Max Verstappen kann einem schon leid tun. Nach seinem sechsten Crash am sechsten Rennwochenende des Jahres wird der Red-Bull-Youngster von den Journalisten im oberen Stock der Energy Station so richtig gegrillt. Will er zu viel? Was muss er ändern? Kann es so weitergehen?
Verstappens Mund wölbt sich zur Schnute - aber nicht, weil er pampig antworten will. Nein, in diesem Moment fühlt sich der Holländer einfach nur extrem unwohl in seiner Haut.
Verstappen
In Erklärungsnot: Max Verstappen in Monte Carlo
„Nach China war ich heute zum zweiten Mal selbst schuld“, gibt er zu. „Das ist natürlich nicht das Szenario, das ich mir vorstelle, aber unglücklicherweise ist es passiert. Ich habe einfach zu früh eingelenkt - und schon war ich in der Mauer.“
Die Journalisten lassen nicht locker. Wieder muss er sich den Vorwurf anhören. Sechster Crash am sechsten Wochenende. Wie erklärt er das? „Im Moment kann ich es nicht.“ Seine Augen schauen mal in die Gesichter der Pressevertreter, dann wieder an einen Punkt in der Ferne. Tatsächlich war er jedes Mal in Zwischenfälle verwickelt - aber nicht immer selbst schuld.

Beim Auftakt in Australien kostet ein Dreher im Rennen Verstappen eine bessere Position. In Bahrain gerät Verstappen mit Lewis Hamilton aneinander, scheidet aus. In China räumt der Holländer Sebastian Vettel ab, ruiniert beiden das Rennen. Der große Knall dann in Baku: Teamkollegen-Crash mit Daniel Ricciardo und Doppel-Aus für Red Bull. Zuletzt in Spanien wird Verstappen zwar Dritter, ohne Berührung geht es aber auch dort nicht - er kollidiert leicht mit Williams-Pilot Lance Stroll.
Verstappen
Verstappen fliegt über die Kerbs, der Mauer entgegen
Verstappen wirkt erstmals wirklich verunsichert. „Mal sehen, was morgen möglich ist. Ich habe ja immer noch ein Rennen zu fahren.“ Eine Prognose traut er sich nicht zu. „Überholen ist schwierig, der Weg nach vorne weit.“
Immerhin: Noch scheint die Ohrfeige von Red-Bull-Boss Helmut Marko ausgeblieben zu sein. Verstappen: „Wir gewinnen und verlieren zusammen. Das war letztes Jahr auch so, als ich so viele Defekte hatte.“
Dass der Ton aber auch intern mittlerweile rauer wird, machen die Aussagen von Red-Bull-Teamchef Christian Horner nach dem Qualifying klar: „Ich hoffe, Max ist clever genug, daraus zu lernen“, sagt der Brite. Horner: „Das Ergebnis heute ist bittersüß, denn wir haben hier das schnellste Auto, beide Fahrer müssten in Reihe eins sein. Ich bin mir sicher, niemand ist frustrierter als Max selbst, wenn er sieht, wo Daniel jetzt steht.“
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Das Qualifying verpasst Verstappen nach dem Crash
Auch die Experten im Fahrerlager gehen hart mit Verstappen ins Gericht. „Das ist ein sehr dunkler Moment für Max. Im Moment läuft bei ihm alles schief“, sagt Nico Rosberg, hat aber wenig Mitleid: „Er lernt nicht dazu! Er bleibt auf seiner Linie, immer ein bisschen zu viel Risiko. Ich habe bei ihm nicht mehr so viel Hoffnung“, sagt der RTL-Experte. Verstappens junges Alter will Rosberg nicht als Ausrede gelten lassen: „Man kann nicht mehr sagen, dass er noch unerfahren ist. Er hat Erfahrung, ist seit Jahren in der F1 dabei.“
Wenig zimperlich mit Kritik ist für gewöhnlich auch Niki Lauda. Der Österreicher zu ABMS: „Ich würde ihn mal fragen, wie oft er das noch machen will? Doktor Marko muss ihm sagen, dass es so nicht geht - ihn nach außen aber gleichzeitig verteidigen. Das ist ein schwerer Spagat.“
Ex-Williams-Pilot Felipe Massa glaubt indes: „Max hat ein Talent, von dem die meisten Fahrer nur träumen können. Aber er muss endlich ruhiger werden. Nur das kann ihm helfen.“ Der Brasilianer ist überzeugt: „Er braucht einfach mehr Geduld, dann werden die Dinge von ganze alleine auf ihn zukommen.“
Die besten Bilder vom Verstappen-Crash in Monaco in der Galerie:

Von

Frederik Hackbarth