Kopfhörer, Helm, Soundbox: Musiklösungen für Radfahrer
Sichere Soundlösungen für Radfahrer

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Auch wenn es nicht immer eine gute Idee ist – grundsätzlich ist es nicht verboten, auf dem Fahrrad mit Musik im Ohr unterwegs zu sein. Wir zeigen die sinnvollsten Musiklösungen für Radfahrer und erläutern, was erlaubt ist – und was nicht.
Bild: Hersteller
Inhaltsverzeichnis
Ein spannendes Hörbuch, das motivierende Lieblingslied oder aktuelle Nachrichten: Viele Radfahrer versüßen sich die Fahrt mit Hintergrundbeschallung. Verboten ist das Nutzen von Kopfhörern im Verkehr nicht – obwohl das Vorurteil immer noch grassiert. Ein prüfender Blick ins Gesetzbuch verrät: Grundsätzlich ist es Radfahrern erlaubt, während der Fahrt Musik zu hören. Maßgeblich ist § 23 Absatz 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO), wo es heißt: „Wer ein Fahrzeug führt, ist dafür verantwortlich, dass seine Sicht und das Gehör nicht durch die Besetzung, Tiere, die Ladung, Geräte oder den Zustand des Fahrzeugs beeinträchtigt werden.“ Zum Tragen und Benutzen von Kopfhörern macht das Gesetz keine spezielle Angabe.
Test: Eigentlich sollen sich die Bluetooth-Kopfhörer FWD-02 Sport von Adidas an Läufer richten. Doch was für Läufer gut ist, kann für Radfahrer nicht schlecht sein, oder? Mit dieser Erwartungshaltung haben wir die Sportkopfhörer auf dem Rennrad und Alltagsrad unter die Lupe genommen. Am meisten haben uns Passform, Tragekomfort und Ergonomie-Eigenschaften überzeugt, vielmehr: begeistert. Im Lieferumfang sind hierfür eine Vielzahl von Aufsätzen und Silikon-Einsätzen enthalten. Auch nach mehreren Stunden wurden die Kopfhörer bei unserem Tester nicht als störend empfunden.
Bis zu sechs Stunden lang sollen die FWD-02 Sport offiziell mit Musik oder Podcast versorgen – eine Herstellerangabe, die wir nach vielen Tests bestätigen können. Das Klangbild ist ausgewogen mit klaren Mitten und Höhen. Viele Kopfhörer in dieser Preisregion (bei Amazon gibt es die Adidas schon für rund 100 Euro) überspielen ihren Klangschwächen mit Bass, das haben die FWD-02 Sport nicht nötig.
Der Clou ist allerdings die sogenannte Awareness-Funktion, womit Umgebungsgeräusche bewusst durchgelassen werden. Das ist wichtig für Radfahrer, die die Verkehrsgeräusche nicht ausblenden sollten. Will man mehr Musikgenuss in den Ohren, so kann die Awareness-Funktion deaktiviert werden.
Die Verbindung zur Musikquelle erfolgt über Bluetooth und war im Testzeitraum jederzeit stabil, solange man Musikquelle und Kopfhörer jedenfalls räumlich nicht zu weit trennt. Die Bedienung ist gewöhnungsbedürftig, weil sie über einen Kraftsensor erfolgt. Vorteil: Die Kopfhörer können auch mit Handschuhen und bei Nässe gut bedient werden, erfordern allerdings etwas Kraftaufwand.
Fazit: Geheimtipp für Radfahrer, die einen leistungsstarken In-Ear-Kopfhörer suchen mit perfektem Sitz und einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis.
Test: Senas innovative Smarthelme erfreuen sich großer Beliebtheit. Mit dem Bluetooth-Headset Pi bietet der Hersteller zusätzlich ein System an, das jeden Helm mit Smartfeatures ausstattet. Das Headset wird am Riemen (bis 18 mm Breite) befestigt. Wenn Sie das Gerät mit dem Smartphone koppeln, stehen Ihnen sämtliche Funktionen wie Telefonie, Musik- und Podcasthören oder Intercom-Chat während der Fahrt zur Verfügung.
Fazit: Die Soundqualität ist zwar nicht auf Hifi-Niveau, dafür vereinen die Smarthelme viele sinnvolle Funktionen in nur einem Gerät.
Test: Viele Menschen schwören auf Apples AirPods. Im Transparenz-Modus lassen sich die kabellosen Kopfhörer auch auf dem Fahrrad nutzen. Außengeräusche sind gut wahrnehmbar. Mitunter produziert der Fahrtwind jedoch ein Rauschen am eingebauten Mikrofon. Die In-Ear-Kopfhörer liefern in diesem Systemvergleich das mit Abstand beste Klangbild. Das Noice-Cancelling ist so gut, dass wir davon abraten, beide Hörer in diesem Modus auf dem Rad zu nutzen. Kleiner Haken: Die leichten (5,4 Gramm pro Seite) und teuren AirPods kann man schnell verlieren.
