Außen kurz, innen geräumig

Deutschland. Ein Wintermärchen. Unter diesem Titel geißelte der Dichter Heinrich Heine schon vor 160 Jahren Mißstände, die derzeit aktueller sind denn je. "Ich weiß, sie tranken heimlich Wein/Und predigten öffentlich Wasser." Was damals der Kirche galt, paßt heute auf viele Politiker. Hartz predigen und S-Klasse fahren – kein Wunder, daß das Volk mobilmacht. Allerdings anders, als wir uns das wünschen können. Statt Autos zu kaufen, gehen die Massen auf die Straße.

Bevor die Lage aber vollends eskaliert, hätten wir da einen echten Entspannungsvorschlag. Die Volks-Vertreter steigen für ihre medienwirksamen Kurzfahrten aus ihren Luxus-Limousinen um in echte Volks-Wagen. Als geeignete Kandidaten mit hoher Wählerakzeptanz schlagen wir vor: Fiat Idea Multijet und Opel Meriva 1.7 CDTI. Zwei Micro-Vans mit ordentlich Platz, ebenso spritzigen wie sparsamen Dieselmotoren und – als Vorbild für uns alle – enormer Flexibilität.

Außen kurz, innen geräumig – diesen Trick beherrscht der gerade mal 3,93 Meter messende Italiener noch besser als der elf Zentimeter längere Deutsche, der im spanischen Saragossa gebaut wird. Sowohl vorn als auch hinten spendiert der Idea jene Extraportion Platz, die ihn gegenüber dem wahrlich nicht enggeschnittenen Meriva zum echten Raumwunder macht. Vor allem Kopf und Schultern genießen im Fiat mehr Freiheit, trotz des zwölf Zentimeter kürzeren Radstandes kann der Herr Abgeordnete selbst im Fond entspannt die Sitzungsunterlagen wälzen.

Platzangebot und Variabilität

Dabei handelt es sich übrigens nicht um ein leeres Wahlversprechen, sondern in beiden Fällen um eine clevere Sitzverteilung. Bei voller Besetzung mit drei Hinterbänklern profitieren diese im Meriva von 13 Zentimeter Längsverstellung. Fahren hinten nur zwei Delegierte mit, können der mittlere Fondsitz weggeklappt und die beiden Außenpätze treppenartig nach innen/hinten (75 mm/70 mm) verschoben werden. Das ganze heißt FlexSpace und erlaubt zudem, die Rücksitze ruck, zuck flach in den Boden zu falten. So entsteht eine völlig ebene Ladefläche, wächst der Kofferraum von 350 auf 1410 Liter.

Fiat präsentiert das einfachere, vor allem aber günstigere Sitzkonzept. Auch hier rutscht die zweite Reihe bei Bedarf nach hinten, wächst der Beinraum um stattliche 16 Zentimeter – das müßte selbst für Kanzlers Knie ausreichen. Sollte der in Zukunft kohlsches Format erreichen, kann die Lehne des Vordersitzes flachgelegt werden. Dann läßt sich ungehemmt lümmeln.

Für den reinen Aktentransport stellen wir die Fondbank einfach aufrecht hinter die Vordersitze – ergibt 1420 statt 320 Liter Stauraum. Einziges Manko des kleinen Italo-Umzugswagens: Eine 18 Zentimeter hohe Ladekante am Heck erschwert das Ausräumen.

Motor und Fahrwerk

Leichtes Spiel haben dagegen die kräftigen Common-Rail-Dieselmotoren mit je 100 PS. Der 1,9-Liter im Idea geht zwar etwas spritziger und laufruhiger zu Werke, der 1,7-Liter des Meriva steht ihm aber kaum nach. Beim Anfahren braucht er einen Augenblick länger zum Luftholen, unter Vollast knurrt er etwas angestrengter – eine gute Wahl stellen aber beide dar. Zudem eine politisch korrekte: Euro 4 (ohne Rußfilter) und günstige 6,8 Liter Verbrauch gehören bei beiden zum guten Ton.

Während der Opel sich aber auch bei der verbindlich-straffen Federung, der ansehnlichen Qualität, den festen Polstern und dem agilen Handling von seiner besten Seite zeigt, grüßt im Fiat hier und da der Schlendrian. Die unausgewogene Federung stößt auf Querfugen unangenehm auf, läßt den Idea in Kurven gleichzeitig deutlich wanken. Die dünnen Sitzpolster und einfache Kunststoffe lassen nur bedingt Behaglichkeit aufkommen, die Lenkung arbeitet – zumindest für unseren Geschmack – zu leichtgängig.

Doch daran wird sich Otto Normalbürger wahrscheinlich sehr viel weniger reiben als am Preis des Idea Class. Mit 17.090 Euro kostet er glatt 1190 Euro mehr als der Meriva – trotz deutlich besserer Ausstattung ein ziemlicher Batzen. Dazu kommen dann noch die hohen Unterhaltskosten. Wenn Opel erst zum zweiten Mal in die Werkstatt bittet, ruft Fiat schon zur vierten oder fünften Inspektion – da wird der Finanzausschuß ganz schön murren. Und auch die hohen Kaskoklassen (Voll-/Teilkasko je 22, Meriva 17) machen den Italiener in diesem Vergleich nicht unbedingt zum besten Sparmodell. Genau wie der Meriva überzeugt er aber als pfiffiges Raumwunder. Schröder & Co sollten ruhig mal eine Probefahrt wagen – schon wegen des guten Beispiels ...

Technische Daten und Testwerte

Überzeugen kann beim Bremsen nur die erste Messung mit dem Opel – 38,3 Meter sind sehr gut. Dagegen: Über 41 Meter bei warmer Betriebsbremse sind eindeutig zu lang.

Kosten und Ausstattung

Beim Idea gibt es den 1.9 Mulijet erst ab der Ausstattung Class. Dann gehören Klimaanlage, elektrische Fensterheber vorn, elektrische Außenspiegel, Bordcomputer und Fernentriegelung für die Heckklappe zur Serie. Der Meriva läßt sich das alles extra bezahlen.

Fazit und Wertung

Fazit Das Konzept stimmt, Idea und Meriva können getrost als Volks-Wagen des 21. Jahrhunderts bezeichnet werden. Dabei macht der Opel seine Sache noch ein bißchen besser als der Fiat. Fahrwerk, Komfort und Verarbeitung erreichen beim Rüsselsheimer ein höheres Niveau. Zudem kostet der Opel sowohl in der Anschaffung als auch beim Unterhalt weniger. Der Idea fährt aber trotzdem nicht als Verlierer vom Platz. Das Raumangebot des kleinen Italieners ist überragend, der Common-Rail-Diesel überzeugt auf ganzer Breite, das einfache Sitzkonzept erweist sich als absolut praxisgerecht. Bei Fahrwerkabstimmung und Verarbeitung vermissen wir allerdings die letzte Sorgfalt.

Hier ist Ihre Meinung gefragt

Ob ein Auto letztlich ankommt, wissen nur die Verbraucher selbst – also Sie. Deshalb ist uns Ihre Meinung wichtig. Vergeben Sie eigene Noten für Opel Meriva und Fiat Idea. Den Zwischenstand sehen Sie direkt nach Abgabe Ihrer Bewertung.