Alonso: drei Autogramme in zwei Tagen

Fernando Alonso stand vor dem New Yorker Plaza Hotel, in Badelatschen und Poloshirt, und sprach entspannt in sein Handy. Flavio Briatore aß in einem kleinen Szenerestaurant an der Madison Avenue zu Mittag, David Coulthard und Nick Heidfeld gingen shoppen. Die Formel 1 machte Urlaub auf ihrer Nordamerika-Tournee, bis der Troß gestern in Indianapolis eintraf.

Den in Europa so berühmten New-York-Touristen war eines gemein:. Sie konnten sich völlig unbehelligt in der US-Metropole aufhalten. "Ich habe in zwei Tagen drei Autogramme geschrieben", wunderte sich Alonso. Beim Frühstück blätterte der spanische WM-Führende die amerikanischen Zeitungen auf der Suche nach der Grand-Prix-Vorberichterstattung durch – vergeblich.

Die fehlende Popularität seiner Stars stößt Bernie Ecclestone derweil übel auf. Seit Jahren versucht der britische Promoter mit seiner Serie in den USA Fuß zu fassen. Doch richtig wahrgenommen wird sie nicht. Unter den beliebtesten Sportarten rangiert Motorsport allgemein nur auf Rang sechs, wie das neueste Ranking des Sportsenders ESPN, basierend auf den landesweiten Einschaltquoten, ergab. Und Motorsport heißt in den USA in erster Linie: NASCAR, IRL und ChampCar.

"Die heißeste Fahrerin der Renngeschichte"

Das Formel-1-Rennen im Brickyard von Indianapolis ist dank einer kleinen treuen Fangemeinde seit Jahren recht gut besucht. Vor gut zwei Wochen versetzte eine Frau die Vollgasmachos an selber Stelle in freudige Erregung, als sie bei den legendären Indy 500 gleich zweimal das Rennen anführte. Danica Patrick lag noch 14 Runden vor Schluß bei Tempo 350 in Führung, ehe sie etwas vom Gas ging, weil der Sprit auszugehen drohte. Doch nicht das Bild des britischen Siegers Dan Wheldon beherrschte tags drauf die Gazetten, alle rissen sich um die langmähnige 23jährige, die am Ende Vierte wurde: Die "heißeste Fahrerin der Renngeschichte" (USA Today) hatte ihren Mann gestanden. David Lettermann, der berühmte Late-Night-Talker und Mitbesitzer ihres Rennstalls, prophezeite Patrick "eine große Zukunft im Motorsport".

Patrick wird am Samstag bei einer Showveranstaltung in Indianapolis ein paar Runden in einem BAR-Honda drehen. Ecclestone und der Amerikaner Tony George, Besitzer des legendären "Indianapolis Motor Speedway", hatten den PR-Deal eingefädelt. Weltmeister Michael Schumacher spielte brav mit. "Es wäre schön", schnarrte er, "wenn sie mit uns fahren würde. Es wäre einen Versuch wert." Patricks Landsfrau, die IRL-Pilotin Sarah Fischer, kam nach ihrem Start bei den Indy 500 im Rahmenprogramm des US-Grand-Prix 2002 über ein paar vorsichtige Runden in einem McLaren-Mercedes nicht hinaus.

Vorerst hat Scott Speed beste Aussichten, sich als erster Amerikaner seit Michael Andretti 1993 wieder ein Formel-1-Cockpit unter den Nagel zu reißen. Der Amerikaner wird am 17.06. wie schon in Montreal für Red Bull testen. Ecclestone käme freilich ein attraktives weibliches Gesicht viel gelegener. In den USA nimmt der Patrick-Kult schon bizarre Züge an: Ein Frontflügel, den sie bei den Indy 500 geschrottet hatte, wurde bei Ebay für 42.650 Dollar zugunsten wohltätiger Zwecke versteigert.