16177 Kilometer. So weit wanderten Sebastian Vettels Gedanken direkt nach seinem Auftaktsieg beim Großen Preis von Australien in Melbourne. So weit ist die sportliche Wahlheimat des Deutschen im italienischen Maranello entfernt. „In Maranello wird jetzt sicher wieder die Flagge gehisst“, verriet Vettel noch auf dem Podium im Albert Park. „Da haben wir vorher extra drüber gesprochen.“ Hintergrund: Schon zu Michael Schumachers Zeiten wurde nach jedem Sieg eine Ferrari-Fahne am Eingangstor der Scuderia gehisst.

Aus Maranello kommen dann postwendend auch die ersten und vielleicht wichtigsten Glückwünsche. Die von Ferrari-Präsident Sergio Marchionne!
Ferrari
Bild für das Familienalbum: Ferrari-Sieg in Melbourne
„Es hätte keinen besseren Start in diese Weltmeisterschaft für Ferrari geben können. Dem Klang der italienischen Nationalhymne in Melbourne zu lauschen, war für uns alle und jeden Fan der Scuderia ein emotionaler Moment“, lässt der Patriarch in einem nur wenige Minuten nach Zieldurchfahrt versendeten Statement wissen. Den Auftaktsieg vom Vorjahr wiederholt, dazu ein starker Kimi Räikkönen auf Platz drei. „Es ist die beste Belohnung für das Team, das ein konkurrenzfähiges Auto gebaut und eine perfekte Strategie gewählt hat, um die Entwicklung des Rennens ideal zu nutzen.“
Doch der Ferrari-Oberboss warnt auch: „Es wäre falsch, jetzt zu viel zu feiern. Wir wissen alle, dass wir noch viel Arbeit vor uns haben. Der erste Schritt in die richtige Richtung ist aber getan.“

Sätze, die sich mit Vettels Aussagen nach dem Rennen decken. Denn auch der Deutsche räumt ein: „Wir wissen, dass uns noch bisschen was fehlt auf Mercedes an der Spitze. Unsere Pace war stark, aber noch nicht stark genug, um auch unter normalen Bedingungen um den Sieg zu kämpfen. Heute hatten wir Glück mit dem Safety-Car. Aber es gab letztes Jahr auch schon genügend Rennen, wo es andersrum war.“
Mercedes
Der einzige Mercedes, den Vettel gerne vor sich hatte...
Für dramatisch hält Vettel den Rückstand auf Mercedes ohnehin nicht. „Wir reden vielleicht von drei bis vier Zehnteln auf eine schnelle Runde im Qualifying. Im Rennen ist es noch mal weniger. Und man hat heute gesehen: Obwohl wir langsamer waren, konnten wir uns gut wehren und hatten genug Pace, um immer wieder zu reagieren und Mercedes das Leben schwer zu machen.“
Belohnt wird die Hartnäckigkeit dadurch, dass Vettels Strategie aufgeht. „Ich war am Ende des ersten Stints im Niemandsland, konnte auf den ultrasoften Reifen nicht wirklich mit Lewis und Kimi mithalten. Später auf der weichen Mischung wurde es besser. Aber zu dem Zeitpunkt war ich keine Bedrohung für sie.“ Vettel erklärt: „Dann bleibt man einfach lange draußen und hofft, dass irgendwas geht. Ich habe für ein Safety-Car gebetet. In dem Fall haben wir damit alles richtig gemacht.“

Die virtuelle Safety-Car-Phase nach dem Ausfall von Haas-Pilot Romain Grosjean eröffnet Vettel die Chance des Rennens - und der Deutsche ergreift sie. „Als das Safety-Car kam, war ich sofort hellwach im Kopf, weil ich wusste, dass es jetzt ganz nach vorne gehen kann.“ Vettel pusht auf dem Weg an die Box. „Der Stopp hat mir immer noch zu lange gedauert“, hat der Ferrari-Star mittlerweile gut lachen. Doch es reicht. Bei der Boxenausfahrt liegt er knapp vor Hamilton. Zum Dank darf Chef-Stratege Inaki Rueda aus Spanien später mit aufs Podest.
Vettel
Vettel im Freudentaumel nach der Zieldurchfahrt
„Ab da wusste ich, dass es Lewis schwer haben wird vorbeizukommen, wenn ich alles richtig mache“, sagt Vettel. „Er hat schon ordentlich Druck gemacht, das war definitiv kein Spaziergang im Park. Aber ich wusste: Je näher er rankommt, desto schwieriger wird es für ihn, weil man als Hinterherfahrender dann anfängt zu rutschen.“ Erst kurz vor Schluss gibt Hamilton auf, dreht den Motor runter und lässt abreißen. Schlusswort Sieger Vettel: „Dann konnte ich anfangen, die letzten Runden auch wirklich zu genießen.“

Von

Frederik Hackbarth
Bianca Garloff