Formel 1: Kolumne - Bianca Garloff
Mein Frühstück mit Jacques

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Die AUTO BILD MOTORSPORT Reporterin berichtet in ihrer Kolumne vom Geschehen im Fahrerlager: In Malaysia traf sie zufällig Ex-Champ Jacques Villeneuve.
Bild: Getty Images / BG
Ok, ich gebe es zu. Als ich als 16 Jahre alter Teenager mit Schumi-Mütze und ferrarirotem Herzen vorm Fernseher saß, habe ich ihn zutiefst verachtet. Ich hätte ihn am liebsten nach Sibirien deportiert oder in die eiskältesten Jagdgründe seines Heimatlandes Kanada. Er hatte gerade in Jerez meinen Schumi geschlagen. Vorgeführt hatte er ihn. Lächerlich gemacht. Meiner Meinung nach hatte dieses kleine kanadische Vatersöhnchen meinem Idol den Titel gestohlen.
Ich schleuderte meine rote Mütze voller Wut auf den braunen Teppich unserer Wohnstube und konnte mir so ungefähr alles vorstellen. Nur zwei Dinge nicht! Erstens: Dass ich irgendwann einmal Jacques Villeneuve als sehr intelligenten Analytiker schätzen würde, mit genauso viel Mut bei seiner Wortwahl wie beim Fahren am Limit des F1-Williams von damals. Und dass ich mit ihm in vertrauter Atmosphäre frühstücken würde. Beides ist passiert.

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„Dort hatte ich im Training 1,7 Sekunden Vorsprung. Trotzdem wurde es am Ende eng.“ Oder über die für mich doch etwas künstlich aufgebrachte Sounddiskussion. „Der Sound ist gar nicht schlimm“, sagt Jacques, „schlimm ist dagegen die Diskussion darüber. Das zeigt, dass die Formel 1 ein anderes Problem hat. Die Show des eigentlichen Racings ist nicht mehr gut genug. Zuviel Elektronik bestimmt mittlerweile das Fahren. Deshalb: Gebt den Jungs mehr PS, größere Turbolader und wenig Beschränkungen. Die Kraft der Motoren muss wieder sichtbarer werden. Dann werden die Fans auch wieder mehr Freude empfinden.“

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Vorher steht aber noch ein so genannter Refresh-Kurs für den Indy 500-Gewinner von 1995 an. „Eine Art Alterstest“, erzählt Jacques amüsiert. „Sie schicken ältere Piloten zehnmal um den Kurs. Wenn man dann keinen Unfall hat und keine Herzattacke erleidet, darf man fahren.“ Wir haben noch viele andere Dinge besprochen, auch private. Die aber gehören nicht in die Öffentlichkeit. Unglaublich, aber wahr: Auch Journalisten können schweigen. Ich freue mich jedenfalls jetzt schon auf die nächste Unterhaltung mit Jacques...
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