Es gab Zeiten, da war die Formel 1 noch nicht so zimperlich. Da wurde gefahren, egal, wie das Wetter gerade war. Selbst bei der Zusammenstellung des Rennkalenders wurde auf klimatische Begebenheiten nicht unbedingt Rücksicht genommen. Anders ist es nicht zu erklären, dass der Kanada-GP 1978 in den Oktober gelegt wurde. Da kann es in Kanada schon bitterkalt sein – und war es auch 1978.
Formel-1-Tests: Live-Ticker
Kanada 1978 war das kälteste WM-Rennen aller Zeiten. Die Angaben schwanken zwischen null und fünf Grad Celsius. Die meisten Zeitungen berichteten von zwei Grad über Null. Zum Glück war es trocken. Dick eingepackt sahen die Zuschauer ein tolles Rennen. Nachdem Pole-Mann Jean-Pierre Jarier (Lotus-Ford) mit einem Bremsdefekt ausschied, war der Weg frei für den Lokalhelden Gilles Villeneuve (Ferrari) zu seinem allerersten Formel-1-Sieg.
Fünf Jahre zuvor staunte Emerson Fittipaldi nicht schlecht. Der amtierende Weltmeister aus Brasilien sah zum ersten Mal Schnee. Beim Formel-1-Rennen in Silverstone im April, das aber nicht zur Weltmeisterschaft zählte. Prompt fiel Fittipaldi in Runde eins aus – Kupplungsdefekt. Bei dichtem Schneetreiben gab es einige Powerslides. Jackie Stewart (Tyrrell-Ford), der spätere Weltmeister jener Saison 1973, setzte sich vor Ronnie Peterson (Lotus-Ford) durch.
Mercedes
Heute muss Mercedes einen Schneemann fahren lassen...
Doch es geht heftiger. Der Pau-GP 1933 wurde im Februar ausgetragen. Mutig, aber andererseits ist Schnee in der südfranzösischen Stadt äußerst selten. Noch heute wird der Grand Prix für Formel-3-Rennwagen veranstaltet, damals aber kamen die großen GP-Boliden und ihre Stars zum Einsatz. Nach einigen Runden hörte der Schneefall auf. Es bildeten sich Spurrillen im Schnee. Überholmanöver waren Mangelware – abseits der Ideallinie war es richtig glatt. Hinter einem anderen Fahrzeug dicht hinterherfahren war außerdem eine Tortur: Das Schmelzwasser verbunden mit Eisklumpen und Streugut spritzte sonst direkt ins Gesicht der Piloten. Trotz der widrigen Verhältnisse hatte nur ein Fahrer einen Crash: Robert Brunet zerlegte seinen Bugatti. Es gewann Marcel Lehoux (Bugatti).
In den 30er Jahren wurden sogar GP-Rennen auf zugefrorenen Seen Skandinaviens abgehalten. Meistens starteten nur einheimische Piloten, aber 1934 machte sich auch der Deutsche Paul Pietsch mit seinem Alfa Romeo auf ins norwegische Lillehammer. Er schied mit einem Motorschaden aus. Es siegte der Norweger Per-Wiktor Widegreen.
 

Von

Michael Zeitler