Spannung pur beim Grand Prix in Montreal: Der Große Preis von Kanada wurde am Sonntag zum Drama in zwei Akten. Zunächst zeichneten die beiden Mercedes dabei das übliche Bild an der Spitze und spulten nach einem engen Start zwischen Rosberg und Hamilton in überlegener Manier ihre Runden ab. Nach Halbzeit des Rennens auf dem Circuit Gilles Villeneuve setzten jedoch zeitgleich bei beiden Silberpfeilen Motorenprobleme ein, weshalb Rosberg und Hamilton gut zwei Sekunden pro Runde auf die Verfolger einbüßten. Kurz nach der zweiten Runde Boxenstopps, bei denen Hamilton erstmals im Rennen kurz vor Rosberg gespült wurde, musste der Brite nach einem neuerlichen Zweikampf mit seinem Teamkollegen jedoch mit einem Bremsdefekt ganz aufgeben.

Ricciardo nutzt die Gunst der Stunde

Start Montreal 2014
Bereits am Start ging es eng zu: Rosberg (r.) behielt die Nase aber knapp vor Mercedes-Kollege Hamilton (l.)
Rosberg blieb auf der Strecke und in Führung, die schnelleren Konkurrenten kamen jedoch von hinten immer näher, da dem Mercedes auf der Geraden die volle Power fehlte. Bis zwei Runden vor Schluss hielt Rosberg dem Druck stand, profitierte dabei auch von Sergio Perez, der auf P2 die schnelleren Red Bulls und Felipe Massa im Williams lange aufhielt.
Schlussendlich fand Daniel Ricciardo jedoch erst einen Weg vorbei an Perez und mit der Hilfe des DRS dann auch an Rosberg, der im angeschlagenen Silberpfeil keine Gegenwehr mehr leisten konnte. Eingangs der letzten Runde endete der spannende Kanada GP dann abrupt mit einem großen Knall: Im Kampf um die letzte Podestplatzierung zwischen Vettel, Perez und Massa, kollidierte Letzterer mit dem Mexikaner im Force India, was einen harten Abflug beider Piloten in Turn eins zur Folge hatte.

Massa & Perez nach Crash wohlauf

Vettel hatte Glück, bei dem spektakulären Abflug von Massa und Perez nicht mit ins Aus gerissen zu werden. Die Rennleitung holte im Anschluss an den Unfall, bei dem beide Piloten unverletzt bleiben, umgehend das Safety-Car auf die Piste – bereits zum zweiten Mal an diesem Tag, musste es auch schon nach einer Startkollision der Marussia-Autos auf die Piste, für die Max Chilton im Nachhinein eine Strafversetzung um drei Plätze beim nächsten GP kassierte. Die gleiche Strafe, allerdings gleich auf fünf Startpositionen ausgelegt, bekam auch Perez für den Crash mit Massa aufgebrummt. Durch die zweite Safety-Car-Phase waren weitere Verschiebungen am Ende des Rennens nicht mehr möglich und Ricciardo rollte unter dem Jubel seiner Red-Bull-Mechaniker als Erster über die Ziellinie.

Unglaubliche Premiere

Massa-Crash
Schreckssekunde in der letzten Runde: Massa (vorne) & Perez (hinten) fliegen ab, Vettel hat dabei viel Glück
Der erste Nicht-Mercedes-Sieg des Jahres war zeitgleich auch der erste überhaupt in der Karriere des Australiers. Auf dem Podest jubelte der überglückliche Sensationstriumphator: „Ich bin immer noch leicht geschockt! Das Ergebnis ist surreal, fast lächerlich...“ Mit einer Siegchance hatte Ricciardo den Großteil des Rennens über ob der Mercedes-Dominanz nie gerechnet. „Der Grand Prix kam erst in den letzten 15 Runden in Gang, nachdem Hamilton Probleme bekam und Rosberg auf den Geraden langsam wurde“, räumte er ein, ohne die schwächelnden Silberpfeile maximal eine Chance auf P3 gehabt zu haben. Dass schlussendlich sein Premierensieg in der F1 herausgesprungen ist, sei „ein Wahnsinnsgefühl! Ich bin im Moment einfach nur so dankbar für dieses Rennen!“

Großes Lob von Vettel

Lob für Ricciardo gab es von Teamkollege Sebastian Vettel, der mit Rang drei am Ende gut leben konnte. „Gratulation an Daniel, das ist heute sein Tag.“ Auch der Titelverteidiger merkte jedoch an, dass man am Sonntag „Hilfe von Mercedes“ bekommen habe. „Es war heute der erste Renault-Sieg in der neuen Ära, aber wir haben trotzdem gesehen, dass noch viel Arbeit zu tun ist, denn unter normalen Umständen ist Mercedes immer noch viel schneller.“ Seine eigenen Siegchancen sah Vettel vor allem hinter den Force Indias von Nico Hülkenberg und Perez schwinden. „Ich hing hinter beiden lange fest, weil wir auf den Geraden nicht schnell genug waren – da hat uns einfach die Power gefehlt.“

Rosberg rettet Rang zwei ins Ziel

Kanada-Podium 2014
Erster Sieg im ersten Jahr bei Red Bull: Ricciardo (M.) feiert, Rosberg und Vettel klatschen fair Beifall
Dieses Gefühl musste erstmals im Jahr 2014 auch Nico Rosberg feststellen. Der Wiesbadener erklärte mit Blick auf seine Motorenprobleme: „Das Rennen war von Anfang an eine große Schlacht und ich musste viel kämpfen – erst mit Lewis, dann mit dem Auto. Ich wusste gar nicht so recht, was los war und habe auf einmal viel Leistung auf den Geraden verloren. Ich habe mich dann reingehängt und versucht, eine Quali-Runde nach der anderen zu fahren, um irgendwie vorne zu bleiben, aber das hat nicht ganz geklappt.“ Ein dickes Kompliment für Rosberg, der auf Grund von Hamiltons Nullnummer seinen WM-Vorsprung auf den Teamkollegen auf 22 Punkte ausbaute, gab es von Mercedes-GP-Aufsichtsrat Niki Lauda.

Lauda erklärt Mercedes-Misere

Der Österreicher verriet: „An unseren beiden Autos ist im gleichen Moment die Elektronik ausgefallen, hervorgerufen durch eine Übertemperatur.“ Das habe nicht nur fehlende Leistung sondern auch mangelnde Unterstützung auf der Bremse zur Folge gehabt, was im Ausfallgrund Hamiltons resultierte. „Nico hatte das besser im Griff, aber bei ihm bestand auf einmal trotzdem ein Handicap von rund 160 PS. Damit noch auf den zweiten Platz zu fahren, war weltmeisterlich!“ Hinter Rosberg und Vettel fuhr mit Nico Hülkenberg der nächste Deutsche auf Rang fünf und musste dabei lediglich Jenson Button den Vortritt zwischen sich und seine Landsleute lassen. Fernando Alonso wurde im Ferrari Sechster. Valtteri Bottas, Jean-Eric Vergne, Kevin Magnussen und Kimi Räikkönen komplettierten am Ende die Top-10.

Von

Frederik Hackbarth