Fazit: hoher Preis, aber tolles Klangbild. Die Apple AirPods Pro überzeugen im Alltag, bringen aber bauartbedingt im Verkehr Nachteile mit sich. Passform und Verarbeitung sind tadellos.
Test: Neben Sena bietet auch Livall erfolgreich Smarthelme an – auch mit integriertem Musiklautsprecher. Ganz neu ist nun der Kopfhörer LTS21, der nicht auf dem Knochenschallprinzip beruht, sondern vor dem Ohr sitzt und von dort die Musik oder den Podcast überträgt. Den neuen Kopfhörer kann man über einen Adapter an jedem x-beliebigen Helm befestigen oder separat als Kopfhörer (Abb.) tragen. Wohl einzigartig: Zusätzlich kann der LTS21-Kopfhörer per Remote-Bedienung vom Lenker aus gesteuert werden.
Fazit: Das Klangbild liegt über Shokz-Niveau. Damit der Kopfhörer gut am Helm sitzt, braucht es Geduld und Fingerspitzengefühl. Neigt dort zum Verrutschen.
Test: Die Idee ist genial: einfach eine Bluetooth-Box in Lenkernähe hängen und Musik abspielen. Die Wahrnehmung im Verkehr dürfte so kaum beeinträchtigt sein. Einem Podcast oder Hörbuch zu lauschen, ist zwar nicht möglich, doch für eine ordentliche Hintergrundbeschallung von Fahrer und Beifahrer sorgt die Musikbox von JBL allemal. Die maximale Lautstärke und die lange Spieldauer von rund zehn Stunden kann sich ob der Abmessungen sehen lassen. Schnell ist JBLs Clip 4 mit dem Smartphone verbunden und per Karabinerhaken sicher befestigt – sofern man denn einen geeigneten, wackelfreien Platz gefunden hat. Darin dürfte die wohl größte Herausforderung liegen.
Fazit: Der JBL Clip 4 hält die Ohren gänzlich frei. Darunter leidet zwar die Klangqualität, aber die Außenwahrnehmung wird kaum beeinträchtigt.
Test: Lassen Sie sich nicht vom Namen täuschen: Die Shokz Openrun Pro-Kopfhörer eignen sich super fürs Radfahren. Mit der innovativen KnochenschallTechnologie hat sich Shokz (damals: Aftershokz) einen Namen gemacht. Vorteil der kabellosen Kopfhörer: Da der Musikton über die Wangenknochen und nicht übers Trommelfell ans Innenrohr geleitet wird, bleibt der Gehöreingang frei. Umgebungsgeräusche lassen sich daher jederzeit wahrnehmen.
Fazit: Das Prinzip geht voll auf! Der Sound kommt an, die Umgebungsgeräusche werden nicht beeinträchtigt. Die Tonqualität könnte besser sein.
Test: Senas innovative Smarthelme erfreuen sich großer Beliebtheit. Mit dem Bluetooth-Headset Pi bietet der Hersteller zusätzlich ein System an, das jeden Helm mit Smartfeatures ausstattet. Das Headset wird am Riemen (bis 18 mm Breite) befestigt. Wenn Sie das Gerät mit dem Smartphone koppeln, stehen Ihnen sämtliche Funktionen wie Telefonie, Musikund Podcasthören oder Intercom-Chat während der Fahrt zur Verfügung.
Fazit: Das Headset sitzt fest und sicher am Helmriemen. Der Klang ist auch bei Fahrtwind sehr gut, sogar besser als bei Sena-Smarthelmen.
Wo das Gesetz nicht ausdrücklich einen Sachverhalt regelt, sind Gerichte gefragt; sie müssen den Wortlaut auslegen. Das Oberlandesgericht Köln stellte schon 1987 in seinem noch heute richtungsweisenden Urteil fest, dass man einem Radfahrer erst dann die Benutzung eines Kopfhörers untersagen könne, wenn die eingestellte Lautstärke zu mehr als einer unerheblichen Gehörbeeinträchtigung führe. Die Lautstärke müsse so gering sein, dass wenigstens Warnsignale wie etwa die Sirenen eines Krankenwagens wahrgenommen würden.
Ergebnis: Rechtlich stellt die Benutzung von Kopfhörern bei entsprechender Lautstärke keinen Regelverstoß dar. Kommt es jedoch zu einem Unfall, kann das Musikhören weitreichende Folgen haben, wenn etwa Polizei oder Gutachter feststellen, dass die Gehörbeeinträchtigung ursächlich oder mitursächlich für den Unfall war. Im schlimmsten Fall können sich Ansprüche auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld verringern oder gar ganz ausfallen.
Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte gänzlich aufs Musikhören während der Fahrt verzichten. Ansonsten empfehlen wir, die Lautstärke so zu wählen, dass alle Umgebungsgeräusche (nicht nur etwaige Warnsignale) wahrgenommen werden. Es geht nicht nur um Rechtssicherheit, sondern auch um die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer und nicht zuletzt um Ihre eigene. Gut funktionierende Sinne sind wohl die beste Sturz- und Unfallprävention.
Over-Ear-Kopfhörer mit großen Ohrenschalen und Noise-Cancelling-Funktion, die die Umgebungsgeräusche unterdrücken, haben auf dem Fahrrad nichts zu suchen. Sollten Ihre Kopfhörer eine Noise-Cancelling-Funktion bieten, deaktivieren Sie diese unbedingt, bei Apples AirPods zum Beispiel ist das problemlos möglich. Unser Tipp: Beschallen Sie mit In-Ear-Kopfhörern nur eine Seite – idealerweise lassen Sie das Ohr der der Fahrbahn zugewandten Seite frei. Letztlich sollten Sie immer der Situation angepasst entscheiden: Fahren Sie im hektischen und lauten Stadtverkehr grundsätzlich besser ohne Musik. Sobald es ländlicher und verkehrsärmer wird, können Sie sich wieder ein (oder zwei) Kopfhörer ins Ohr stecken.
Als besonders praktisch können sich kabelgebundene In-Ear-Kopfhörer erweisen, weil sie nicht geladenen werden müssen und während der Fahrt leicht ein- und ausgestöpselt werden können. Beispielsweise Apples Airpods sind so leicht und klein, dass man sie beim Einstecken ins Fahrradtrikot schnell verlieren kann – ohne das zu merken. Und wie schnell ist der Akku von Bluetooth-Kopfhörer leergesaugt? Wer auf Musik nicht verzichten kann, kann mit Kabel-Kopfhörern auf Nummer sicher gehen.
Eine Alternative zum klassischen In-Ear-Kopfhörer sind sogenannte Knochenschallkopfhörer wie von Shokz oder Livall, die direkt am Schädelknochen in Ohrnähe anliegen und den Schall in Form von Vibrationen zum Innenohr weiterleiten. Die Ohren bleiben frei, und Sie können Umgebungsgeräusche wahrnehmen. Das Klangbild ist allerdings nicht so facettenreich wie mit klassischen In-Ear-Modellen, zudem ist die Passform gewöhnungsbedürftig.
Der Helmhersteller Sena hat in seine smarten Helme Lautsprecher integriert. Modelle wie der R2 spielen übrigens nicht nur Musik und Podcasts ab (ohne dabei die Umgebungsgeräusche zu unterdrücken), sondern bieten auch Telefonie- und Interkom-Funktionen für die Kommunikation unterwegs. Mit Senas Headset Pi, das an den Helmriemen befestigt wird, kommt man auch ohne speziellen Smarthelm in den Genuss, während der Fahrt Musik zu hören oder telefonieren zu können. Der Kopfschutz von Livall, ein weiterer Smarthelmhersteller, bietet ebenfalls die Möglichkeit, während der Fahrt Musik abzuspielen. Zusätzlich hat der Hersteller jüngst neue Knochenschallkopfhörer vorgestellt.
Eine weitere Möglichkeit ist, eine Bluetooth-Box wie die von JBL am Lenker zu montieren. Beide Ohren bleiben komplett frei, und die Umgebungsgeräusche werden ohne Beeinträchtigung wahrgenommen. Die Montage könnte indes sehr umständlich sind, im schlimmsten Fall stößt die Box bei unruhiger Fahrt ständig gegen den Rahmen. Denkbar wäre zum Beispiel, die Box am Lenker zu befestigen und – falls vorhanden – auf die Lenkertasche zu legen. Oder an Jacke oder Rucksack zu befestigen. Andere Bluetooth-Boxen mit der Form einer Trinkflasche finden im Flaschenhalter Platz. So oder so: Mit einer solchen Box können bis zu zwei Fahrer in Musikgenuss kommen.
Kommentar
Ehrlich gesagt, ich fahre auch hin und wieder mit Musik im Ohr Fahrrad. Doch in der Stadt sind für mich die Stöpsel tabu – aus Sicherheitsgründen. Beim Training, wenn ich im Hamburger Umland unterwegs bin, greife ich gelegentlich zu unterstützender Musik. Aber wirklich nur dort, wo ich mich sicher fühle.