Håkan Samuelsson: Interview über Volvo und seinen Erfolg
„Ich begegne jedem Menschen mit Respekt“

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Volvo-Chef Håkan Samuelsson (66) erhält das Ehrenlenkrad 2017. AUTO BILD erzählt er im Interview, wie er sich und die Marke Volvo neu erfand.
Henry Ford II, Ferry Porsche, Elon Musk – sie alle haben das Goldene Ehrenlenkrad verliehen bekommen. Und nun Håkan Samuelsson, Chef von Volvo. Wir haben ihn in Göteborg besucht – und erlebten einen bescheidenen Auto-Boss. Ein großes Vorstandsbüro? Gibt es nicht. Samuelsson teilt seinen Arbeitsplatz mit einer Assistentin und einem Assistenten, die Tür zum Vorzimmer bleibt offen.
AUTO BILD: An Tesla kommt niemand vorbei, wenn es um die Zukunft unserer Autos geht. Die Amerikaner haben eine der begehrtesten Marken geschaffen. Kann Volvo dieses Rennen noch gewinnen?

Volvo-Chef Håkan Samuelsson, Träger des Goldenen Ehrenlenkrads 2017.
In Europa wird über das Verbot von Verbrennungsmotoren diskutiert. Einige Länder haben es beschlossen, während sich die Autohersteller wehren. Wäre die Konzentration auf eine Technologie hilfreich?
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sollte man ein Antriebskonzept wählen. Entweder den Verbrenner – das ist nicht billig –, oder man setzt auf die Zukunft. Wir sind überzeugt, dass die Entwicklung Richtung Elektrifizierung geht. Daher haben wir entschieden, dass alle neuen Volvo ab 2019 elektrifiziert auf den Markt kommen. Was wir brauchen, sind klare Richtlinien, wie in China mit der E-Auto-Quote. Ein Verbot von Verbrennern wäre der falsche Weg.
Reicht das, um gegen Tesla zu bestehen?
Die Frage stellten wir uns auch. Reicht es aus, unsere elektrifizierten Autos nur unter dem Namen Volvo auf den Markt zu bringen, oder braucht man dafür auch eine neue Marke? Wir haben uns für die zweite Variante entschieden, starten ab 2019 mit Polestar unter dem Motto "Pure Premium Performance". Zunächst sind drei Modelle geplant, ein Plugin-Hybrid mit 600 PS und zwei rein elektrisch angetriebene Modelle. Aber auch von Volvo werden interessante Elektroautos auf den Markt kommen, in anderen Segmenten, nicht so exklusiv wie bei Polestar.
Braucht es für den Durchbruch der E-Mobilität staatliche Förderungen?
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sollte man ein Antriebskonzept wählen. Entweder den Verbrenner – das ist nicht billig –, oder man setzt auf die Zukunft. Wir sind überzeugt, dass die Entwicklung Richtung Elektrifizierung geht. Daher haben wir entschieden, dass alle neuen Volvo ab 2019 elektrifiziert auf den Markt kommen. Was wir brauchen, sind klare Richtlinien, wie in China mit der E-Auto-Quote. Ein Verbot von Verbrennern wäre der falsche Weg.
Reicht das, um gegen Tesla zu bestehen?
Die Frage stellten wir uns auch. Reicht es aus, unsere elektrifizierten Autos nur unter dem Namen Volvo auf den Markt zu bringen, oder braucht man dafür auch eine neue Marke? Wir haben uns für die zweite Variante entschieden, starten ab 2019 mit Polestar unter dem Motto "Pure Premium Performance". Zunächst sind drei Modelle geplant, ein Plugin-Hybrid mit 600 PS und zwei rein elektrisch angetriebene Modelle. Aber auch von Volvo werden interessante Elektroautos auf den Markt kommen, in anderen Segmenten, nicht so exklusiv wie bei Polestar.
Braucht es für den Durchbruch der E-Mobilität staatliche Förderungen?
Am Ende müssen die Produkte attraktiv sein. Und unsere neuen Elektroautos werden genau das sein, sich deshalb schnell am Markt durchsetzen. Subventionen taugen nur dazu, den Markt für eine neue Technologie kurzfristig anzukurbeln.
Bisher haben die Autohersteller, auch Tesla, kein Geld mit Elektroautos verdient. Wie wollen Sie also mit der neuen Technik Geld verdienen?

