Grenzwerte für Feinstaub und NO2
"Lokale Fahrverbote wenig sinnvoll"

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20 hochrangige Wissenschaftler haben lokale Fahrverbote als "Aktionismus" bezeichnet. Wichtiger sei eine umfassende Strategie – und ein anderer Schadstoff.
(dpa/brü/cj) Führende Wissenschaftler halten begrenzte Diesel-Fahrverbote auf einzelnen Straßen für wenig hilfreich, um die Luft in den Städten zu verbessern. Dies sei "kurzfristiger Aktionismus", urteilten 20 Professoren aus zwölf Fachgebieten der Nationalen Wissenschaftsakademie Leopoldina am 9. April 2019. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte diese um eine klärende Stellungnahme gebeten, nachdem eine Gruppe von 107 Lungenärzten die Wirksamkeit von Schadstoff-Grenzwerten angezweifelt hatte – vor allem die 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft bei Stickstoffdioxid (NO2).
Feinstaub deutlich schädlicher als NO2
Die Leopoldina-Wissenschaftler sehen es nicht als vordringlich an, NO2-Grenzwerte zu verschärfen, die in vielen Städten vor allem durch Dieselabgase überschritten werden. Grundsätzlich aber müsse mehr getan werden, um den Ausstoß von Schadstoffen zu verringern. Die Experten empfehlen eine umfassende Strategie und eine grundlegende Verkehrswende mit einem Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Die Experten bestätigten die Gesundheitsgefahr von Stickoxiden (NOx), zu denen auch NO2 gehört – Feinstaub sei aber deutlich schädlicher. Die Politik solle prüfen, ob diese Grenzwerte verschärft werden sollten. Feinstaub stammt etwa aus Dieselruß, Reifenabrieb oder Abgasen von Industrie, Kraftwerken und Heizungen.
Leopoldina-Vize: Köhler hat sich "vergaloppiert"

Lungenarzt Dieter Köhler sorgte mit einem kritischen Papier zu Schadstoff-Grenzwerten für Aufregung.
Alle fühlen sich irgendwie bestätigt

Verkehrsminister Scheuer sieht die Wirksamkeit seiner Maßnahmen bestätigt.
EU-Kommission verteidigt Grenzwerte
Die EU-Kommission hatte Ende Februar 2019 Scheuers Zweifel an Grenzwerten für Luftverschmutzung klar zurückgewiesen. In einem Brief schrieben die Kommissare für Umwelt, Verkehr und Industrie dem CSU-Politiker, der "überwiegende Teil" der jüngeren "fachlich geprüften wissenschaftlichen Erkenntnisse" weise auf negative Gesundheitsfolgen unter anderem von Stickstoffdioxid (NO2) hin – selbst wenn die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO, auf denen die Grenzwerte beruhen, unterschritten seien.
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