Mehr Leistung durch mehr Hubraum

Tabellen sind eine schöne Sache: Man sieht auf Anhieb, wer der Beste ist. Ob in der Fußball-Bundesliga oder bei AUTOBILD TEST & TUNING. Bei uns heißt die Tabelle Hitliste und verrät, womit man wie schnell in Oschersleben um die Ecken kommt. Sie hat leider nur einen Makel: Seit anderthalb Jahren bewegt sich nichts mehr an der Spitze. Der Manthey-Porsche 996 GTMR dominiert unsere Tabelle wie Schumi die Formel 1, an seiner Fabelzeit von 1:41,79 Minuten beißen sich sämtliche Gegner die Zähne aus.

Schön für Manthey, schlecht für die Hitliste – und fast schon peinlich für die Konkurrenz. Die jedoch bekanntlich nicht schläft. Ziemlich wach ist beispielsweise Erich Korostenski, der dem Heilbronner Tuner Koro die ersten beiden Silben seines Namens gab und einen heute fast schon ausgestorben geglaubten Denkansatz verfolgt: Mehrleistung darf nach seiner Meinung ausschließlich aus der Tiefe des Hubraums resultieren. Und damit die aufwändig gewonnene Leistung auch richtig zur Geltung kommt, verabschiedet man sich bei Koro von allem, was Gewicht kostet. So auch bei dem bislang heißesten Produkt des Hauses, das auf den Namen Koro 4.6 RM S hört und auf der Basis eines Porsche GT3 gründet.

Türen und Hauben des ohnehin schon erleichterten Werksrenners bestehen aus Kohlefaser, Heck- und Seitenscheiben aus Kunststoff, Dämmmaterial und Teppiche wurden entfernt – und im Heck wohnt ein Monster, dessen Potenz schon im Namen durchklingt. Denn 4.6 steht für den Hubraum des normalerweise einen Liter kleineren Sechszylinders, der selbst damit noch nicht ausgereizt ist. Die Variante mit fünf Litern absolviert gerade die ersten Prüfstandsläufe.

Technische Daten

Grenzwertig präsentiert sich auch der Innenraum: Rennschalen von Recaro und ein Überrollkäfig von Heigo garantieren viel Sicherheit und wenig Komfort. Unmittelbar nach dem Anlassen wird deutlich: Die Straßenzulassung für dieses Höllengerät ist so sinnvoll wie Pelzmäntel für die Bewohner der Äquatorialzone. Aus dem Brabbeln der sechs Zylinder meint man nur ein Wort herauszuhören: Nordschleife!

Darauf verweist auch das Fahrwerk, das auf öffentlichen Straßen nur trocken polternd Sitzfleisch und Bandscheiben malträtiert. Doch die edelstählernen Gewindefederbeine mit verstellbarer Druck- und Zugstufendämpfung, die verstärkten Fahrwerklager, eine 100-Prozent-Sperre und die 295er-Semislicks auf den 18-Zoll-Magnesiumrädern an der Hinterachse dienen nur zwei Zielen: Bodenhaftung und Traktion um jeden Preis. Und die ist auch bitter nötig.

Testwerte

Schon die Ausfahrt aus der Boxenstraße ähnelt dem Ritt auf der Kanonenkugel – kein Wunder bei der geballten Wucht von 480 PS, von denen jedes einzelne nur zweieinhalb Kilo beschleunigen muss. In 3,8 Sekunden springt der Koro auf 100 km/h, nach weiteren sieben liegt Tempo 200 an – und spätestens dann sind der ohrenbetäubende Sound und die Prügel, die man von jedem überfahrenen Randstein kassiert, kein Thema mehr. Denn jetzt ist der Koro da, wohin er gehört – auf der Rennstrecke.

Das Herantasten an den Grenzbereich offenbart keine bösen Überraschungen – im Gegenteil: Dezent untersteuernd kommt der Koro um die Ecken, die Traktion ist phänomenal. Sind die Reifen warm, kleben sie geradezu auf dem Asphalt. Und wer angesichts der hohen Literleistung von 104 PS glaubt, dass zum schnellen Fahren nur ein schmaler Drehzahlbereich zur Verfügung steht, liegt falsch. Obwohl das maximale Drehmoment erst bei 5000/min anliegt, gibt sich der hochgezüchtete Langhuber erstaunlich elastisch. Das erleichtert nicht nur die Schaltarbeit, sondern verkürzt auch die Rundenzeit.

Fazit und Preise

Dass sie aber so kurz werden würde, hätten wir nicht gedacht. Der Koro unterbietet die Manthey-Rekordzeit nicht nur, er pulverisiert sie: Bei 1:39,65 bleibt die Uhr stehen, mehr als zwei Sekunden unter der alten Marke. Das ist auf der 3,6 Kilometer kurzen Piste von Oschersleben eine Welt und lässt uns die Prognose wagen, dass dieser Rekord noch länger halten wird als der alte. Zumal nicht nur die Technik, sondern auch die finanzielle Seite des Extremtunings irgendwo natürliche Grenzen steckt. Mit knapp 220.000 Euro kostet der Koro mehr als doppelt so viel wie das Ausgangsprodukt. Was auch wieder an Fußball erinnert: Wer ganz oben in der Tabelle mitmischen will, muss erst kräftig investieren.

Fazit Der Koro ist vieles nicht: weder alltagstauglich noch preisgünstig noch komfortabel. Zweierlei darf er jedoch für sich in Anspruch nehmen: das schnellste je von uns in Oschersleben gemessene Auto zu sein und als reiner Selbstzweck ein beeindruckendes Beispiel für Extrem-Tuning.

Kontakt Koro AG, 74076 Heilbronn, Tel. 07131/ 76 69 - 500, www.koro.de