(dpa) Shanghai ist für Nico Rosberg zu einem Sehnsuchtsort geworden. Mit dem Millionen-Moloch in China verbindet der Wiesbadener ganz besondere Rennfahrer-Erinnerungen. Vor allem das vergangene Jahr wird der heute 27-Jährige nie vergessen. In seinem 111. Grand Prix feierte Rosberg endlich seinen ersten Sieg in der Formel 1 und bescherte damit den damals strauchelnden Silberpfeilen den ersten Erfolg seit Juan Manuel Fangio 1955. "Das waren ganz tolle Momente. Dies mit dem Team, den Freunden und der Familie zu teilen, ist einmalig", sagte Rosberg der Nachrichtenagentur dpa in einem Interview vor dem dritten Rennen dieser Saison am Sonntag (14. April 2013). "Das vergisst man nicht und macht Hunger auf mehr." Rosberg will den jüngsten Schwung nutzen – und sich dabei auch nicht von der Stallorder-Debatte bei den Silberpfeilen irritieren lassen.
Lewis Hamilton
Lewis Hamilton siegte in Sepang nach einer umstrittenen Team-Order, die Rosberg das Überholen untersagte.
"Malaysia war ernüchternd für mich in jeder Hinsicht. Aber das ist jetzt abgehakt", sagte er. "Wir haben das intern durchdiskutiert und geklärt." Er habe im Laufe der Jahre gelernt, "Rückschläge schnell wegzustecken." Beim Großen Preis von Malaysia vor rund zwei Wochen war Rosberg in den Schlussrunden deutlich schneller unterwegs gewesen als sein neuer Kollege Lewis Hamilton, durfte aber auf Anweisung von Teamchef Ross Brawn nicht überholen. Das Benzin sei knapp geworden, deshalb habe der Brite weitere Positionskämpfe unterbinden wollen. Vor allem Aufsichtsrat Niki Lauda und Rosberg hatten das kritisiert. "Wir haben eine konservative Entscheidung gewählt, aber sie war richtig", meinte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. Er stellte klar: "Bei uns gibt es keine Nummer 1 oder Nummer 2. Unsere Fahrer sind gleichberechtigt. Das war so und das bleibt so." Bei Red Bull hingegen hatte Sebastian Vettel den Befehl von der Box missachtet und mit einem brachialen Überholmanöver für einen heftigen Zoff mit Teamkollege Mark Webber gesorgt.

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Nico Rosberg
Nico Rosberg – gelber Helm im Silberpfeil.
Wolff erwartet nicht, dass von dem Ärger um das Überholverbot bei den Silberpfeilen etwas hängen bleibt. "Unsere Fahrer sind Profis und verstehen, dass es in gewissen Situationen hin und wieder zu Meinungsverschiedenheiten kommen kann. Als Rennfahrer ist man natürlich nie happy, wenn man schneller hätte fahren können." Rosberg wird den Aussagen seines Chefs genau lauschen. In den drei Jahren an der Seite von Michael Schumacher konnte er stets eine bessere Bilanz als der Rekordchampion vorweisen. Nach dessen Abschied wäre er nur zu gern als Teamleader in diese Saison gegangen. Stattdessen holte Mercedes Rosbergs bärenstarken Kumpel Hamilton. Mit der Fahrt aufs Podium in Sepang schaffte der Brite schon in seinem zweiten Rennen im Mercedes etwas, das Schumacher erst nach zweieinhalb Jahren bei dem Werksteam gelungen war.

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"Ich wäre ja ein Narr, wenn ich am Schumi-Mythos kratzen würde", meinte Wolff in der "Bild am Sonntag" über Hamilton. "Aber die Verpflichtung von Lewis hat gezeigt, dass dieses Team bereit ist, auch heilige Kühe aufzugeben." Worte mit Gewicht. Debatte hin, Stallorder her – Rosberg muss Gas geben. "Ich bin richtig kämpferisch gestimmt vor dem China-Rennen. Ich spüre einen besonderen Spirit bei uns", beteuerte er. Shanghai kommt dem Sohn des früheren Weltmeisters Keke Rosberg gerade recht. In den vergangenen drei Jahren lag er dort fast die Hälfte aller Rennrunden in Führung. Und ein wenig darf er auch auf Wiedergutmachung hoffen. Wolff versprach präzisere Verabredungen für ein erneutes internes Duell im Renn-Endspurt. "Dann fährt der Nico vor dem Lewis", verfügte er. Das wird Rosberg gern hören.