Herr Vettel, wir treffen uns hier bei einem Termin Ihres Sponsors Braun. Wie ist es in diesem Jahr von den anderen rasiert zu werden?
Ich bin natürlich froh, dass ich mich meistens noch selbst rasieren darf. Auf der Strecke sieht das im Moment natürlich noch anders aus. Aber wir sind drauf und dran, dass sich das Bild dreht – und dass wir die anderen wieder rasieren.
Wie halten Sie Ihre Motivation aufrecht, obwohl Sie den Titel kaum noch gewinnen können?
Die Frage nach der Motivation stellt sich nicht. Was mich antreibt, ist Rennen zu fahren und zu gewinnen. Das macht mir viel Spaß. Wenn die Ampel ausgeht, will man immer das Beste aus sich rausholen. Da muss mir niemand erklären, was das Ziel ist. Da bin ich wie ein Fußballspieler. Wenn der sieht, das Tor ist leer, denkt er sich nicht: 'Okay, bin ich schon abgestiegen und lohnt es sich überhaupt noch?' Sondern er schießt ihn rein.
Wie erklären Sie Ihren deutschen Fans, warum Sie dieses Jahr noch nicht gewonnen haben?
Vettel
Spaß beim Sponsoren-Termin für Braun: Vettel übt das Fahren virtuell am Simulator
Dieses Jahr ist es einfach noch nicht zusammengekommen. Wir hatten sehr viele technische Probleme. Ein Rennen gab's, das zu gewinnen war. Da hatten wir nicht ganz die richtige Strategie und waren – als wir von den Problemen der Mercedes hätten profitieren können – nicht Erster in der Reihenfolge, sondern nur Zweiter.
Wie besonders ist das Heimrennen für Sie?
Es ist immer etwas Besonderes vor heimischem Publikum zu fahren. Der deutsche Grand Prix ist im Kalender fest verankert. Ich finde es schön, viele Freunde und Familie da zu haben, deutsche Flaggen zu sehen. Das treibt mich nach vorne.
Fühlen Sie sich als deutsches Nationalteam?
Nein, im Fußball ist es anders als in der Formel 1. Bei uns kämpft jeder für sich oder eben für das Team, in dem wir fahren.
Wie eng ist der Kontakt zu den anderen Deutschen?
Man kennt sich jetzt schon lange. Nico Hülkenberg kenne ich persönlich am längsten. Wir fuhren schon zusammen im Kart. Aber am Rennwochenende verbringen wir wenig Zeit miteinander. Jeder ist bei seinem Team eingespannt. Und auch sonst gibt es nicht viele Freundschaften untereinander.
Ist die Konkurrenz zwischen den Deutschen größer als zu anderen?
Es ist eigentlich ziemlich egal, gegen wen man fährt beziehungsweise aus welchem Land der andere kommt. Man weiß natürlich, wer vor oder hinter einem ist. Aber letztlich will man dafür sorgen, dass alle hinter einem sind.
Bewerten Sie Ihre Landsmänner!
Rosberg & Vettel
Respekt für Landsmann Rosberg: Vettel zeigt sich von der Leistung des Mercedes-Stars beeindruckt
Nico macht bis jetzt einen sehr guten Job. Er hat einen starken Teamkollegen, den er meistens gut im Griff hat. Es ist ein enges Duell. Schwer zu sagen, wie es ausgeht. Ob ich es Nico gönnen würde? Jeder, der sich in die Position bringt am Ende um den Titel zu kämpfen, hat ihn auch verdient. Und auch die anderen beiden machen ihren Job gut und halten die deutschen Fahnen hoch.
Wollen Sie gerne auch mal in einem deutschen Formel-1-Auto fahren?
Bin ich doch schon! Mein erstes Formel-1-Rennen habe ich mit BMW bestritten.
Sie fahren für ein österreichisch-englisches Team in der Formel 1. Würde Sie nicht vielmehr Mercedes reizen?
Nicht wirklich. Ich glaub die Partnerschaft mit Red Bull ist etwas ganz Besonderes. Nicht nur auf Grund der vergangenen Jahre in der Formel 1 sondern auch auf Grund der Unterstützung in sehr frühen Jahren meiner Karriere. Wie gesagt, im Moment läuft es nicht so wie wir uns das wünschen aber wir sind drauf und dran wieder da hinzukommen wo wir schon mal waren.
Können Sie die deutsche Hymne singen?
Ja und ich singe sie auf dem Podium auch mit.
Welche drei Eigenschaften sind typisch deutsch und treffen diese Tugenden auch auf Sie zu?
Typisch deutsch und auch eine meiner Eigenschaften ist das deutsche Auge für Genauigkeit. Ich mache alles sehr akkurat. Sauberkeit ist ebenfalls eine Eigenschaft von Deutschland. Dazu passt: Auch mein Auto muss immer sauber in der Garage stehen, dafür habe ich meine Mechaniker (schmunzelt). Zudem schätze ich Pünktlichkeit. An meiner eigenen muss ich jedoch noch arbeiten.
Ihr Lieblingsort in Deutschland?
Berlin. Coole Stadt.
Ihr deutsches Lieblingsgericht?
Bratwurst und Kartoffelbrei.
Schlager oder deutsche Welle?
Ich bin ja eher Beatles-Fan, aber wenn schon, dann deutsche Welle.
Die größte Errungenschaft Deutschlands und in der Formel 1?
Vettel
Heimspiel in Hockenheim: Am Wochenende gibt Vettel vor den deutschen Fans Gas
Seit vorletzem Dienstag das 7:1 der deutschen Nationalmannschaft in Brasilien (lacht). Generell bin ich sehr stolz darauf, wo ich herkomme und kann mich mit dem Land gut identifizieren. Wir spielen hervorragend Fußball, haben eine tolle Liga im eigenen Land, haben gute Rennfahrer – in der Vergangenheit und auch in der Zukunft. Und auch sonst sind wir überall, wo man vorne dabei sein kann, vorne dabei!
Wollen Sie wie die Fußballer auch mal ein Selfie mit Angela Merkel?
Ich würde ihr viel lieber einfach nur die Hand schütteln, beziehungsweise mit ihr reden. So schaffe ich eine Erinnerung für mich, von der ich anderen berichten kann.
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Von

Ralf Bach