Jensen Huang, CEO von Nvidia, hielt die Laudatio auf seinen Freund Håkan Samuelsson.
Trotzdem müssen Sie Geld verdienen. Mit den neuen Modellen haben Sie Volvo in die Gewinnzone geführt – das war über viele Jahre nicht gelungen. Was ist das Erfolgsrezept?
Zunächst der neue Eigner. Erstmals sind wir nicht eine Abteilung in einem großen Konzern, wir können arbeiten wie ein eigenständiger Hersteller, der seine Zukunft selbst in die Hand nehmen muss. Geely gibt uns dafür die entsprechenden Freiheiten. Unsere Zukunft basiert an erster Stelle auf den neuen Plattformen für die neuen Modelle. Erst mit diesen Plattformen sind wir konkurrenzfähig.
Der Fokus verändert sich in Zukunft, Volvo wird von einem Autohersteller zum Mobilitätsanbieter. Gehört dazu eine neue Führung? Deutsche Autohersteller werden bis heute autokratisch geleitet.
Wahrscheinlich schon. Ich bin viel im Unternehmen unterwegs, rede mit den Leuten, wo sie arbeiten. Da lernt man, ob Vorstandsbeschlüsse bei allen Mitarbeitern ankommen. Mein Motto: Ich begegne jedem Menschen mit Respekt. Immer. Prinzipiell bin ich jemand, der eher Impulse gibt als Kommandos.
Klingt nach heiler Welt.
Ich kann sauer reagieren. Zum Beispiel, wenn Dinge vereinbart, aber nicht umgesetzt werden. Ich bin ein ungeduldiger Mensch, manchmal gehen mir Veränderungen nicht schnell genug, und ich werde ärgerlich.
Bei MAN sind Sie im Rahmen eines Schmiergeldskandals zurückgetreten. Die Staatsanwaltschaft hat in ihren Ermittlungen festgestellt, dass Sie nichts davon wussten und auch nicht persönlich profitiert haben. Welche Erfahrungen haben Sie aus der Zeit mitgenommen?
Ich habe zwei Dinge gelernt. Erstens: Details sind wichtig! Dinge sind nicht ungefähr richtig, sondern erst dann, wenn man wirklich zufrieden ist. Dazu gehört auch, dass jeder Mitarbeiter eigenverantwortlich wie ein Unternehmer denkt. Und zweitens, dass es nicht reicht, Visionen zu haben. Man braucht klare Prozesse und Routinen, um alles abzusichern.
Wir reden viel über das Auto der Zukunft. Aber das braucht Herkunft. Haben Sie ein Faible für alte Autos?
Klar. Mein erstes Auto war ein VW Käfer, den ich für 500 Kronen gekauft habe – das sind heute vielleicht 50 Euro … Erst kürzlich habe ich mir ein Volvo P1800 Coupé zugelegt, das ist jetzt fast 50 Jahre alt.
Bei MAN sind Sie im Rahmen eines Schmiergeldskandals zurückgetreten. Die Staatsanwaltschaft hat in ihren Ermittlungen festgestellt, dass Sie nichts davon wussten und auch nicht persönlich profitiert haben. Welche Erfahrungen haben Sie aus der Zeit mitgenommen?
Ich habe zwei Dinge gelernt. Erstens: Details sind wichtig! Dinge sind nicht ungefähr richtig, sondern erst dann, wenn man wirklich zufrieden ist. Dazu gehört auch, dass jeder Mitarbeiter eigenverantwortlich wie ein Unternehmer denkt. Und zweitens, dass es nicht reicht, Visionen zu haben. Man braucht klare Prozesse und Routinen, um alles abzusichern.
Wir reden viel über das Auto der Zukunft. Aber das braucht Herkunft. Haben Sie ein Faible für alte Autos?
Klar. Mein erstes Auto war ein VW Käfer, den ich für 500 Kronen gekauft habe – das sind heute vielleicht 50 Euro … Erst kürzlich habe ich mir ein Volvo P1800 Coupé zugelegt, das ist jetzt fast 50 Jahre alt.
Jen-Hsun "Jensen" Huang, CEO von Nvidia, hat Ihre Laudatio gehalten. Warum gerade er?
Nvidia hat sich vom Hersteller von Grafikkarten für PCs zu einem führenden Player im Bereich des autonomen Fahrens und der künstlichen Intelligenz entwickelt und ist damit ein starker Partner bei der Entwicklung autonom fahrender Autos. Beide Firmen stellen sich mit gleichen Visionen und Zielsetzungen neuen Herausforderungen: Wir wollen etwas besser machen. Ich kenne Jensen seit Jahren, wir sind sehr gute Freunde und schätzen uns gegenseitig.