Van im Kombiformat von Peugeot

Für Franzosen geht die Familie über alles, das ist bekannt. Also haben sie das Auto, bekanntlich eine deutsche Erfindung, unablässig in Richtung Familienfreundlichkeit entwickelt. Mit dem B2 Normande erfand Citroën schon 1922 den Kombi, Renault baute mit R 4 (1961) und R 16 (1964) die ersten echten Kompakten, schuf mit Espace, Twingo und Scénic später gleich drei neue Klassen praktischer, nützlicher Autos.

Jetzt ist Peugeot dran. Die nehmen sich der jungen Familie an und verfrachten das vernünftig-variable Van-Mobiliar einfach in einen Kombi. Schließlich mögen viele Mütter die meist klobig wirkenden Vans nicht so recht. Unter anderem für sie soll der 307 SW die ideale Familienkutsche sein. Mal sehen, was diese Neuerfindung im Vergleich mit den normalen Kompaktvans Opel Zafira und Honda Stream kann. Seitdem ich im 307 SW gesessen habe, frage ich mich jedenfalls, warum niemand vorher auf diese Idee gekommen ist.

Klar, Fondsitze zum Verschieben, Klappen und Versetzen gibt es schon seit fast 20 Jahren – zumindest in Vans. Genauso wie die beiden herausnehmbaren Einzelsitze in der dritten Reihe (je 260 Euro extra). Doch jetzt gibt es das alles erstmals auch in einem Kombi, den Peugeot zudem besonders fein hergerichtet hat. Unterm riesigen Panorama-Glasdach des 307 SW fühlst du dich fast wie im Freien. Das macht Spaß bei Sonne und selbst bei Regen. Auch die anderen Zutaten passen bestens. Vorn gibt es Platz in Hülle und Fülle – ideal auch für nicht ganz so schmale Muttis und Vatis.

Top-Fahrwerk im Peugeot

In Reihe zwei können sich Heranwachsende wie Phillip (11) und seine Kumpels optimal einrichten. Wenn die Nachbarin mal zum Einkauf mitkommt, ist das auch kein Problem. Erwachsene sitzen hier anständig, wenn auch die Einzelsitze etwas zierlich geraten sind. Und in der dritten Reihe fühlt sich unser Fotomodell Clara (4) so richtig wohl. Ihre Spielgefährten dürfen noch ein paar Jahre älter werden, aber nicht viel größer – dann wird es dort zu eng. Auch Vati findet im 307 SW reichlich Raum zum Spielen: Sitze verstellen oder ausbauen zum Beispiel.

Die Franzosen haben darüber aber wohl etwas zu lange nachgedacht. Alles geht komplizierter als bei Opel und Honda: ein Zugband hier, ein Klappgriff da und ein Scharnier dort. Besser geklappt hat es mit den Überlegungen zum Fahrwerk. Der Peugeot liegt so straff und handlich auf der Straße, wie es die höher bauenden Opel Zafira und Honda Stream einfach nicht hinkriegen. Mit seiner knackigen Abstimmung und der präzisen Lenkung fährt er eben wie ein agiler Kompakter. Keine Spur von französischer Sänfte.

Gut dazu passt der kräftige und durchzugsstarke Zweiliter mit 136 PS. Ein harmonischer Motor, der nur bei hohen Touren etwas dröhnt. Der Opel Zafira mit seinem 1,8-Liter kommt da nicht ganz hinterher. Er hat zwar mit seinen 125 PS immer noch mehr Temperament, als ich in einer braven Familienkutsche erwartet habe, dreht aber eher mürrisch und brummt ab mittleren Touren kräftig.

Geniale Klapp-Sitze im Opel

Auch der Zafira kommt eher straff daher, fährt sich für einen Kompaktvan angenehm handlich und ohne nervende Schaukelei. Die Kehrseite markiert die eher ruppige Federung, die Querfugen ziemlich erbarmungslos nimmt und kleinere Stöße ungerührt weitergibt. Da mault die Familie schon mal. Entschädigung bietet das Platzangebot.

