"Ich glaube, wir würden heute sagen, dass Senna sieben- oder achtmal Weltmeister gewesen ist, was für Michael Schumacher bedeutet hätte, dass er nicht in der Form die Statistik geprägt hätte, wie er es dann ja getan hat." Das sagt Gerhard Berger.
Michael Schumacher gegen Ayrton Senna – es ist das Duell des erfolgreichsten Formel-1-Fahrers aller Zeiten gegen den, den viele für den besten überhaupt halten. Keiner weiß, wie die Karriere von Schumacher weitergegangen wäre, wenn Senna den Unfall in Imola 1994 überlebt hätte. Fakt ist: Schumacher gegen Senna wäre das vielleicht spektakulärste Duell um den WM-Titel aller Zeiten geworden.
1992. Testfahrten in Hockenheim. Benetton-Pilot Schumacher blockiert McLaren-Honda-Star Senna, der daraufhin ins Benetton-Motorhome stürmt. Die McLaren-Mechaniker müssen Senna wegreißen. Schumacher kommentiert die Situation so: „Er hat mich nur leicht am Hals gestreichelt.“ Aber Senna tobt: „Von diesem Kerl akzeptiere ich kein Sorry mehr.“ Danach kommt es doch noch zum klärenden Gespräch, das 15 Minuten dauert.
Senna
Schumacher und Senna duellierten sich mehrmals
Allein fünf Mal stoßen die beiden 1992 zusammen, einmal auf der Strecke, aber vier Mal verbal. Beim Frankreich-GP dreht Schumacher Senna am Start um. Der nimmt sich daraufhin den deutschen Jüngling vor laufender TV-Kamera zur Brust: „Also bevor wir so aneinandergeraten wie in Brasilien, komm zu mir und dann reden wir darüber. Aber mach nicht sowas.“ 
In Brasilien streikt das Getriebe in Sennas McLaren-Honda. Rundenlang kann er Schumacher hinter sich halten. Immer wieder attackiert der Deutsche, kommt teilweise sogar vorbei – aber Senna kontert. Am Ende scheidet Senna aus, Schumacher wird Dritter. Beklagt sich dann aber öffentlich auf der Pressekonferenz: „Nach zehn Runden hat er versucht, ein Spiel mit mir zu spielen. Er wusste, dass er das Rennen nicht beenden konnte, blockte mich in den Kurven ab, fuhr auf den Geraden wieder davon. Einmal ließ er mich sogar überholen, um mich dann wieder zurückzuüberholen. Ich bin wirklich sauer auf Ayrton. Das hat er als dreimaliger Weltmeister nicht nötig.“
Insgeheim weiß Senna: Mit Schumacher kommt erstmals ein junger Fahrer, der ihm ebenbürtig ist. Offiziell kann er sich Seitenhiebe nie verkneifen. So sagt er damals: „Irgendwann wird einer kommen, der alle meine Rekorde und Bestmarken auslöscht. Genau wie auch ich besser wurde als Rennfahrer vor mir. Ich glaube aber nicht, dass das passiert, solange ich noch fahre.“
Das Duell 1994 geht nur über drei Rennen. Drei Mal hat Senna die Poleposition, drei Mal scheidet er aber aus. Und drei Mal gewinnt Schumacher. Die Medien sind vom neuen Mega-Duell begeistert. Niki Lauda, damals Berater bei Ferrari, erklärt: „Schumacher ist das Jahrhunderttalent, geht unheimlich konsequent seinen Weg – keiner ist in kürzester Zeit raufgekommen wie er. Senna war in Schumachers Alter noch nicht so gut.“
Beim Pacific-GP 1994, ein Wochenende vor Imola, wird auch Schumi zum Titelduell befragt: „Senna hat mit mir auf dem Weg zur Toilette ein bisschen geplaudert, mehr war schon nicht mehr möglich, weil uns alle umringten. Wir haben keine besondere Beziehung zueinander, weil wir unterschiedliche Interessen haben. Überhaupt keine persönlichen Probleme. Vielleicht in der Vergangenheit, aber die sind bereinigt. Ich habe nur das gleiche Gefühl wie Senna: Dass manche einen Krieg Schumacher-Senna entfesseln wollen, auf uns loshetzen. Aber das will Senna nicht, und das will ich nicht.“ Der tragische Unfalltod in Imola 1994 hat das ohnehin verhindert.
Im Video sehen Sie die Kollision beim Frankreich-GP 1992 und das anschließende Wortgefecht vor laufender TV-Kamera.

Von

Michael Zeitler