Formel 1: So kam es zur Mercedes-Panne
Rechenfehler kostet Hamilton den Sieg

—
Bitter für Lewis Hamilton: Der Brite verliert trotz perfekter Leistung in Australien den Sieg - weil bei Mercedes der Computer patzt. Die Hintergründe:
Bild: Picture-Alliance
Lewis Hamilton war sofort alarmiert: „Was ist passiert? Warum habt ihr mir nicht gesagt, dass Sebastian in der Box ist?“, funkt der Brite in Runde 26 an sein Team. Verwirrung am Mercedes-Kommandostand. „Wir dachten, wir sind sicher. Aber scheinbar ist etwas schiefgelaufen“, lautet die Antwort des Renningenieurs. Hamilton verliert während einer virtuellen Safety-Car-Phase seine Spitzenposition - und Mercedes den Australien GP an Ferrari.

Toto Wolff musste seinen Schützling trösten
Wolff weiter: „Der Abstand, den wir gebraucht hätten, wurde vom System falsch kalkuliert. Scheinbar gibt es einen Fehler im Algorithmus. Wir hatten immer grünes Licht, dass wir noch im Sollbereich liegen.“ Heißt: Mercedes hat eine Art Ampelsystem - schmilzt der Vorsprung unter den benötigten Sollwert, hätte das Team gewarnt werden müssen und Hamilton anweisen können, schneller zu fahren.
Der Brite fragte deshalb auch gleich instinktiv nach, ob er etwas falsch gemacht habe. Das war nicht der Fall: Denn als die Safety-Car-Phase erst einmal ausgelöst war, hätte Hamilton mit den vorgeschriebenen Deltazeiten unter gelber Flagge sowieso nicht schneller fahren dürfen und somit auch keine Zeit mehr rausholen können.

Erstmal hinter Ferrari, gab es keinen Weg mehr zurück
„Mit frischen Reifen wäre das beim Blick auf seine Zeiten überhaupt kein Problem gewesen. So aber hat sich Lewis seinen 40-Runden-Stint wie immer eingeteilt und am Anfang zu viel Zeit investiert, weil er dachte, dass er sowieso auf der sicheren Seite ist.“
Der Blick auf die Zeiten belegt diese Einschätzung. Hamilton fuhr nach seinem Stopp in Runde 19 vornehmlich mittlere 1:28-er Zeiten. Später, als er hinter Vettel lag und Druck ausüben musste, waren auf den dann bereits älteren weichen Reifen selbst 1:26-er Zeiten für den Silberpfeil-Piloten kein Problem.
Das Safety-Car konnte in der entscheidenden Phase nach Hamiltons Reifenwechsel aber natürlich weder Mercedes noch Ferrari vorhersehen. Die Scuderia bekam Vettels Stopp dann praktisch „umsonst“. Ex-F1-Champion Damon Hill analysiert: „Das virtuelle Safety-Car bremst alle auf der Strecke ein. So verlierst du weniger Zeit an der Box. Wenn das VSC dann wie bei Vettel auch noch genau auf den Zeitpunkt fällt, zu dem du eh stoppen wolltest, ist das wie ein Sechser im Lotto.“ Die Rundenzeitentabelle zeigt: Vettel gewann allein auf seiner Inlap fünf Sekunden. Damit wuchs sein Vorsprung auf 17 Sekunden. Weitere fünf Sekunden machte Vettel bei der Ausfahrt aus der Box gut - 22,5 kostet ein normaler Boxenstopp in Melbourne - und schon war er an Hamilton vorbei.

Prost: Am Sonntag in Australien durfte Ferrari feiern
Mercedes-Boss Wolff bestätigt indirekt: „Mit zwei Ferraris können sie verschiedene Strategien fahren. Da mussten wir reagieren, um nicht undercuttet zu werden. Dann bist du natürlich in einer schlechteren Position.“ Dazu kamen Kühlungsprobleme am Motor. Mehrfach wurde Hamilton aufgefordert mehr Abstand von Vettel zu halten, damit der Mercedes-Antrieb nicht überhitzt.
Dafür, dass es kein Vorbeikommen mehr gab, macht Hamilton selbst derweil die Strecke verantwortlich. „Völlig unmöglich hier. Statistisch ist Melbourne der zweitschlimmste Kurs zum Überholen. Du brauchst so etwas Verrücktes wie 1,8 Sekunden pro Runde, die du schneller bist, um eine Chance zu haben.“
Am Sonntag hätten Hamilton auch 1,6 Sekunden gereicht - allerdings an anderer Stelle: Denn der Blick auf die Zeiten zeigt, dass das der Puffer ist, der Hamilton fehlte, um auch nach dem VSC-Stopp vor Vettel zu bleiben. Und den der Mercedes-Computer in seinen Berechnungen verschluckte...
Service-Links