Vorn wirkt der Zafira zwar nicht so luftig wie der Peugeot, ab der zweiten Reihe bietet er aber spürbar mehr Raum. Phillip und Clara können hier jeweils noch locker ihre Pubertät durchleiden. Anders als im 307 können im Opel in der dritten Reihe außerdem Erwachsene ohne Bandscheibengefährdung mitfahren. Nicht unbedingt auf der Route Flensburg–Berchtesgaden, aber, sagen wir mal, von Köln nach Düsseldorf. Falls diese Strecke jemand fährt. Und mögen die Sitze bei den anderen halbwegs einfach zu bedienen sein, die Konstruktion im Opel muss nach wie vor als schlichtweg genial gelten.

Hier genügt eben zum Ausklappen der Einzelsitze in der dritten Reihe wirklich ein einziger Griff. Buchstäblich. Abgesehen davon, dass man die Dinger nicht ausbauen und in Garage oder Keller zwischenlagern muss. Auch die Idee, die mittlere Reihe nicht auszubauen, sondern einfach nach vorn zu schieben und so den Laderaum zu verlängern, erspart anstrengendes Stühleschleppen. Warum hat das noch niemand kopiert?

Drehfreudiger Honda-Motor

Honda versucht es zumindest - wenn auch mit eher bescheidenem Erfolg. Im Stream lassen sich die Sitze in der dritten Reihe zwar ebenfalls versenken, es handelt sich aber um eine ungeteilte Bank. Sie aufzurichten oder zu verstauen kostet deutlich mehr Mühe als im Opel. Und während im Peugeot die Sitze in der mittleren Reihe ausbaubar sind, verzichtet Honda auf solch aufwendige Techniken: Die Bank lässt sich hier längs verstellen und die Lehne geteilt umklappen. Mehr nicht.

Schade, mit solch halbherzigen Lösungen macht der Stream seine guten Ansätze wieder kaputt. Dabei finden sich eine ganze Menge netter Ideen im Honda. Angefangen beim Design – besonders das Heck ist ein Hingucker – bis zum weit oben in der Mittelkonsole angebrachten Schalthebel mit daraus resultierendem freiem Durchstieg. Überhaupt herrscht an Bord eine angenehm luftige, weitläufige Atmosphäre.

Der Stream bietet in der zweiten Reihe eindeutig am meisten Platz. Der VTEC-Motor begeistert wie stets mit seiner ungehemmten Drehfreude, vermiest die gute Laune aber mit einem kräftigen Dröhnen ausgerechnet beim Reisetempo von 130 km/h. Da dreht der Motor schon fast bei 4500 Touren – das Getriebe wurde offensichtlich viel zu kurz übersetzt. Schwacher Trost: Die Fünfgangbox lässt sich wunderbar knackig schalten. Bei der weichen Federung setzen die Japaner voll auf Komfort. Gleichzeitig gibt sich der Stream aber unhandlich, neigt bei plötzlichen Richtungswechseln zum Aufschaukeln und zu Lastwechseln. Nicht gerade familienfreundlich – die Franzosen hätten das anders gemacht.

Preise und Betriebskosten

Der Zafira bietet den günstigsten Unterhalt und die umfangreichste Garantieleistung. Honda steht drei Jahre lang für mechanische Defekte gerade.

Technische Daten

Der 307 kann seinen PS-Vorsprung erst jenseits von 3000 Umdrehungen nutzen. Der Motor des Stream dreht auf Wunsch bis über 7000 Touren.

Fazit und Zeugnis

Fazit Formidabel, diese Franzosen. Erfinden ein neues Konzept und fahren damit gleich an die Spitze. Denn es funktioniert tatsächlich: Der 307 SW hat zwar weniger Platz als etwa der Zafira, ist aber genauso variabel und fährt sich eben eine Klasse besser. Dazu hat Peugeot den 307 SW mit großem Glasdach und anderen Features nett eingerichtet. Der Altmeister Zafira macht seine Sache gut wie immer, kurz: ein ausgereifter Kompaktvan mit genialem Sitz-Klappmechanismus. Der Honda Stream sieht richtig gut aus, bietet eine Menge Platz und Komfort. Nur wurden diese guten Ansätze bei ihm nicht zu Ende gedacht.