der neuen Elektroserie Formel E fährt, traut auch eher Rosberg den Titel zu. Heidfeld in der aktuellen SPORT BILD: „Ich bin überrascht, wie großartig sich Nico gegen Lewis schlägt. Er hat noch mal einen Schritt gemacht dieses Jahr. Das schaffen die wenigsten Fahrer und nur absolute Ausnahmepiloten.“

Prost sieht Patzer als Vorteil

Rosberg
Bitte kein Slalom mehr: Rosberg verlor den Sieg zuletzt in Monza im Notausgang von Kurve eins

Und auch der viermalige Weltmeister Alain Prost schätzt ebenfalls Rosberg stärker ein. Der Franzose ist Experte für Teamduelle, sein McLaren-interner Zwist mit Ayrton Senna Ende der 80er Jahre gilt bis heute als die größte Rivalität der Königsklasse. Prost weiß, dass die WM von den besseren Nerven entschieden wird und sieht Rosbergs Fahrfehler in Monza deshalb sogar positiv. „Rosberg steht seit Spa einfach extrem unter Druck. Dieser Druck hat sich in dem Verbremsern von Monza entladen. Hamiltons Sieg hat Nico sogar gutgetan. Denn jetzt sind alle Diskussionen beendet. Nico kann jetzt wieder befreit auffahren.“ Prost: „Das macht ihn mental stärker als schwächer. Er ist im Vorteil, weil er Punktevorsprung hat und trotzdem frei auffahren kann, weil der Ball jetzt wieder bei Hamilton liegt.“

Von

Ralf Bach
Bianca Garloff