Schrecksekunde im ersten Training der Formel 1 in Budapest: Eine halbe Stunde vor Ablauf der Zeit stockte allen im Fahrerlager der Atem. Die Bildschirme zeigten ein Auto auf dem Dach. Es war der Force India von Sergio Perez. Der Mexikaner war beim Beschleunigen am Kurvenausgang auf den Teppich neben den Curb gekommen und hatte die Kontrolle über seinen Boliden verloren. Anschließend krachte der Force-India-Pilot hart in die Leitschiene und überschlug sich, ehe er auf dem Dach zum stehen kam. Nur wenige Tage nach dem Tod von Jules Bianchi sorgten die angsterregenden Bilder für starre Mienen im sensibilisierten Fahrerlager. Doch glücklicherweise gab es umgehend Entwarnung: Perez konnte unverletzt aus dem Wrack klettern.
Sergio Perez
Schwerer Unfall im Ungarn-Training: Sergio Perez überschlägt sich im Force India
„Das war ein schwerer Unfall. Neben der Strecke war es schmutzig, mein Auto ist in die falsche Richtung abgebogen und dann war der Einschlagwinkel sehr schlecht, weswegen ich mich überschlagen habe“, gab Perez in einem ersten Statement zu Protokoll. Auch einen mechanischen Defekt konnte der Mexikaner nicht ausschleißen. Die ersten Zeitlupen ließen vermuten, dass die Hinterradaufhängung beim Verlassen der Piste den Belastungen nachgab. „Es war in der Tat etwas komisch. Ich dachte, ich hätte alles unter Kontrolle - aber dann bin ich über den Teppich gefahren und schließlich in der Wand gelandet. Das müssen wir uns noch detailliert ansehen“, so Perez nach seinem heftigen Abflug, der für eine längere Trainingsunterbrechung sorgte.

Formel 1 in Gedanken bei Bianchi

Zuvor hatte Perez' Teamkollege Nico Hülkenberg um 10.00 Uhr Ortszeit auf dem Hungaroring bei Budapest als erster Fahrer auf der Strecke das Training eröffnet. Der Deutsche steuerte damit den ersten fahrenden F1-Wagen seit Bianchis tragischem Tod. Der Franzose war vergangenen Samstag den Folgen seiner schweren Kopfverletzungen durch seinen Unfall beim Japan GP 2014 erlegen und am Dienstag unter Anwesenheit der meisten Fahrerkollegen in seinem Heimatort Nizza beigesetzt worden. Wie alle übrigen Piloten stand auch Hülkenberg noch unter dem traurigen Eindruck der letzten Tage.
Force India
Sekunden nach dem Unfall sind die ersten Helfer und ein Krankenwagen vor Ort
„Ich bin schon seit der Formel-3-Euroserie mit ihm gefahren. Damals stand ich auf der Pole, er pushte hinter mir - er war so hungrig auf Erfolg“, erinnerte sich der Le-Mans-Sieger, der später auch in der Formel 1 bei Force India mit Bianchi zusammenarbeitete. „Ich werde ihn vermissen“, so Hülkenberg, der zu Ehren des Verstorbenen, wie die anderen Piloten an diesem Wochenende, mit Stickern und Schriftzügen mit Bianchis Namen und Startnummer auf dem Helm fährt. Bianchis Ex-Team Manor-Marussia hat sogar große JB17-Logos auf seine Autos lackiert.

Hamilton vor Rosberg und Räikkönen

Auch im Auto gab es bei Manor am Freitag ein Novum: Mit dem Schweizer Fabio Leimer durfte ein Neuling ins Lenkrad greifen. Der GP2-Meister von 2013 nahm erstmals an einem offiziellen F1-Wochenende teil, muss den Platz bereits im zweiten Training am Nachmittag aber wieder an Stammfahrer Roberto Merhi abgeben. Gleich verhielt es sich auch bei Jolyon Palmer, der einmal mehr für Romain Grosjean im Lotus Gas geben durfte. Mit der Spitze hatte der Nachwuchs aber natürlich nichts zu tun. Palmer wurde Letzter, Leimer beendete das Training nur einen Platz weiter vorne. Die Top-Position sicherte sich einmal mehr Weltmeister Lewis Hamilton im Mercedes.
Hungaroring
Perez ist zum Glück nichts passiert: Er steigt unverletzt aus dem Wrack aus
Silberpfeil-Teamkollege Nico Rosberg wurde mit einem Zehntel Rückstand Zweiter. Sebastian Vettel kam im Ferrari auf Rang sechs, Teamkollege Kimi Räikkönen wurde immerhin Dritter. Der Finne sorgte allerdings für die zweite rote Flagge des Tages, indem er vier Minuten vor Ende der Session bei der Überfahrt eines Curbs seinen Frontflügel zerstörte und auf der ganzen Strecke verteilte. Während Raikkönen sich dabei auch den Vorderreifen beschädigte und in seinem Ferrari zurück an die Box schlich, beendeten die Aufräumarbeiten der Streckenposten die Zeitenjagd in der ersten Trainingssitzung vorzeitig. Die zweite Einheit des Tages steht ab 14.00 Uhr Ortszeit auf dem Programm.

Von

Frederik Hackbarth