"Mercedes wird wieder die Nummer eins"

BILD-Interview mit Mercedes-Benz-Boß Dieter Zetsche. Der 52jährige – ab Januar 2006 Gesamt-Chef von DaimlerChrysler – über Stellenabbau und Qualitätsprobleme bei Mercede-Benz, eine weitere Zusammenarbeit mit Chrysler und die derzeitige politische Lage in Deutschland.

BILD: Herr Zetsche, Sie haben den Abbau von 8500 Jobs angekündigt. Insider befürchten, daß sogar bis zu 10.000 Stellen wegfallen. Was stimmt denn nun?

Zetsche: Es gilt die zahl 8500. Entscheidend ist, daß wir die soeben beschlossenen Personalmaßnahmen jetzt umsetzen. Es geht für uns darum, die Produktivität bei Mercedes weiter zu steigern und das Unternehmen gesund und profitabel wachsen zu lassen. Gerade bei der Produktivität müssen wir dringend zu unseren Konkurrenten aufholen.

Heißt das im Klartext, daß die Bänder bald schneller laufen müssen? Wir wollen mit weniger mehr erreichen, mehr Autos produzieren und verkaufen. Wir wollen insgesamt produktiver werden. Deshalb sollte es auch dazu kommen, daß in der gleichen Zeit wieder mehr Autos von den Bändern laufen.

Auch Opel baut Personal ab und spart. Die "Antrittsprämie" für Samstagsarbeit wurde gestrichen, die Bezahlung von Pausenzeiten eingeschränkt. Fordern Sie ähnliche Opfer? Ich sehe Bedarf für Korrekturen – insbesondere dort, wo es Rahmenbedingungen gibt, die nicht mehr in unsere Zeit passen. Das sollte aber nicht von der Zentrale vorgebeben, sondern vor Ort in den Werken verhandelt werden.

Wie wollen Sie die Qualitätsprobleme bei Mercedes in den Griff bekommen? Ich will nichts beschönigen: Es hat bei Mercedes Probleme gegeben, die es nicht hätte geben dürfen. Wir haben Kunden enttäuscht. Bereits seit Jahren führen wir umfassende Maßnahmen durch, die uns auf den richtigen Weg zurückgebracht haben. Dies zeigen sowohl unsere internen Messungen als auch zahlreiche externe Studien. Ich bin überzeugt, daß wir Mercedes wieder zur unumstrittenen Nummer eins machen werden.

"Bei vielen herrscht eine Blockade im Kopf"

Im Januar übernehmen Sie den Chefposten bei DaimlerChrysler. Schließen Sie eine Trennung beider Unternehmensteile definitiv aus? Ja, das wird es mit mir nicht geben. Mit der Konzentration aufs Automobil, die unter der Führung von Jürgen Schrempp vollzogen wurde, sind wir für die Zukunft sehr gut aufgestellt. Wir sind inzwischen fest zusammengewachsen, wir sind ein Unternehmen, können viel voneinander lernen – auch über den Atlantik hinweg.

Wird die Zentrale von DaimlerChrysler auch in 20 Jahren in Stuttgart sein? Ja.

VW steckt in einer tiefen Sex- und Schmiergeldaffäre. Ist so etwas auch bei DaimlerChrysler denkbar? Nein. Es ist für mich nicht vorstellbar, daß es solche Vorwürfe bei uns geben könnte.

Zur Politik: Ist die Große Koalition gut für Deutschland? Der Wähler hat so entschieden. Wichtig ist, was die Koalition jetzt erreichen kann. Deutschland hat sehr viel mehr Potential, als bislang sichtbar wurde. Die Politik und die Wirtschaft müssen die Gangart erhöhen und das Land fit machen.

Was heißt das konkret? Bei vielen herrscht eine Blockade im Kopf. Wir müssen mutiger werden und uns mehr trauen. Die Wirtschaft wird zuviel reguliert, neue Ideen und Entwicklungen zu oft abgewürgt. Das wirft das Land im Wettbewerb häufig zurück.

Sie haben lange Zeit in den USA gearbeitet. Was können wir von den Amerikanern lernen? Den Zukunftsoptimismus und das Zupacken bei neuen Ideen. Davon können wir uns eine Scheibe abschneiden. In den USA habe ich mit meinen Leuten häufig kürzer zusammengesessen und schneller Ergebnisse produziert als hier. Das würde ich mir auch hier in Deutschland wünschen.